Mitarbeiter sind so verletzlich

Damen, Verkaufsförderung ist Aufgabe des Managements. Ihre Kreativität ist hier nur bedingt gefragt! Sie sollen verkaufen. Heben Sie sich Ihre Kreativität für Ihren Ehemann zu Hause auf.“
    Und noch ein letztes Beispiel – diesmal persönlich erlebt: Ich besuchte meine Freundin, die in der Elektroabteilung arbeitet und kaufte dort für einen erheblichen Betrag mehrere Artikel ein. Noch während sie die von mir gekauften Waren einpackte, erschien plötzlich ein Herr und fauchte meine Freundin an: „Sie sind nicht angestellt, um mit Typen herumzuschäkern. Sie sollen verkaufen und sich gefälligst um unsere Kunden kümmern.“ Während es meiner Freundin die Sprache verschlug, fragte ich den Herrn, was ich denn tun müsste, um hier im Haus ungestört für 360 Euro Filme kaufen zu dürfen. Die Antwort kam umgehend: „Hören Sie, reden Sie keinen Schrott. Sie halten Frau XY von der Arbeit ab.“ Langsam fing mir die Sache an, Spaß zu machen: „Ich sehe die ganze Zeit außer mir keinen Kunden hier am Tresen!“, sagte ich. „Das interessiert mich überhaupt nicht – Sie sollen hier nicht weiter stören!“ Er drehte sich – völlig überfordert – um und verließ die Szene, nicht ohne mit dem Zeigefinger auf meine Freundin deutend zu bemerken: „Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen. Extratouren mögen wir nicht.“
    Drei Situationen, drei Abteilungsleiter. Derartige Vorfälle sind in diesem Kaufhaus mit 400 Mitarbeitern an der Tagungsordnung. Hier zeigt sich, dass Führungskräfte, die beinahe willkürlich bzw. nach Firmenzugehörigkeit oder „ Umsatz-Rennliste “ in diese Position gehoben werden, noch lange nicht das Talent zur Führungskraft haben müssen. Die Unfähigkeit der mittleren und unteren Führungskräfte offenbarte sich aber erst massiv, als von oben angeordnet wurde, dass „man denen da unten auf die Finger schauen sollte“.
    Manche Menschen
haben ein unglaublich
gutes Gedächtnis!

Sie machen ein und
denselben Fehler –
auch nach Wochen
und Monaten –
immer und immer wieder.

Martin Pappert
    In diesem Kaufhaus wird es nicht mehr lange dauern, bis jeder einzelne Mensch an der Verkaufsfront derart zermotiviert ist, dass es für die Servicequalität im Haus kaum mehr Verbesserungschancen gibt. Denn sie alle werden sich über kurz oder lang auf die Position der passiven Resistenz (gern auch Dienst nach Vorschrift genannt) zurückziehen. Dann wird kein Geld mehr gewechselt werden. Es werden keine Anstrengungen mehr unternommen werden, das kleine „etwas mehr“ zu verkaufen. Auch die Atmosphäre in diesem Haus wird mehr und mehr „von notwendiger Pflichterfüllung“ gekennzeichnet sein. Der Umsatz wird dadurch weiter sinken. Und in der Konzernzentrale wird man sich ernsthaft überlegen, ob man das Haus nicht schließen und 400 Mitarbeiter dem Arbeitsamt überlassen soll.
    Was lernen wir daraus?
    Wenn die Erträge oder Leistungen in einem Unternehmensbereich auf scheinbar unerklärliche Weise stagnieren oder sinken, so sollten Sie umgehend ein Auge auf die Führungskommunikation Ihrer mittleren und unteren Managementebene werfen. Nicht selten sind Mängel auf diesen Ebenen Ursache für eine stetige Zermotivierung , die sich langsam, aber nachhaltig negativ auswirkt.
    Zahlreiche Menschen werden einfach nie gute Führungskräfte werden. Dies hat mit zahlreichen Faktoren zu tun, die hier nicht Thema sein sollen. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass es keine (oder kaum) „schlechte Mitarbeiter“ gibt. Es gibt aber sehr wohl falsche Mitarbeiter an falschen Plätzen. Vielleicht leisten derart falsch reagierende Abteilungsleiter in anderen Positionen hervorragende Arbeit. Als man ihnen mitgeteilt hat, dass sie Abteilungsleiter werden, haben sich die Aufsteiger gefreut. „Man wird jetzt wer – und man verdient mehr Geld.“ Bestimmt hat sich kaum einer der jetzt überforderten Führungskräfte schon damals Gedanken über seine eigenen Fähigkeiten gemacht. Später wäre das Eingeständnis der selbst erkannten Schwächen sicher das frühe Ende der Karriere gewesen. Die Folgen von Führungsmängeln werden nach oben mit Begründungen kaschiert, die schwerlich nachzuweisen sind. Kundenverhalten, Sommerwetter, Produktmängel – alles Mögliche wird vorgeschoben.
    So allein gelassen verstärken sich Führungsfehler und negatives Feedback gegenseitig. Führungskraft wie Mitarbeiter leiden unter dieser Situation. Die Unternehmensleitung jedoch wird normalerweise erst die wahren Gründe