Mit Zähnen und Klauen: Horror-Thriller von Bestseller-Autor Craig DiLouie (German Edition)
sie.
Sims zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Frederick nennen Sie mich? Nun denn, fahren Sie fort. Erzählen Sie mir, was los ist, mein Kind.« Er schaute kurz über Petrovas Schulter. »Und was in Gottes Namen ist mit Ihnen geschehen?«
Petrova drehte sich um. Baird humpelte ins Labor, schmatzend und mit heftig zuckendem Kopf. Blut und schaumiger Speichel tropften an seinem Kinn hinab und besudelten sein T-Shirt.
Cohen fuhr in die Höhe und trat eilig mehrere Schritte zurück.
»Ich verstehe nicht«, sagte Sims mit erschrocken aufgerissenen Augen. »Das ist wirklich eigenartig; was soll das alles?«
Bairds blutunterlaufene Augen fokussierten den Golfschläger in Petrovas Händen. Er blieb finster dreinschauend stehen und stieß ein Brummen aus tiefster Kehle aus, der für noch mehr Geifer aus seinem verzogenen Mund sorgte.
Cohen stieß gegen einen Stuhl, der daraufhin umkippte.
Als sei dies ein Zeichen für ihn gewesen, stürzte er mit einem bestialischen Fauchen vorwärts. Panisch floh Cohen durch die andere Labortür hinaus, Petrova hinterher.
Hinter ihnen stieß Sims einen einzigen, abgewürgten Schrei aus.
Als Petrova den Flur erreichte, entdeckte sie niemanden. Cohen war verschwunden. Sie eilte so schnell weiter, wie es ihre Stöckelschuhe zuließen, bog um eine Ecke und stieß frontal mit Stringer Jackson zusammen. Ihr war gänzlich entfallen, dass er in der Sicherheitszentrale gehockt und sie über die Kameras beobachtet hatte.
Sie fuhr herum, zeigte nach hinten, stotterte und schluchzte, ohne sich deutlich artikulieren zu können.
»Ich weiß«, sprach Jackson. »Ich werde mich darum kümmern. Wissen Sie, wie Sie zur Zentrale kommen?«
Petrova nickte.
»Dann gehen Sie dorthin«, wies er sie an. »Die Tür ist nicht abgesperrt. Verriegeln Sie sie hinter sich. Ich bin bald zurück.«
Kurz fragte sie sich, wie sich Stringer Jackson, der pensionierte, ergraute und übergewichtige Cop im gesetzten Alter, in einem Zweikampf gegen Baird behaupten wollte. Letztlich war es ihr aber egal, denn sie hatte ihren Teil geleistet. Von nun an oblag es den Profis, sich der Sache anzunehmen.
Was als Nächstes geschah, bekam sie nicht mit.
Wenige Augenblicke später betrat sie die Sicherheitszentrale und versteckte sich schlotternd vor Angst unter dem Kontrolltisch. Das Surren und die abstrahlende Hitze der elektronischen Geräte waren so beruhigend, dass sie beinahe sofort in einen tiefen Schlaf fiel.
Gott sei Dank ist er nicht tollwütig
Petrova hält das Telefon mit schweißnasser Hand fest. »Wer ist da, bitte?«
»Ich bin allein. Jemand soll kommen und mich abholen.«
Aus unbegreiflichem Grund tritt ihr das Bild ihres Sohnes vor Augen, der mutterseelenallein in einem dunklen, leeren Raum in London in einen Hörer spricht.
»Bitte, bitte sagen Sie mir, wer Sie sind«, bettelt sie. »Sandy. Sandy Cohen? … Ich kenne Sie doch, Sandy.«
Eigentlich nur flüchtig. Die Frau ist technische Assistentin wie Marsha Fuentes und begann ihre Arbeit im Institut erst vor einem halbem Jahr. Sie trägt stets eine Brille mit dickem, schwarzem Gestell, derentwegen sie Petrova im Gedächtnis geblieben ist.
»Sie waren gerade bei uns im Labor.«
»Oh ja, natürlich. Wo stecken Sie?«
»Ich muss leise sprechen, oder er entdeckt mich. Was geht hier vor sich?«
»Tollwütige sind im Gebäude. Sie beißen die Angestellten, die dann ebenfalls tollwütig werden«, erklärt Petrova.
»Ich kann Ihnen nicht folgen«, erwidert die schwache Stimme.
»Wo sind Sie, Sandy.«
»In Dr. Saunders' Büro. Ich benutze sein Telefon.«
»Gut. Bitte warten Sie einen Moment.«
»Ist das nicht die Sicherheitszentrale? Ich wollte Stringer verständigen.«
»Bitte schweigen Sie kurz, Sandy.«
Petrova betrachtet die von Digitalprojektoren auf zwei breite Leinwände geworfenen Bilder. Eines zeigt einen leeren Gang, auf dessen Fußboden sich ein langer, dunkler Streifen abzeichnet, das andere ein verlassenes Labor auf der Ostseite. Dann blickt sie auf den Computerbildschirm auf dem Tisch, wo eine Reihe von Icons Kontrolle über die Sicherheitsfunktionen des Komplexes geben. Das Interface lässt sich mehr oder weniger intuitiv bedienen, sodass sie in Windeseile in der Lage ist, Einstellungen aller Kameras im Institut abzurufen. Sie wusste gar nicht, dass dieses Gebäude so umfassend überwacht wird: Kameras hängen in allen öffentlichen Räumen.
Einiges hat sich verändert, während sie unter dem Bedienpult geschlafen
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