Mithgar 12 - Der schwaerzeste Tag
bald nach dem Mahl schliefen alle außer den Wachhabenden rasch ein, denn sie waren an die Strapazen eines valonischen Langritts nicht gewöhnt und freuten sich schon sehr auf ihre bequemen Schlafsäcke, die sie auf der harten, gefrorenen Erde ausrollten.
Der nächste Dunkeltag verlief ganz ähnlich wie der vorherige; endlose Meilen zogen sie durch die kalte Weite, die Hufe der Pferde hämmerten im leichten Galopp oder im schnellen Trab, sie klapperten im langsamen Trab und im Schritt, denn um die Pferde zu schonen, wechselte Vidron die Gangart, und hin und wieder hielten sie an, um die Tiere zu füttern und zu tränken und um sich selbst die Beine zu vertreten oder anderen Bedürfnissen nachzugehen. Doch selbst während die Pferde aus ihren Futtersäcken Getreide fraßen, führten die Männer sie gelegentlich am Zügel weiter, immer ihrem Ziel entgegen.
£s war schon spät, als sie an der Kreuzung des Wendenwegs mit dem Tineweg ein Lager aufschlugen. Sie hatten das Untertal erreicht, und am nächsten Tag würden sie die Sieben Täler verlassen.
Zur Mitte des dritten Dunkeltags kam die zwei Meilen lange Kolonne zum Dornwall an der Tinefurt. Doch siehe da, dieser Übergang wurde von Dorngängern bewacht! »Ja«, sagte ihr Hauptmann, »sie kamen zuhauf, aber wir haben uns einfach im Dornenring versteckt, und wenn die Ghule weg waren, haben wir unsere Wachposten wieder bezogen und die Dornensperren an ihren Platz geschoben. Ich glaube, irgendwann haben sie es dann satt bekommen, den Tunnel aufzustöpseln, denn sie waren eine ganze Weile nicht da.«
Danner und Patrel schüttelten bewundernd den Kopf über das nüchterne Beharren dieser zähen Kompanie aus dem Untertal, und sie dachten, wenn die anderen Dorngängerkompanien nur dieselbe Taktik angewandt hätten, würden nun alle anderen Übergänge in die Sieben Täler ebenfalls von Dorngängern bewacht werden. Sie ahnten nicht, als sie durch den Dornentunnel und über den zugefrorenen Spindel ritten und den Dornwall hinter sich ließen, um ins Land Harth zu kommen, dass just zur gleichen Zeit weit oben im Norden die Vorhut der Horde aus der Feste Challerain durch den aufgegebenen Nordwaldtunnel ins nördlichste der Sieben Täler marschierte. Und rund dreißig Meilen dahinter schwärmte die endlose Horde über die südlichen Ebenen von Rian, und sie marschierte zum Takt einer großen Rukhentrommel: Bum! Bunt! Bum! Bum!
Spät am selben Tag schlug die Kolonne der Wellener ihr Lager an der Stelle auf, wo der Tineweg in die Poststraße mündete, rund hundertzwanzig Meilen südlich von Steinhöhen und den Schlachtenhügeln. Am folgenden Dunkeltag ritt Vidrons Streitmacht in südöstlicher Richtung auf der Poststraße durch die öde Winternacht. Durch die südlichen Weiten von Harth ritten sie im Meilen verschlingenden Tempo eines valonischen Langritts, und hinter ihnen blieben lange Strecken des gefrorenen, schneebedeckten Landes zurück. Rund fünfzig Meilen ritten sie täglich, und die Wurrlinge waren jedes Mal froh, wenn das Lager aufgeschlagen wurde, denn die Ritte ermüdeten sie. Am Anfang hatten ihre Muskeln jeden Tag heftig protestiert, vor allem, wenn sie aufstanden, um zu frühstücken, aber dann waren sie zunehmend unempfindlich gegen die Härten des Langritts geworden, und inzwischen zwickte es sie nur noch gelegentlich. Auch die Pferde gewöhnten sich an die langen Arbeitsstunden, und die wechselnde Gangart erhielt ihre Kraft. Und alle Reiter, einschließlich der Wurrlinge, kümmerten sich darum, dass die Rösser genug Getreide und Wasser bekamen und jeden Abend trocken gerieben wurden, ehe die Krieger ihre eigenen Bedürfnisse stillten. Spät am zweiten Dunkeltag auf der Poststraße lagerte die Kolonne tief in den westlichen Ausläufern des Flusswaldes, einem ausgedehnten Waldgebiet, das sich hundertfünfzig Meilen oder mehr zu beiden Seiten des Flusses Hundertinsel erstreckte. Und einige Meilen voraus, im Herzen des Waldes und am Ufer des Hundertinsel, standen die Ruinen von Luren, einst eine mächtige Handelsstadt, die aber bereits in alter Zeit zerstört wurde: erst von der schrecklichen Schwarzen Pest, die über ganz Mithgar hinwegfegte und nahezu einen von drei Bewohnern dahinraffte; und Jahre später dann verwüstete ein großes Feuer Luren, und diesmal wurde es aufgegeben. Sowohl das Feuer als auch die Pest hatte angeblich Modru geschickt.
Durch die Ruinen ritt der Zug am Tag danach, aber inzwischen heulte der Wind und Schneetreiben trübte die Sicht,
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