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Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation

Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation

Titel: Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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den einen, bald auf den anderen Stuhl und lässt die beiden Instanzen, die er in sich spürt, wechselseitig sprechen und miteinander einen Dialog führen (s. Abb. 12). So mag auf dem einen Stuhl die reife Erwachsenenpersönlichkeit sitzen, die den Wunsch hegt, das Kind erwachsen werden zu lassen. Auf dem anderen Stuhl sitzt das «Kindheits-Ich», das genau die entgegengesetzten Ziele verfolgt.

    Abb. 12:
    Dialogtechnik in der Gestalttherapie: Die «zwei Seelen in der Brust» halten einen Dialog.
    Durch einen solchen Dialog, der nicht selten mit starker emotionaler Heftigkeit geführt wird, wird der Sender sich bewusst, dass tatsächlich beide Seelen in seiner Brust wohnen, zu ihm gehören – und er kann sie getrennt wahrnehmen und nicht in der diffusen Verschmolzenheit wie zuvor.
    Nach einer solchen Selbstklärung kann der Sender kongruenter kommunizieren, indem er statt nur einer jetzt zwei Botschaften getrennt sendet: «Einerseits möchte ich haben, dass du selbständig wirst. Andererseits zerreißt es mir auch das Herz, wenn ich sehe, wie du dich abnabelst und ich allein zurückbleibe.» – Seine beiden Botschaften derart klar vor Augen, kann der Sender nun auch besser entscheiden, welche Konsequenzen er aus diesem Konflikt ziehen will. Nun weiß auch der Empfänger, woran er ist.
Übungen
1. Gibt es Angelegenheiten in Ihrem Berufs- oder Privatleben, bei denen Sie «zwei Seelen in der Brust» fühlen? Wie wirkt sich dies auf Ihre Kommunikation aus?
Wenn Sie zu zweit oder in einer Gruppe üben: Spielen Sie Ihr typisches Verhalten einmal vor und übertreiben Sie dabei etwas!

2. (Mindestens zu zweit:) Machen Sie – immer abwechselnd – eine verbale Äußerung und gleichzeitig eine nonverbale widersprechende Botschaft (Beispiel: «Ich habe große Lust zu dieser Übung!» – dazu ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter).
Ziehen Sie nach und nach alle Register!

3. Die Frau fragt ihren Mann: «Hast du Lust, mit mir ins Kino zu kommen?» Antwort: (in mürrischem, überdrüssigem Ton) «Jaa, mei-net-we-gen!» Welches «innere Kuddelmuddel» vermuten Sie? Wie könnte die klare Antwort lauten? – Achten Sie auf inkongruente Nachrichten bei sich selbst und in Ihrer Gesprächsumgebung!

II.
    Mit vier Ohren empfangen
    Wir haben das Nachrichten-Quadrat überwiegend aus der Sicht des Senders betrachtet: Er teilt Sachinformationen mit; stellt sich dabei gleichzeitig selbst dar; drückt aus, wie er zum Empfänger steht, so dass sich dieser in der einen oder anderen Weise behandelt fühlt; und versucht Einfluss auf das Denken, Fühlen und Handeln des anderen zu nehmen.
    Da alle vier Seiten immer gleichzeitig im Spiele sind, muss der kommunikationsfähige Sender sie sozusagen alle beherrschen. Einseitige Beherrschung stiftet Kommunikationsstörungen. So nützt es z.B. wenig, sachlich recht zu haben, wenn man gleichzeitig auf der Beziehungsseite Unheil stiftet. Genauso wenig nützt es, auf der Selbstoffenbarungsseite eine gute Figur zu machen, z.B. sich als geistreich und gelehrsam zu präsentieren, und dabei unverständlich in der Sachbotschaft zu bleiben.
    Betrachten wir das Quadrat aus der Sicht des Empfängers. Je nachdem auf welche Seite er besonders hört, ist seine Empfangstätigkeit eine andere: Den Sachinhalt sucht er zu verstehen. Sobald er die Nachricht auf die Selbstoffenbarungsseite hin «abklopft», ist er personaldiagnostisch tätig («Was ist das für eine(r)?» bzw. «Was ist im Augenblick los mit ihm/ihr?»). Durch die Beziehungsseite ist der Empfänger persönlich besonders betroffen («Wie steht der Sender zu mir, was hält er von mir, wen glaubt er vor sich zu haben, wie fühle ich mich behandelt?»). Die Auswertung der Appellseite schließlich geschieht unter der Fragestellung «Wo will er mich hinhaben?» bzw. in Hinblick auf die Informationsnutzung («Was sollte ich am besten tun, nachdem ich dies nun weiß?»).
    Der Empfänger ist mit seinen zwei Ohren biologisch schlecht ausgerüstet: Im Grunde braucht er «vier Ohren» – ein Ohr für jede Seite (s. Abb. 13).

    Abb. 13:
    Der «vierohrige Empfänger».
    Je nachdem, welches seiner vier Ohren der Empfänger gerade vorrangig auf Empfang geschaltet hat, nimmt das Gespräch einen sehr unterschiedlichen Verlauf. Oft ist dem Empfänger gar nicht bewusst, dass er einige seiner Ohren abgeschaltet hat und dadurch die Weichen für das zwischenmenschliche Geschehen stellt. Ich möchte diese Vorgänge im Folgenden genauer untersuchen.
    1.
    «Freie

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