Mit Yoga Lebensaengste bewaltigen
auch du genauso achtsam mit mir um, wie ich mit mir selbst.« In seinem Buch Die Entdeckung der Langsamkeit schildert Sten Nadolny, wie der Protagonist einen Indianerhäuptling an seinem langsamen und würdevollen Gang erkennt. 29
Ohne Achtsamkeit läuft es meist so: Wir finden eine Situation vor – nennen wir sie »Situation A« –, und blitzschnell wird eine »Bewertung B« (gut oder schlecht) damit verbunden, die wiederum ein »Gefühl C« auslöst. Wenn es gelingt, in dieser Kette von A über B zu C die Bewertung B zu ändern, kann sich ein anderes Gefühl einstellen. Csikszentmihalyi drückt dies in seinem Buch Flow – das Geheimnis des Glücks so aus, dass die innere Bereitschaft zu Glück und Freude von der Fähigkeit abhängt, Ordnung im Bewusstsein zu erzeugen: Die »Bedingung, die dazu beiträgt, ob eine optimale Erfahrung stattfindet oder nicht, [ist] die Fähigkeit des Individuums, das Bewusstsein so zu strukturieren, dass Flow möglich wird.« 30
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Übung: Gedanken beobachten
Die folgende Übung können Sie gut auch während eines Spaziergangs oder eines Bummels durch eine Stadt machen.
Beobachten Sie einmal, woran Sie im Moment gerade denken. Wenn Sie mögen, können Sie Ihre Gedanken auch in Rubriken einteilen, wie z. B. »Vergangenheit« (das Gespräch vorhin mit …, das Buch, das ich zurzeit lese, der Film, den es gestern im Fernsehen gab) und »Zukunft« (was ich nachher noch einkaufen muss, was morgen auf mich zukommt) oder in andere Rubriken. Es kommt hierbei nicht auf den Inhalt an, sondern darauf zu beobachten, wie oft, wie schnell oder wie langsam sich diese Gedankenbruchstücke ändern und ob Sie dabei Muster erkennen können. Wodurch werden Ihre Gedanken ausgelöst? Nehmen Sie sich vor, an gestern oder morgen zu denken? Oder kommen die Gedanken von alleine in Ihren Kopf? Wie ist es mit den Bewertungen, die Sie vornehmen? Können Sie auch diese wahrnehmen?
Sollten Sie feststellen, dass die Gedanken und Bewertungen von alleine in Ihrem Bewusstseinsfeld Einzug halten, wie das bei vielen Menschen der Fall ist, dann wäre interessant, einmal zu beobachten, ob sich die Gedanken ändern, wenn Sie in eine andere Umgebung kommen. Denken Sie andere Gedanken, wenn Sie von einer dichten Menschenmenge umgeben sind, als wenn Sie durch eine menschenleere Straße gehen? Welche Gedanken stellen sich in Ihrem Kopf ein, wenn Sie in einem großen Kaufhaus sind, das gerade wegen Geschäftsaufgabe alle Artikel zu Schleuderpreisen verkauft? Welche Gedanken tauchen bei Ihnen auf, wenn Sie auf einem Fußballplatz sind, wenn Sie eine Kirche betreten, wenn Sie am Strand einen Sonnenuntergang sehen?
Und nun kommt die spannende Frage: Welche Gedanken, vermuten Sie, sind Ihre eigenen Gedanken, und welche teilen Sie möglicherweise mit den anderen Menschen, die sich zur gleichen Zeit am gleichen Ort befinden?
Wie leicht ist es Ihnen gefallen, die Gedanken wirklich zu beobachten, sie kommen und gehen zu lassen? Wenn Ihnen das geglückt ist, haben Sie bereits gelernt, sich nicht mehr mit Ihren Gedanken zu identifizieren. Herzlichen Glückwunsch! Gedanken tendieren nämlich dazu, uns zu vereinnahmen. Und es ist gar nicht so einfach, sie ziehen zulassen und einfach nur zu beobachten. In der Regel überlassen wir uns unseren Gedanken, oft halten wir uns sogar für klug und meinen, die Gedanken, die sich in unserem Bewusstsein Raum verschaffen, selbst produziert zu haben.
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An einer Wand habe ich kürzlich folgendes Graffito gefunden, das mir ein Schmunzeln entlockte:
Glaube nicht alles, was du denkst.
Dieser Satz kann helfen, die Arroganz zu überwinden, die uns glauben machen will, dass Gedanken, die ungebeten in unseren Bewusstseinsraum dringen, wirklich unsere eigene Schöpfung sind. Medienberichte, Werbung, Zeitgeist, Architektur, das soziale Umfeld, Landschaften und viele andere Faktoren mehr bestimmen unsere innere Welt. Gerne vergleiche ich diesen Innenraum mit einem Garten: Unkraut wächst von alleine, aber schöne Blumen, die unser Herz erfreuen, wollen gepflanzt und gepflegt werden. Von Philosophen wird das Bewusstsein unseres Selbst, also die Fähigkeit, sich selbst über die Schulter zu schauen, als zutiefst menschliche Fähigkeit bezeichnet. Spirituelle Menschen vergleichen es mit einem Licht oder einer Lampe, die dunkle unbewusste Seiten ausleuchtet.
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Übung: Aufmerksamkeitslenkung
Setzen Sie sich bequem hin, so dass die Wirbelsäule gut aufgerichtet ist. Denken Sie nun die nächsten drei
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