Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
Ein Aktivitätsbeginn wird oft mit dem Einatmen verbunden. Ein Loslassen am Feierabend, das Sich-Zurücklehnen im Stuhl oder das Niedersinken auf die Couch nach vollbrachter Arbeit ist in aller Regel mit der Ausatmung verbunden. Wenn Sie dies gleich einmal ausprobieren und überprüfen wollen, sollte nicht gleichzeitig das Radio oder der Fernsehapparat laufen. Das Motto »Bad news are good news« könnte sonst den Atem verändern.
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Übung: Die Verbindung von Atem und Bewegung beobachten
Versuchen Sie, möglichst in der gewohnten Art aufzustehen und sich dann wieder hinzusetzen. In einem zweiten, bewussten Schritt achten Sie nun darauf, wie Sie den Atem zur Unterstützung Ihrer Bewegung nutzen. Auch hier gilt wieder: Es gibt kein richtig oder falsch.
Die meisten Menschen stehen einatmend auf – der Entschluss zu einer nächsten Handlung nach dem Sitzen braucht Kraft, die sie sich einatmend holen – und sie setzen sich ausatmend hin, da das Ausatmen die Entspannung fördert. In der asiatischen Kampfkunst dient das Einatmen ebenfalls der Vorbereitung auf die gleich auszuführenden Handlung und der konzentrierten Vorstellung von ihr; was das Ausatmen betrifft, ist es jedoch umgekehrt als bei uns: Mit der Ausatmung wird dann der gezielt innerlich vorbereitete Schlag oder Tritt ausgeführt. So kommt es, dass die Zweikämpfe leicht, manchmal fast tänzerisch wirken, weil das Element des Loslassens in die Aktion integriert ist. Beides hat also seine eigene Logik.
Diese Übung will Sie mit Ihrem Muster vertraut machen, das Sie sich aus gutem Grund, nämlich aus Erfahrung, zugelegt haben. Sie können dann auch einmal die andere Variante der Verbindung von Ein- bzw. Ausatem und Bewegung ausprobieren.
Wenn Sie zu Ihrem Atem eine freundschaftliche Beziehung pflegen, kann er Sie in Ihrem Leben besser unterstützen.
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In Kapitel 1 ging es um den Zusammenhang von Angst und Enge. Was ist Ursache und was Wirkung? Wenn wir Angst haben, halten wir zunächst – vor Schreck – den Atem an, dann atmen wir, in aller Regel unbewusst, nur flach und ziehen alle Lebensvorgänge auf ein Minimum zurück. Haben Sie einmal beobachtet, was Sie unbewusst tun, wenn Sie einen Menschen wahrnehmen, von dem Sie nicht gesehen werden wollen? Die meisten Menschen atmen dann ganz leise und nur sehr flach. Wie kommt es, dass wir nach einer Versammlungoder einem Treffen von mehreren Personen bei manchen Menschen ganz klar wissen, dass sie anwesend waren, und wir uns bei anderen dagegen sehr unsicher sind? Manche Menschen fallen auf, andere übersieht man leicht. Der Atem, im Yoga Prana genannt, schenkt Energie, Vitalität und Präsenz. Die Aufmerksamkeit auf diese subtilen Prozesse zu lenken, macht die Doppelbedeutung des Prana-Begriffs – Atem und Lebensenergie – deutlich.
Die folgende Übung ist eine Einladung, Prana in Ihrem Körper bewusst Raum zu geben.
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Übung: Atem-Ge-lassen-heit
Setzen Sie sich mit aufgerichteter Wirbelsäule bequem hin. Sie können die Übung auch im Liegen machen. Wichtig ist lediglich, dass der Bauchraum genügend Platz hat, sich nach vorne oder oben auszudehnen. Denken Sie daran, dass Ihr Atem auch nachts, wenn Sie schlafen, kommt und geht. Sie müssen also gar nichts tun, sondern beobachten einfach nur, wie der Bauch sich weitet und wölbt und wieder zurück in seine Ausgangsposition sinkt. Vielleicht gelingt es Ihnen, eine neugierige Position einzunehmen, indem Sie sich fragen: »Woher weiß mein Organismus eigentlich, wann Ein- und wann Ausatmung dran ist? Dieses Wissen, diese Lebendigkeit scheint in mir zu sein, auch wenn ich dies nicht wahrnehme.« Vielleicht gelingt es Ihnen auch, nach der Empfindung »Ich atme« die staunende Beobachtung »Es atmet mich« zuzulassen.
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Es ist eine Kunst, achtsam die eigenen Lebensprozesse zu beobachten, ohne einzugreifen, zu bewerten oder etwas ändern zu wollen. Diesen lebens- und überlebenswichtigen Rhythmus ganz bewusst der inneren Weisheit zu überlassen, setzt Vertrauen voraus. Vielleicht gelingt Ihnen dies schon bald mühelos, wahrscheinlicher ist es jedoch, dass Sie erst mehrmals üben müssen. Wenn Sie mit Ängsten zu tun haben, lege ich Ihnen diese Übung ganz besonders ans Herz. Je mehr Sie Ihren Atem bewusst fließen lassen , desto mehr kann er zur Ruhe und Natürlichkeit finden.
Unsere Gefühle beeinflussen unseren Atem. Über ihn drücken wir unsere Emotionen aus: Wenn wir etwa wütend sind, schnauben wir vor Wut. Wir stöhnen, wenn uns jemand auf
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