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Mithgar 11 - Die kalten Schatten

Mithgar 11 - Die kalten Schatten

Titel: Mithgar 11 - Die kalten Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis L. McKIernan
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Gesicht mit der Hand ab und blinzelte wässrige Tränen fort. Der Lökh stellte zwei Eimer auf den Boden vor der Zellentür, dann machte er kehrt und ging den Weg zurück, den er gekommen war, schlug die Gitter zu und schloss die Eisentür.
    Während noch grelle Nachbilder vor ihren Augen tanzten, tastete sich Laurelin zu den Gitterstäben und streckte den Arm hindurch, bis sie einen der Eimer fand. Er enthielt Wasser, und sie trank durstig mit Hilfe des Bechers, den sie auf dem Boden des Eimers entdeckte. Und auch wenn das Wasser nach Schwefel schmeckte, erschien es ihr süß. Sie tastete weiter auf dem fauligen Stroh kniend umher, bis sie das zweite Holzgefäß fand, und als sie hineinlangte, entdeckte sie ein Stück altbackenes Brot. Sie legte den Brocken in die Beuge ihres gebrochenen Arms und griff noch einmal in den Eimer, aber schnell riss sie die Hand mit einem erschrockenen Laut zurück, denn etwas Nasses mit kleinen Klauen war darüber gehuscht. Laurelin setzte sich auf den Steinsockel, aß das grobkörnige Brot und lauschte einem fernen Tropfgeräusch von Wasser, das durch die Schwärze hallte. Die Prinzessin wusste nicht, wie lange sie geschlafen, noch was sie geweckt hatte. Sie richtete sich auf ihrem Steinsockel auf und lauschte angestrengt ins Dunkel. Etwas hatte sich verändert. Sie konnte nicht sagen, was es war, aber ihr Herz raste, und die Angst drang ihr bis ins Mark. Sie drückte sich an die Steinwand in ihrem Rücken, hielt den Atem an und versuchte zu erfühlen, was sie nicht sehen konnte. Und allmählich gewann sie die Überzeugung, dass sich ein riesiges Ungeheuer in der Finsternis an ihren Käfig presste und mit langen Armen durch die Stäbe griff, um sie zu packen. Sie zog die Beine an und machte sich so klein wie möglich, um dem Griff zu entgehen, und sie dachte an die zersplitterten Knochen, mit denen der Boden vor der Zellentür übersät war. Ihre Kehle war trocken, und sie hatte Durst, aber sie trank nicht, denn dort, wo der Eimer stand, lauerte auch der Schrecken.
    Als der Wärter das nächste Mal kam, wartete Laurelin, bis das sich nähernde Licht den Gang schwach beleuchtete und ihn leer zeigte, und dann stürzte sie an die Stäbe und blieb dort stehen. Wieder schmerzte sie das Fackellicht, aber sie kniff die Augen zusammen und drehte das Gesicht zur Seite. In dem Augenblick, in dem der Lökh die beiden Eimer absetzte, ergriff Laurelin den Becher auf dem Eimerboden und trank gierig - zwei Becher, drei, vier: Sie zwang das Wasser in sich hinein, während der Lökh sie höhnisch ansah und etwas von »Schtuga!« schnaubte. Laurelin schnappte sich das Brot und zwei Rüben aus dem anderen Gefäß, während sie das Fleisch liegen ließ, schöpfte noch einen Becher Wasser aus dem Eimer und ging zurück zu dem Steinsockel. Der Lökh nahm die beiden ersten Holzbehälter und ließ die neuen ste hen, und dann marschierte er unter rauem Gelächter den Gang zurück. Laurelin aber saß mit hochgezogenen Beinen und dem Rücken an der Wand auf ihrem Stein, neben sich einen vollen Becher Wasser, und aß Brot und Rüben. Und sie dachte: So, du Ungeheuer aus dem Dunkel, falls du tatsächlich da draußen bist, mein Essen und Trinken hab ich hier bei mir, und es steht nicht vor deinen Füßen.
    Während der nächsten »Tage« lebte Laurelin an der Rückwand der Zelle; sie verbrachte viel Zeit auf dem Steinsockel, doch häufig ging sie auch in die eine oder andere Ecke, um sich Bewegung zu verschaffen oder anderer Bedürfnisse wegen. Und jedes Mal, wenn der Wärter kam, trat sie an die Gitterstäbe, sobald das sich nähernde Licht erkennen ließ, dass der Korridor leer war. Dann schüttete sie Wasser in sich hinein und griff sich ihr Essen, ehe der Lökh mit seiner Fackel wieder verschwunden war. Immer wieder spürte Laurelin die finstere Erscheinung vor ihrer Zelle, und dann blieb sie auf dem Steinsockel. Zu anderen Zeiten jedoch schien der Gang leer zu sein, und dann lief sie an der Rückwand hin und her.
    Zwar verfügte sie über keine sichere Methode, die Zeit zu bestimmen, doch sie glaubte, dass der Lökh sie nur einmal am »Tag« besuchte, um Essen und Trinken zu bringen. Diese »Tage« zählte sie, indem sie mit dem Daumennagel eine Kerbe in das Holz ihrer Armschiene ritzte, die ein kleines Stück aus dem Verband ragte. Sie hatte fünf solcher Kerben gemacht, als sie das Rasseln der Türen hörte und der Schein einer Fackel von den Wänden des Durchgangs reflektiert wurde. Es war aber noch keinen

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