Mithgar 12 - Der schwaerzeste Tag
Wächter ohne ein Geräusch nieder und schlagen auf diese Weise Breschen in ihre Postenkette, sodass die Wellener eindringen und ohne Vorwarnung über sie herfallen können.
Dies sind im Wesentlichen meine Überlegungen, Feldmarschall Vidron; ich glaube, nur so können fünfzehnhundert Kämpfer über sechstausend siegen.« Patrel verstummte. Und Merilli, die neben Vidron saß, nickte zustimmend zur vorgeschlagenen Strategie des Bokkers.
Vidron lehnte sich zurück, sein Gesicht drückte Bewunderung aus. »Hoho, Waldan, ich bin froh, dass du nicht mein Feind bist, denn deine Schlachtpläne sind vorzüglich.«
»Mag sein, Feldmarschall«, erwiderte Patrel, »doch nicht ich bin der Stratege in dieser Wurrlingsgruppe; diesen Part spielt Merrili Holt.«
»Ha, mein Mädchen!«, rief Vidron, schlug sich vor Vergnügen auf den Schenkel und drückte die Mamme mit einem Arm an sich. Und Merrili blieb die Luft weg, und die schräg stehenden blauen Augen traten ihr ob der wilden Umarmung des Mannes hervor. Schließlich ließ Vidron sie wieder los, und während Merrili mühsam in eine aufrechte Sitzposition zurückkehrte, fuhr der Feldmarschall fort: »Stratege oder nicht, Hauptmann Patrel, der Plan ist gut, und ich denke genauso. Wir werden diesem Kurs folgen, jedenfalls so lange, bis sich in Wellen weitere Truppen sammeln und uns verstärken.
Doch wir müssen noch vieles besprechen, um unsere Angriffstaktik mit Leben zu erfüllen, denn alles muss glattgehen. Wir müssen die Aufstellung der Kompanien ausarbeiten, die Richtung des Schlages und unseren Rückzug, die Hornsignale, die wir benutzen, und vieles mehr. Ich möchte aber bereits morgen früh bei Tagesanbruch über den Feind herfallen, denn dann werden wir wie eine Wildkatze aus dem Schatten des Passes heraus zuschlagen.« Vidron wandte sich an seine Hauptleute: »Was meint ihr? Wie sollen wir bei diesem Plan weiter vorgehen?« So kam es, dass genaue Pläne ausgearbeitet wurden, den Feind in der Günarring-Schlucht anzugreifen und sich dann in die Wälder zurückzuziehen. Bei diesem ersten Streich würden die Wurrlinge noch keine Rolle spielen, denn Modrus Leute erwarteten keinen Angriff, und ihre Wachen würden dünn gesät und nachlässig sein. Deshalb sollten die Angehörigen des Kleinen Volkes zusammen mit einigen Pferdeknechten im Wald westlich der Ralostraße Schutz suchen und auf die Packpferde aufpassen. Bei den folgenden Angriffen jedoch würden die Wurrlinge vorangehen. Der Rat tagte bis nach Mitternacht, zuletzt aber wurden die Pläne beschlossen und die entsprechenden Befehle herausgegeben. Im Morgengrauen würden die Wellener die Streitmacht in der Günarring-Schlucht angreifen.
Es war noch dunkel, als die Kolonne im Wald aufbrach und auf der Ralostraße nach Südosten zog: dunkle Gestalten in der schwindenden Sternennacht, die sich aus dem Schutz der Bäume auf die Schlucht zubewegten. Und die Wurrlinge standen am Waldrand und sahen den abrückenden Angreifern nach. Und als der Letzte vorbeigeritten war, machte das Kleine Volk kehrt und verschwand zwischen den Bäumen, und hinter ihnen verhallte im Süden der Klang der Hufe, während der Himmel im Osten graute.
Vidron ritt an der Spitze, und hinter ihm kam seine gesamte Streitmacht bis auf jene, die im Wald zurückgeblieben waren. Der Feldmarschall mühte sich, durch die vormorgendliche Dunkelheit zu spähen und die Wächter am Ende der Schlucht zu erkennen. In das enge Tal hinein ritten die Fünfzehnhundert, und sie hielten Lanzen und Säbel bereit. Der Himmel im Osten hellte sich auf, während sie im schützenden Dunkel der Schlucht weitereilten.
Als die Sonne den Rand der Welt küsste, konnten die Krieger rund eine Meile voraus erkennen, wo die Schlucht endete. Und dort teilte sich die Ralostraße: Nach links, in östlicher Richtung, lief sie als Reichsstraße weiter, Hunderte von Meilen weit über die Ebenen von Valon, um schließlich in Vanar zu enden, der Stadt in der Mitte des Landes, wo König Manor seinen Thron hatte; nach rechts zweigte die Pendwyrstraße ab, die fast neunhundert Meilen weit bis nach Caer Pendwyr verlief, wo die Hochkönige von Mithgar residierten.
Doch Vidron richtete den Blick nicht auf die Straßenkreuzung und auch nicht auf sein Heimatland dahinter. Vielmehr schaute er auf eine mächtige Reitertruppe, auf Krieger, die auf ihren Pferden saßen, als wohnten sie irgendeiner Zeremonie bei. Und ihre Wimpel waren zwar entfaltet, aber kein Wind blies, und deshalb konnte Vidron
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