Mitch - Herz im Dunkeln
Augen“, erwiderte Lucky. Dummerweise würde das nicht so bald passieren.
Er war nicht zum Schlafen ins Obdachlosenasyl gegangen, sondern um sich dort gründlich umzusehen. Er wollte die Ohren offen halten und so viel wie möglich über das Asyl erfahren. Den Großteil der Nacht hatte er mit einem der ehrenamtlichen Helfer geplaudert und herausgefunden, wie das System funktionierte.
„Das Obdachlosenasyl ist eine rein kirchliche Einrichtung“, erklärte er nun Wes und Bobby. „Die einzigen Regeln besagen, dass Drogen, Alkohol und Frauen nicht erlaubt sind. Und die Männer müssen um acht Uhr morgens aus dem Gebäude und der Gegend verschwunden sein, weil die Einrichtung ab Viertel vor neun als Vorschule genutzt wird.“
„Konnte sich irgendwer an Mitch erinnern?“, fragte Wes.
„Nein“, antwortete Lucky. „Und es werden auch keine Akten über die Männer angelegt, die im Asyl übernachtet haben. Aber im Kirchenbüro gibt es Unterlagen über die ehrenamtlichen Helfer, die in mehreren Schichten arbeiten. Irgendeiner von euch muss in dieses Büro gehen und den Damen dort eine Liste abschwatzen. Wir müssen herausfinden, wer Dienst hatte in der Nacht, in der Mitch möglicherweise hier gelandet ist.“
Wes deutete auf Bobby. „Das macht er. Ich kriege Ausschlag von Kirchendamen.“
Bobby zuckte mit den Schultern. „Ich mach’s – wenn du mit dem Rauchen aufhörst.“
„Oh Mann!“ Wes sank nach vorn, bis sein Kopf auf dem Tisch lag. „Na schön“, gab er schließlich nach. „Ich höre mit dem Rauchen auf. Sorg du nur dafür, dass mir die Kirchenladys vom Hals bleiben.“
Bobby wandte sich an Lucky. „Luke, ich habe nachgedacht. Wenn Mitch verkleidet in dem Asyl aufgetaucht ist …“
„Ja, daran habe ich auch schon gedacht.“ Lucky signalisierte der Kellnerin, dass er Kaffee nachgeschenkt haben wollte. Sie schenkte auch Bobby und Wes ein und verkündete, sie sei in einer Minute wieder da, um die Bestellungen aufzunehmen. Er wartete, bis sie weg war, ehe er weitersprach. „Wenn er nicht will, dass wir ihn finden, werden wir das wahrscheinlich auch nicht schaffen.“
„Vorausgesetzt, er ist noch am Leben“, gab Wes düster zu bedenken.
Lucky trank einen Schluck von seinem jetzt heißen Kaffee und spürte, wie sich die Wärme in seinem Bauch ausbreitete. „Wie gut habt ihr zwei Mitch Shaw kennengelernt, als ihr letztes Jahr mit Admiral Robinson zusammengearbeitet habt?“
Bobby und Wes tauschten einen Blick. Die beiden waren seit Jahren Kameraden und konnten sich daher mit einem einzigen Blick verständigen.
„Nicht sehr gut“, räumte Bobby ein. „Er blieb meistens für sich allein.“
Wes sah erneut zu Bobby. „Oder er hing mit Zoe Lange zusammen.“
„Sie heißt inzwischen Zoe Robinson.“ Bobby seufzte bei der Erinnerung daran. „Ich hatte immer den Eindruck, dass Mitch auf sie steht.“
„Hat sie ihr Baby schon bekommen?“, erkundigte Wes sich. „Ich wusste nicht, dass eine schwangere Frau so sexy sein kann, bis Zoe einen Braten in der Röhre hatte.“
„Es ist erst in ein paar Wochen fällig“, sagte Lucky und verdrehte die Augen, weil Wes so von der Frau eines geachteten und hochdekorierten Admirals sprach. „Können wir uns wieder aufs Thema beschränken? Bleiben wir bei Mitch Shaw. Ich habe ihn auch nicht besonders gut kennengelernt.“
„Er war ein seltsamer Bursche“, meinte Wes.
„Jake Robinson hat ihm vertraut“, gab Bobby zu bedenken. An Wes gewandt fügte er tadelnd hinzu: „Und sprich doch bitte nicht in der Vergangenheitsform von ihm.“
„Schon gut.“ Lucky wandte sich an Bobby. „Du musst dich mit den Büroleuten der Kirche anfreunden.“ Dann wandte er sich an Wes. „Du setzt dich an den Computer und sammelst alle Informationen über Mitchell Shaw, die du finden kannst. Ich will wissen, wo er aufgewachsen ist, was sein Spitzname während der Ausbildung war, welche Orden er bekommen hat, welches sein Lieblingsgemüse und seine Lieblingsfarbe ist. Ich will alles wissen, was über diesen Mann in Erfahrung zu bringen ist.“
Bobby stand auf. „Ich nehme mir vorn einen Donut mit.“ Er zog den Schlüssel für das Motelzimmer aus der Tasche und legte ihn vor Lucky auf den Tisch. „Den möchtest du bestimmt gern haben.“
„Ja, den hätte ich gern. Aber ich werde ihn nicht benutzen. Ich muss mir erst die Gegend um das Obdachlosenasyl ansehen. Herausfinden, ob irgendjemand in den Lebensmittelgeschäften sich an Mitch erinnert. Und sobald die
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