Mitch - Herz im Dunkeln
danke. Es geht mir gut.“ Sie fürchtete sich davor, ihn erneut zu berühren. Auch wenn es nur seine Hand war. „Nochmals vielen Dank, Casey.“
Er nickte und ließ die Hand sinken. „Ich habe einen Spitznamen“, verriet er ihr. „Es wäre mir lieber, wenn Sie den benutzen würden. Er lautet Mitch. Ich weiß, es ist ein ungewöhnlicher Name, aber ich kann mich eher damit identifizieren.“
„Mitch“, wiederholte sie. „Ist das Russisch?“
„Nein. Es ist die Kurzform von …“ Er lachte beinah unsicher. „Es ist die Kurzform von ‘Mission Man’.“
Mission Man? „Was bedeutet das?“
Er grinste, und seine weißen Zähne leuchteten in der Dämmerung. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich es selbst genau weiß. Das ist einfach ein Spitzname, den ich bekommen habe … von einem Freund.“
Becca wich noch weiter zurück. „Tja, danke, Mitch.“ Sie zögerte unsicher. „Wir sollten … wir sollten uns morgen früh in Ruhe unterhalten.“
„Wann immer Sie wollen“, sagte er. „Sie wissen ja, wo Sie mich finden können.“
4. KAPITEL
L ieutenant Lucky O’Donlon frühstückte allein in der hinteren ruhigen Ecknische eines Schnellrestaurants in der Water Street in Wyatt City, New Mexico.
Water Street, klar. Die ganze Straße, ja die ganze Stadt, war knochentrocken. Nach einem zehnminütigen Nickerchen war er heute Morgen aufgewacht und hatte gegähnt. Dabei war seine Lippe aufgesprungen. Himmel, er sehnte sich nach dem Ozean!
Er war mit seinem Team später als erwartet in Las Cruces eingetroffen. Bis sie ein unauffälliges Fahrzeug besorgt hatten und den ganzen Weg durch die Wüste nach Wyatt City gefahren waren, war es längst nach Mitternacht. Lucky hatte sich mit Schmutz beschmiert, sich von Bobby und Wes verabschiedet und war ungefähr eine Meile von der First Church entfernt ausgestiegen. Zu Fuß war er dann zum Obdachlosenasyl gegangen.
Jetzt konnte er beobachten, wie Bobby und Wes aus dem brandneuen Motel auf der anderen Straßenseite geschlendert kamen und auf das „Denny’s“ zugingen. Offenbar hatten sie es nicht eilig, ihn für den vereinbarten Lagebericht zu treffen. Wes blieb sogar stehen, um sich auf dem Parkplatz eine Zigarette anzuzünden. Er legte die Hände um das Streichholz, um es vor dem Wind zu schützen.
Bobby zupfte Wes die Zigarette aus dem Mund, warf sie auf den Schotter und trat sie mit seinen riesigen Stiefeln aus. Und während Lucky sie beobachtete, stritten sie zum x-ten Mal über Wes’ Unfähigkeit, endlich mit dem Rauchen aufzuhören.
Besser gesagt: Wes stritt, und Bobby ignorierte ihn.
Bobby ging auf das Restaurant zu, und Wes folgte ihm, noch immer maulend. Die beiden waren geduscht und rasiert und sahen weitaus erfrischter aus als Lucky. Sie trugen Jeans und T-Shirts. Wes’ kurze braune Haare bedeckte sogar ein zerbeulter Cowboyhut.
Bobby mit seinen attraktiven indianischen Gesichtszügen hätte durchaus einer der Einheimischen sein können. Wes hingegen sah genauso aus, wie das, was er war – Popeye, der Seemann, nur mit Cowboyhut.
„Ich höre ja auf!“, erklärte Wes gerade, als sie das Restaurant betraten und sich Luckys Tisch näherten. „Ich schwöre es! Ich bin nur noch nicht bereit, es jetzt schon aufzugeben.“
Endlich kam Bobby zu Wort. „Wenn wir zusammen auf einer Mission sind, kann ich den Qualm Hunderte Meter weit riechen. Und wenn ich das kann, dann kann das auch die Gegenseite. Wenn du dich mit dem Rauchen umbringen willst, ist das deine Sache, Skelly. Aber bring gefälligst nicht mich um.“
Es entstand einer der seltenen Momente, in denen Wes die Worte fehlten.
Bobby setzte sich neben Lucky, da er ebenfalls lieber die Wand im Rücken hatte. Wes rutschte ganz nach innen auf seiner Sitzbank und setzte sich zur Seite gedreht. Auf diese Weise saß er mit dem Rücken zur verspiegelten Seitenwand und konnte ebenfalls das Restaurant überblicken. Gute Gewohnheiten legte man nicht einfach ab.
Schlechte leider auch nicht. Bobby hatte vollkommen recht, was Wes’ Zigarettensucht anging: Wenn sie als Gruppe unterwegs waren, konnte der Geruch einer sechs Stunden zuvor gerauchten Zigarette alle in Gefahr bringen.
Bobby musterte Lucky. „Mann, du müffelst vielleicht!“
„Und ihr beide seht aus, als hättet ihr nach einer Nacht mit ausgiebigem Schlaf reichlich Gelegenheit zum Duschen gehabt.“
„Das Zimmer war sehr schön, danke.“
„Ja, das würde ich gern selbst erleben, und zwar auf dem Bett liegend, mit geschlossenen
Weitere Kostenlose Bücher