Miteinander reden 2: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung; Differentielle Psychologie der Kommunikation (German Edition)
aggressiv-entwertenden Strömung schwach entwickelt.
Das Leitmotiv der Persönlichkeitsentwicklung ist hier besonders angebracht:
«Willst du ein guter Partner sein,
dann schau erst in dich selbst hinein!»
und verweist auf die Erkundung der Innenwelt. Da der notorisch Feindselige zur Projektion neigt, also seine eigenen ungeliebten Seelenanteile im Mitmenschen entdeckt (und dort bekämpft), wird er dieser Selbsterkundung einigen Widerstand entgegensetzen. Dieser Widerstand kann sich zum Beispiel darin zeigen, dass die Taschenlampe einfach versagt: «Was in mir vorgeht? Gar nichts weiter – wieso?»
Dieser psychische Widerstand kommt nicht von ungefähr. Bei der Erkundung der eigenen Innenwelt könnten Gefühle hochkommen, die nicht in sein hartes Selbstkonzept passen: Traurigkeit, Anhänglichkeit, Sehnsucht nach Zärtlichkeit und Rührung, überhaupt all die «weichen» Regungen, die der harte Peitschenknaller sich nicht eingestehen mag (und die er deshalb als «weichlich» und – wenn er ein Mann ist – als «unmännlich» an den Pranger stellt).
Die konfrontative Haltung des nach außen gerichteten Scheinwerfers zeigt sich oft noch deutlicher in Berichten gegenüber Vertrauten: Da ist von all den Versagern und niederträchtigen Bösewichtern die Rede, von denen man umgeben sei («nicht, dass es mir etwas ausmachen würde!»). Bei wechselnden Strophen lautet die Grundbotschaft des wiederkehrenden Refrains: «Probleme habe ich keine, aber ich bin von Armleuchtern umgeben!»
Das diesem Gedankengang entsprechende Werte- und Entwicklungsquadrat lässt sich folgendermaßen konstruieren, wobei hier zunächst innere Grundeinstellungen gemeint sind und noch keine Verhaltensweisen. Die Begriffe «Ich- und Du-Botschaft» sind trotzdem mit aufgenommen, weil sie häufig als verhaltensmäßiges Korrelat der entsprechenden Haltung in Erscheinung treten (siehe folgende Abbildung).
In diesem Wertequadrat kommt erneut zum Ausdruck, was schon in den früheren Ausführungen dieses Kapitels deutlich werden sollte: Konfrontation und Selbsterkundung stehen in einem ergänzenden Werteverhältnis zueinander – also nicht, dass Selbsterforschung etwas «Schönes und Humanes» und extrapunitive Konfrontation etwas «Hässliches und Böses» wäre!
Das Entwicklungsziel besteht darin, beide Einstellungen innerlich zur Verfügung zu haben. Die zu dieser Einsicht passende therapeutische Haltung besteht darin, das schon Vorhandene zu würdigen und das Fehlende zu fördern. So reagierte die Familientherapeutin Virginia Satir auf einen wütenden Vater:
«Ich denke, es ist für alle Menschen sehr wichtig, das auszudrücken, was sie fühlen – auch Wut, wie jetzt bei Ihnen. Ich möchte Ihnen meine Anerkennung dafür aussprechen, und ich hoffe, dass alle anderen Mitglieder in dieser Familie es auch können. – Und sind Sie jetzt in diesem Moment auch bereit, mir etwas über die Einsamkeit und die Verletzungen zu erzählen, die hinter dieser Wut liegen?» (sinngemäß nach Bandler und Grinder, 1985)
Übung:
Ich habe eine kleine Übung erfunden, die der Balance von Konfrontation und Selbsterforschung dient. Wir benutzen sie häufig in unseren Kommunikationsseminaren als behutsamen Einstieg in die Selbsterfahrung. Die Übung heißt «Der schwierige Andere» und beginnt mit etwa folgender Instruktion:
«Bitte lassen Sie vor Ihrem geistigen Auge eine Person erscheinen, die in Ihrem Leben eine größere oder kleinere Rolle spielt. Die Beziehung zu ihr mag insgesamt gut oder schlecht sein, auf jeden Fall gibt es da auch schwierige Punkte – zum Beispiel Punkte, bei denen Sie immer wieder aneinandergeraten, oder schwierige Themen, über die Sie nicht oder nur schlecht sprechen können, oder Unerfreulichkeiten, unter denen Sie zu leiden haben; das können, aber müssen keine großen Konflikte sein, vielleicht sind es nur kleine schwierige Dinge. (Pause)
Diese Person mag eine wichtige Rolle in Ihrem Leben spielen (zum Beispiel Ehepartner, Kinder, Eltern, Vorgesetzter, Mitarbeiter) …oder aber auch eine kleinere Rolle, (zum Beispiel Nachbarn, Bekannte, Schwägerin …).»
Wenn alle so weit sind und ihre Person vor Augen haben, dann frage ich, wer als Erster drankommen möchte, und bereite zwei Stühle vor:
Wer dran ist, beginnt auf dem Stuhl A seinen schwierigen Anderen zu beschreiben (zum Beispiel «arrogante Art, lässt einen kaum zu Wort kommen, weiß alles besser, hat wahrscheinlich ein schwaches Selbstbewusstsein» usw.). Während die
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