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Mit verdeckten Karten

Mit verdeckten Karten

Titel: Mit verdeckten Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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müde, die klein gedruckten Buchstaben begannen vor seinen schmerzenden Augen herumzutanzen und zu verschwimmen. Kira hingegen setzte die Suche konzentriert und ohne alle Ermüdungserscheinungen fort.
    »Werden deine Augen nicht müde?« fragte Platonow erstaunt. Er warf den Kopf zurück und schloß die Augen, um sich ein wenig auszuruhen.
    »Nein, warum?« sagte sie, ohne den Blick von der Zeitung zu heben.
    »Du hast es gut«, seufzte Dmitrij. »Mir ist, als hätte ich Sand in den Augen.«
    Sie zuckte wortlos mit den Schultern und las weiter.
    »Wenn du müde bist, dann mache ich allein weiter«, sagte sie nach einer Weile. »Du kannst dich ja inzwischen mit etwas anderem beschäftigen.«
    »Ich fange an, den Flur zu tapezieren, einverstanden?« sagte Platonow erfreut.
    Er schlüpfte in eine alte Trainingshose, die Kira irgendwo im Schrank gefunden hatte, und begann mit der Arbeit. Der Tapetenkleister ließ sich leicht verstreichen und hatte eine gute Haftung, allmählich bedeckten sich die Wände mit den hellen, golden gemusterten Tapeten, und Dmitrij empfand die Freude, die ihn jedesmal ergriff, wenn eine Arbeit gut lief und Resultate sichtbar wurden. Sogar das Zuschneiden der Tapeten gelang ihm heute so perfekt, daß das Muster an den Nahtstellen millimetergenau übereinstimmte. Er besann sich erst, als er feststellte, daß er bereits seit fast drei Stunden arbeitete und in dieser Zeit außer dem Rascheln der Zeitungen kein einziges Geräusch von Kira vernommen hatte.
    Dmitrij warf einen vorsichtigen Blick ins Zimmer. Kira saß immer noch in derselben Haltung da und durchsuchte aufmerksam die Zeitungsmeldungen.
    »Kira, vielleicht solltest du eine Pause machen«, schlug er vor, »ich brühe uns frischen Tee auf.«
    »Ich bin nicht müde«, sagte sie mit leiser Stimme, ohne den Kopf zu heben.
    Platonow geriet in Verlegenheit. Er beschloß, die Teepause zu verschieben und weiter den Flur zu tapezieren. Wenn Kira nicht müde war, dann mußte auch er seine Arbeit zu Ende bringen, um nicht als Faulpelz dazustehen.
    Als er die letzte Tapetenbahn mit Kleister bestrich, vernahm er Kiras Stimme.
    »Ich glaube, ich habe es gefunden. Die Firma Variant gibt ihre Auflösung bekannt und fordert dazu auf, alle noch bestehenden finanziellen Ansprüche an die Firma innerhalb eines Monats geltend zu machen.«
    Dmitrij stürzte ins Zimmer.
    »Wo? Zeig!«
    »Hier, ich habe es angestrichen.«
    Er las aufmerksam die kleingedruckte Anzeige. Es stimmte also tatsächlich, die Firma Variant war denselben Weg gegangen wie ihre Vorgängerin namens Artex. Aber warum? Sollte Sergej Russanow irgendeinen unvorsichtigen Schritt getan und sie damit verschreckt haben? Das wäre schade. Sergej war zwar ein sehr erfahrener Ermittlungsbeamter, aber Fehler unterliefen natürlich jedem. Schließlich hatte auch er selbst, Platonow, vor einigen Monaten die Firma Artex verschreckt.
    »Ist es das, was du gesucht hast?« fragte Kira, die ihn aufmerksam betrachtete.
    »Ja. Ich danke dir.«
    »Bist du verstimmt?«
    »Ja, sicher. Jetzt werden sie guten Gewissens alle Unterlagen über den goldhaltigen Metallverschnitt vernichten und sich irgendeinen neuen Coup ausdenken. Sie werden eine neue Firma gründen und genauso weitermachen wie bisher. Aber früher oder später werde ich sie kriegen, die entkommen mir nicht. Natürlich nur unter der Voraussetzung, daß ich nicht ins Gefängnis wandere, wegen einer Bestechungssumme, die ich nicht angenommen habe, und wegen zweier Morde, die ich nicht begangen habe. Aber trotzdem ist es schade. Die ganze bisherige Ermittlungsarbeit ist für die Katz. Sie haben Tarassow ermordet, sie haben Slawa Agajew ermordet und mich in Teufels Küche gebracht. Und jetzt haben sie sich einfach in Luft aufgelöst. Wo soll ich sie jetzt packen?«
    Nach dem Mittagessen setzte Platonow seine Renovierungsarbeiten in der Wohnung bis zum Abend fort, ohne ein weiteres Wort mit Kira zu wechseln. Kira spülte das Geschirr ab und begann, Wäsche zu waschen. Als Dmitrij mit seiner Arbeit fertig war, ging er ins Bad, um sich zu waschen. Er öffnete die Tür und erstarrte. Kira stand mit einem Fuß auf dem Wannenrand und hängte Wäsche auf.
    »Komm sofort da herunter«, befahl er, »du wirst fallen und dir den Hals brechen!«
    »Ich werde schon nicht herunterfallen«, erwiderte sie ungerührt. »Ich habe einen guten Gleichgewichtssinn, ich verliere nie die Balance.«
    »Komm sofort herunter«, wiederholte Platonow verärgert. »Laß mich das

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