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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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dem Weg zur Treppe. Den Aufzug mied er. Er stürzte durch die Passierscheinkontrolle hinaus auf die Straße, verschwand sofort im Eingang zur Metro und lief auf der Rolltreppe schnell nach unten. Als die zehn Minuten, die Mukijenko ihm für seinen Unschuldsbeweis gegeben hatte, abgelaufen waren, bestieg Platonow die Metro in Richtung Konkowo. Seinen hellen Shiguli hatte er vor dem Gebäude des Ministeriums stehenlassen.
    3
    Wie gut, daß Mukijenko nichts von Tarassow weiß, dachte Platonow, während er in einer Wagenecke der schaukelnden Metro stand und stumpfsinnig in die flimmernde Schwärze vor seinen Augen starrte. Aber ich, dachte er, ich weiß es schließlich. Und ich kann die Augen nicht vor den Tatsachen verschließen. Vorgestern wurde Jurij Jefimowitsch ermordet, und jetzt Slawa. Und dann diese Geldüberweisung. Ich bin ganz schön in der Klemme. Aber wer ist es, der mir diese Morde in die Schuhe schieben will? Wer? Mein Gott, der arme Slawa. Er war ein so guter Kerl. . . Wie konnte das passieren? Er hatte doch eine Pistole, ich weiß es genau, ich habe sie mit eigenen Augen gesehen, als er seine Jacke aufknöpfte. Und auch Valentina hat man in die Sache hineingezogen. Ich bin ein Idiot. Wäre ich gestern nicht zu Lena gefahren, sondern hätte zu Hause übernachtet, dann hätte ich schon gestern von der Geldüberweisung gewußt und heute nicht so dumm dagestanden vor Mukijenko. Und noch etwas ist beunruhigend. Jemand hat herausgefunden, daß Tarassow mein Informant war.
    Er stieg an der Station Beljajewo aus, kaufte eine Telefonmünze an der Kasse und rief seine Frau an.
    »Valja, ich bin in Schwierigkeiten«, sagte er sofort und ohne jede Einleitung, als sie den Hörer abnahm. Das bedeutete, daß er nicht vorhatte, ein langes Gespräch zu führen, daß die Zeit begrenzt war und man sich auf ein Minimum an Gefühlsäußerungen beschränken mußte.
    »Stell dir vor, ich auch«, erwiderte Valentina trocken. Sie mochte es nicht, wenn ihr Mann über Nacht nicht nach Hause kam, so schwerwiegend die Gründe auch sein mochten.
    »Was ist passiert?«
    »Heute morgen waren deine Jungs aus dem Hauptkriminalamt zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens hier und haben auf unseren Konten irgendeinen unerklärlichen Geldeingang entdeckt. Sie haben mir Löcher in den Bauch gefragt.«
    »Wieviel Geld ist es denn?«
    »Zweihundertfünfzig.«
    »Zweihundertfünfzig was?«
    »Zweihundertfünfzigtausend Dollar natürlich«, erklärte Valentina mit einem ungeduldigen Seufzer. »Vielleicht weißt du ja, wo dieses Geld plötzlich herkommt.«
    »Ja, ich weiß es. Und genau deshalb muß ich untertauchen. Valja, ich habe wenig Zeit, ich muß mich kurz fassen. Jemand will mich an die Wand drücken, und das mit Macht. Dieses Geld soll aussehen wie ein Killerlohn, und es soll mir das Genick brechen. Ich muß verschwinden. Wenn jemand nach mir fragt, dann sag, daß ich dringend auf Dienstreise gehen mußte. Du weißt nicht, wohin ich gefahren bin, ich war in großer Eile, und du hast nicht gefragt. Oder nein, wir machen es anders. Stell den Anrufbeantworter an, ich rufe dich gleich noch einmal an und spreche dir den richtigen Text auf. Dann wird man dir keine dummen Fragen stellen, von wegen wohin, warum und wieso. Du warst nicht zu Hause, als ich dich anrief, und ich habe Dir eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Abgemacht?«
    »Abgemacht. Was noch?«
    »Laß uns einen Treffpunkt vereinbaren! Du mußt mir Geld mitbringen. Soviel wie möglich. Ich weiß nicht, wie lange ich auf der Flucht sein werde, darum nimm alles mit, was da ist. Bring mir außerdem meine Zahnbürste und Zahnpasta mit, Seife, ein Handtuch, meinen Rasierapparat, Unterwäsche, Socken und ein paar Hemden. Pack alles in meinen Diplomatenkoffer, der im Schrank steht.«
    »Gut, ich habe verstanden. Wann und wo?«
    »In der Metro-Unterführung zwischen der Nowokusnezkaja und der Tretjakowskaja, erster Aufgang. Geh in einer Viertelstunde aus dem Haus, das heißt um halb sechs. Etwa fünf nach sechs wirst du an der Nowokusnezkaja sein, versuch bitte, pünktlich zu sein. Bleib auf dem Bahnsteig stehen und sieh auf die Uhr. Sobald sie achtzehn Uhr zehn anzeigt, gehst du los. Auf der Treppe des ersten Aufgangs werde ich dir entgegenkommen. Hast du alles verstanden?«
    »Ja, Dima. Ich werde alles so machen, wie du es gesagt hast, mach dir keine Sorgen. Ich werde jetzt den Anrufbeantworter anstellen, genau um halb sechs verlasse ich das Haus, zehn nach sechs

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