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Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)

Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)

Titel: Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedemann Schulz von Thun
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nicht in jeder Hinsicht lupenrein die gemeinsamen Überzeugungen verkörpert.
    7. Ein wichtig zu erkennendes Paradox liegt nun darin, dass besonders solche Gruppierungen in Gefahr sind, in brisante Ambivalenzspaltungen hineinzugeraten, deren Anspruch an Humanität und Mitmenschlichkeit besonders hoch ist. In dem (wahrhaft zu begrüßenden) Bemühen, die Korruptheit und Charakterverderbtheit traditioneller Politik zu überwinden, hat die grün-alternative Bewegung ihren Mitgliedern einen so hohen Standard an menschlicher Integrität auferlegt, dass viele Anteile einer Normalperson abgedrängt werden müssen. Zum Beispiel der ehrgeizige Anteil, der sagt: «Jawohl, ich möchte auch Geld verdienen und politische Karriere machen!», gilt als «Igitt» und muss vor sich selbst und den Parteigenossen verborgen bleiben. Was ich aber vor mir selbst verberge, werde ich mit argwöhnischen Argusaugen beim anderen entdecken: Ist das nicht einer, der immer so sozial redet, aber im Grunde nur an seinen Aufstieg denkt? Diese Haltung muss sofort ausgemerzt werden – kann so einer überhaupt zu uns gehören? – Dieser fühlt sich nun von den eigenen Freunden an den Pranger gestellt – und wird kaum umhinkönnen, seine politische Arbeit mit der Verarbeitung der erlittenen Kränkungen zu verknüpfen:
«Seit der Zeit ist der Wurm drin. Ich behandel die wie Gegner, wie wirkliche Gegner. Mit der Absicht der politischen Vernichtung.
Ich hab so ’ne Wut, innere Verzweiflung, dass ich mich an der politischen Vernichtung der anderen mit Begeisterung beteilige. Mit allen Sarkasmen, die mir dabei einfallen. Meine ganze Stimmung verwende ich dafür. Ich weiß genau, wenn ich X erwische, an irgendeiner Stelle, um ihn lächerlich zu machen, dann würd ich’s tun …» (aus einem Politiker-Tiefeninterview, Osbahr, 1984, S.160)
    Dass «das meiste Übel in dieser Welt nicht … auf böse Absichten, sondern auf die bösen Folgen eines unbegrenzten Willens zum Guten zurückzuführen» sei, diese These hatte Gerhard Szczesny schon 1971 in seinem Buch «Das sogenannte Gute» entfaltet (S.43). Was er damals den Ideologen ins Stammbuch schrieb, haben wir alle uns selbst einzutragen, die wir einen Überlegenheitsanspruch in Sachen «Menschlichkeit» anmelden. Dieser ist aus den geschilderten Dynamiken heraus «gegenteilsanfällig» und fördert die Tendenz, das «Reich des Bösen» stets beim anderen auszumachen.

    Was ist zu tun? Ich habe Anfang der achtziger Jahre an eindrucksvollen Workshops von Ruth Cohn teilgenommen, auf denen die inneren Voraussetzungen (und Hindernisse) politischen Handelns (Nicht-Handelns) mit Methoden der Therapie, Selbsterfahrung und Gruppendynamik thematisiert und persönlich bearbeitet wurden. Die Leitidee war, dass die politische Bewegung eine psychologische Fundierung brauche – und umgekehrt sich die psychologische Selbsterfahrung im politischen Handeln fortzusetzen habe. Dies wäre ein möglicher Weg: dass Politiker die Psychologen weniger für die Entwicklung einer «optimalen und zielgruppengerechten» Imagebildung heranzögen, sondern für die ehrliche Aufarbeitung der Innenseite ihres politischen Handelns. Allerdings sehe ich dafür zurzeit wenig Ansätze, da wir Wähler immer noch nicht reif genug sind, politische Authentizität zu verkraften und zu honorieren.

    Ein weiterer Weg könnte darin bestehen, dass politische Gremien und Fraktionen mithilfe eines externen [14] Klärungshelfers (Thomann und Schulz von Thun, 1988) darangehen, eine dialogische Kultur zu entwickeln, in der Standpunkte und Interessen hart ausgefochten werden, ohne die menschlichen Beziehungen zu ruinieren. Dem Klärungshelfer obliegt dabei die Aufgabe, den sachlichen Teil der Auseinandersetzung zu moderieren, die Beziehungsebene im Bedarfsfalle anzusprechen, gelegentliche Metakommunikation zu ermutigen, ohne in die falsche Ebene einer Psychologisierung hineinzugeraten. Soweit ich sehe, werden solche Möglichkeiten, sosehr sie im wirtschaftlichen und sozialen Bereich zunehmend genutzt werden, im politischen Kontext noch kaum aufgegriffen – jedenfalls habe ich selbst nur ausnahmsweise von Politikern derartige Anfragen erhalten.
    4.2
    Der systemische Blickwinkel
    Wo immer die aggressiv-entwertende Strömung kommunikationsbeherrschend wird, gibt es meist auch Mitspieler, die dies entweder «anheizen», es mit sich geschehen lassen – oder beides im Wechselspiel. Je nachdem ist die teufelskreisartige Eskalation symmetrisch oder

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