Mithgar 11 - Die kalten Schatten
Gildor seine Begleiter zu Stille, und Brega schloss die Laterne. Die rote Flamme von Wehe wuchs an, und sie hörten, wie sich Rukhs näherten.
Sie schlüpften seitlich in eine Ritze und versteckten sich tief in ihrem Dunkel. Wehe wurde in die Scheide gesteckt, damit sein roter Schein sie nicht verriet; dann warteten sie.
Nun hörten sie Stimmen in der widerwärtigen Slük-Sprache reden, und lauter klang das Trampeln von Füßen und das Klirren der Waffen. Fackelschein näherte sich und passierte die Mündung der Ritze. Tuck schlug das Herz bis zum Hals. Und einer der Rukhs kam mit einer brennenden Fackel, um die Spalte abzusuchen!
Tief hinten im Dunkel des Felsspalts, und noch unentdeckt vom Rukh, griff Tuck nach einem Pfeil, doch ehe er ihn an die Sehne legen konnte, strich ein Hieb des schrecklichen Graus über sie alle hinweg, die Rukhs stießen Angstschreie aus, und der eine, der die Ritze absuchte, kreischte auf, ließ die Fackel fallen und hielt sich entsetzt die Ohren zu. Und dann war die Woge des Schreckens vorübergerollt, der Rukh hob die Fackel schnell wieder auf und rannte zurück zu den anderen, ohne weiter in der Spalte nachzusehen.
Ein zähnefletschender Hlök schlug mit einer Peitsche auf die Rukhs ein und trieb sie erneut zur Jagd. Doch sie waren bereits an dem Spalt vorbeigezogen, der die vier verbarg, und deshalb entdeckte die Truppe sie nicht, obwohl sie auf ihrem Weg alle anderen Ritzen absuchten, bis ihr Fackellicht in der Ferne verschwand.
»Der Graus hat seine eigene Suche durchkreuzt«, flüsterte Tuck, dessen Hände noch immer zitterten. »Doch es überrascht mich, dass seine Kraft auch die Rukhs überwältigt.«
»Gegen die Angst, die er verbreitet, ist niemand gefeit«, sagte Gildor, »vielleicht nicht einmal Modru selbst.«
»Lasst uns gehen, bevor noch weiteres Gezücht hier vorbeikommt«, drängte Brega. Gildor zog Wehe, und sie beobachteten, wie das Licht des Klingenjuwels verblasste, denn der Trupp der Rukhs war weitergezogen, außer Sichtweite. Rasch liefen die vier aus der Felsspalte hinaus und setzten ihren Weg nach Osten fort, und bald kamen sie zu einer weiteren riesigen Höhle, über deren Boden rechteckige Steinblöcke verteilt lagen.
Brega deutete auf einen der Würfel. »Das hier nenne ich den Ruhesaal, denn ich glaube, die Beine des Waeran werden müde, und wir können zwischen diesen Steinsesseln ruhen und uns hinter ihnen verstecken, falls ein Suchtrupp kommt.«
»Ein guter Vorschlag, Krieger Brega«, sagte Galen und setzte sich mit dem Rücken an einem Stein auf den Boden, »denn mir schwant, auf dem nächsten Abschnitt werden wir schnell auf den Beinen sein müssen und sollten deshalb ausgeruht sein.«
Und so saßen sie im Ruhesaal, aßen Mian und tranken Wasser, während Wehe stumm Wache hielt und ihre Herzen vor Angst heftig klopften.
Nach Bregas Messung waren sie seit der Dämmertür neununddreißig Meilen marschiert und hatten lediglich sechs Stunden in der Bodenkammer geschlafen und nicht mehr als eine Stunde an ihren anderen Rastplätzen geruht. Völlig erschöpft blieben sie vielleicht eine weitere Stunde im Ruhesaal sitzen, um Kraft für den letzten Vorstoß zum Morgentor zu sammeln, das nach Gildors Schätzung weniger als zehn Meilen östlich lag.
Ein neuerlicher Angsthieb ließ sie aufspringen, und sie blieben in bitterer Besorgnis stehen, als es vorbei war.
»O weh!«, stöhnte Brega. »Wir müssen hinaus.«
»Lasst uns sofort gehen«, sagte Gildor und griff nach Wehe, »denn zu warten hieße, das Unglück herauszufordern.«
»Tuck?«, erkundigte sich Galen, und als der Bokker nickte, schleppten sie sich auf müden Beinen weiter.
Aufwärts führte der Gang, sanft ansteigend schwenkte er bald nach links, bald nach rechts. Wehes Klingenjuwel flackerte schwach rubinrot, die Warnung vor einer noch fernen Gefahr, der die vier allerdings mit jedem Schritt näher kamen. Schnell marschierten sie zwischen senkrechten Wänden und unter einem gewölbten Dach. Auf ihrem Weg kamen die Grubengänger an tief in die Wände gemeißelten Runen vorbei, doch sie nahmen sich nicht die Zeit, die alten Botschaften zu lesen. Lange liefen sie, beinahe zwei Stunden, und sie sahen zu beiden Seiten keine Aus- oder Eingänge; auch gab es keine Spalten, nur glatte Wände. Und weiterhin führte der Weg kurvenreich nach oben. Schließlich erreichten sie eine gewaltige Höhle, deren Ende sich in schwarzer Leere verlor. Wehe schrie nun heraus, dass das Böse in der Nähe
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