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Mithgar 12 - Der schwaerzeste Tag

Titel: Mithgar 12 - Der schwaerzeste Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis L. McKiernan
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die einzige Tageszeit, zu der die Sonnenscheibe schwach durch den Dusterschlund zu erkennen war, und selbst das nur, wenn man genau wusste, wohin man blicken musste.
    Nun also stand die Himmelskugel schattenhaft verschwommen in ihrem winterlichen Zenit. Und Hochkönig Galen, Aurions Sohn, ritt auf Sturmwind und schaute hoch am südlichen Himmel auf das schemenhafte Rund, während hinter ihm die fünftausend Krieger seiner Legion bewegungslos verharrten. Und während er zu der schattenbleichen Scheibe blickte, wusste Galen, dass in nur zwei Tagen, zu genau dieser Stunde, der Mond die Sonne verschlingen und der Schwärzeste Tag gekommen sein würde, und mit ihm das größte Übel.
    Galen ließ seinen Blick sinken und betrachtete die dunkle Festung, die im Osten vor ihm stand. Massiv war sie, furchterregend, und umgeben von einem tiefen Abgrund, der in eine bodenlose Schwärze stürzte. Die mächtige Eisenbrücke war hochgezogen und ruhte an glatten Wänden aus schwarzen Steinblöcken, die von Zinnen gekrönt wa-
    ren. Und oben, in der Mitte des höchsten Turms, flatterte das Banner des Sonnentodes: ein scharlachroter Feuerring auf schwarzem Grund. Und mehr denn je erschien das Zeichen des Sonnentodes nun wie ein schreckliches Omen. Galen holte tief Luft, und sein Blick suchte die Brustwehren nach einer Schwachstelle ab, nach einer Möglichkeit, einzudringen, einem wunden Punkt, mit dessen Hilfe die Bastion zu bezwingen war. Denn die Legion stand nun vor ihrem Ziel.
    Endlich hatte sie Modrus Festung erreicht, den furchtbaren Eisernen Turm.

VIERTES KAPITEL
     
    Der Eiserne Turm
     
    Die Dunkeltage, die auf Vanidors Martertod folgten, waren Tage des Schmerzes für Prinzessin Laurelin gewesen. Doch jedes Mal, wenn sie im Geiste in die schwarze Erinnerung an jene endlosen Augenblicke hoch oben in Modrus Turm stolperte - in die Erinnerung an die gezischten Fragen, das Klacken, wenn der Troll am Rad der Streckbank drehte, und die heiseren Todesschreie -, sooft sie also zu jener Zeit des Grauens zurückkehrte, leitete die Vision einer goldenen Elfe die Prinzessin an Schmerz und Entsetzen vorbei in ein stilles Reich der Trauer: Und Laurelin trauerte zwar, aber ihr Verstand fiel nicht mehr in Erstarrung, ihr Herz tauchte nicht länger in Eis, und ihre Seele floh nicht durch ein endloses Labyrinth der Verzweiflung. Stattdessen weinte sie um Vanidor und die Hoffnung, die er verkörpert hatte, und durch ihre Tränen begann ihr Geist zu heilen. Auch wenn sie weiter in den Händen des Feindes blieb, so hatte sein Wille den ihren nicht gebrochen. Und langsam kehrte sie von jenem Ort, an dem es keine Hoffnung gab, zurück ins Reich der Wirklichkeit, und sie begann ihre Umgebung wahrzunehmen.
    Die Kammer, in der Laurelin festgehalten wurde, lag an einem Hauptkorridor des Eisernen Turms, und durch die massive Tür hörte sie hin und wieder gezischelte Gesprächsfetzen, wenn welche vom Gezücht draußen in Verfolgung ihrer schändlichen Geschäfte vorbeigingen. Oft unterhielten sie sich in der Slük-Sprache, und die Prinzessin verstand das widerliche, kehlige Gesabber nicht; gelegentlich aber benutzten sie auch eine minderwertige Form der Gemeinsprache, und dann konnte sie sich das eine oder andere zu sammenreimen. Doch erfuhr sie wenig aus diesen Gesprächen, denn sie bestanden hauptsächlich aus Flüchen, Drohungen und Beleidigungen, die sich Modrus Handlanger untereinander an den Kopf warfen.
    Der eklige Rukh, der ihr mürrisch Essen und Trinken brachte und sich um ihr Feuer kümmerte, war ebenfalls keine Nachrichtenquelle, denn er besaß keine Zunge und sprach nicht, außer, dass er sie anfauchte. Wenn er zu ihr kam, um seine Arbeiten zu erledigen, schlich er lüstern blickend umher und folgte jeder ihrer Bewegungen mit den Augen, und Laurelin war jedes Mal, wenn seine kleine Gestalt durch die Tür huschte, so angewidert von der abscheulichen Kreatur, dass sie sich große Mühe gab, ihn zu übersehen.
    Dennoch erfuhr die Prinzessin einiges über den Fortgang des Krieges - und sie erfuhr es von dem Großen Bösen selbst:
    Keine achtundvierzig Stunden nach Vanidors Tod hallte Modrus schrilles Wutgeschrei durch den Turm, und im Gang vor Laurelins Tür waren die schnellen Schritte fliehender Lakaien zu hören. Und der dreckige kleine Rukh, der die Prinzessin bediente, huschte zur Tür herein und schlug sie hinter sich zu.
    Nachdem er sein zungenloses Fauchen an Laurelin gerichtet hatte, presste er ein Ohr gegen die Pforte und lauschte

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