Mithgar 13 - Zwergenzorn
steuerten das plumpe Gefährt so genau in die Mitte, wie es ihnen möglich war, und zogen die Ruder dann ein. Kian rief ihnen »Festhalten!« zu, und das Floß schoss in den tosenden Spalt.
Der Lärm in der Rinne ließ Perrys zierliche Gestalt erbeben, denn das ohrenbetäubende Tosen der Wassermassen hallte zwischen den hohen Felswänden hin und her. Die Fluten schwappten gegen verborgene Hindernisse und schlugen gegen riesige Felsen, nur um wieder in das Flussbett zurückzustürzen und gleich darauf auf das nächste Hindernis zu prallen und das nächste und so fort. Inmitten der schaumigen Wellenberge war das Floß. Mitten im Strom drehte es sich ganz langsam und jenseits der Herrschaft durch die beiden Ruder.
Perry und die anderen hielten sich krampfhaft am Aufbau für die Fracht fest, während ihr Gefährt über tosende Wellen schoss. Das kalte Flusswasser spritzte immer wieder durch die Spalten zwischen den Holzstämmen und durchnässte sie alle bis auf die Haut.
Wieder und wieder wurde das Floß in die Höhe gehoben, wo es kurz innehielt, um dann wieder ins Wasser zu fallen. Perry hielt bei jedem Fall den Atem an. Sie alle wurden jedes Mal ordentlich durchgeschüttelt, und einmal ging Perry sogar in die Knie, aber er hielt sich mit beiden Händen fest und kam vor dem nächsten Fall wieder hoch. Das sich drehende Floß raste flussabwärts und einer Stelle entgegen, wo sich die Wände der Schlucht verengten. Als Perry diese Gasse rasch näher kommen sah, stellte er sich für einen kurzen Moment vor, wie die Klippen immer enger zusammenrückten, um die unbedeutenden Eindringlinge zu zerquetschen. Doch dann schossen sie auf einer Welle in den Engpass hinein und eine lange Rampe hinunter in ein tiefes Wellental.
Plötzlich wichen die Wände wieder zurück, während sich der Flusslauf verbreiterte. Aus dem donnernden Tosen wurde ein Grollen, und die Wellen wurden flacher und gingen in ein gleichmäßiges Wogen über. Dann trieben sie wieder im breiten, ruhigen Strom, der sich durch ruhiges, braunes Waldland wand, und der Lärm war nur noch ein verhallendes Echo hinter ihnen.
»Puh!«, rief Perry, dem seine Stimme in der neuerlichen Stille unnatürlich laut vorkam. »Was für eine Fahrt! Es war so laut, dass ich meine eigenen Gedanken nicht mehr verstehen konnte.«
»Aye, Freund Perry«, stimmte Delk zu, »das könnte möglicherweise die lauteste Stelle in den bekannten Königreichen sein.« Er bohrte sich mit dem kleinen Finger im Ohr und schluckte in dem Versuch, sein volles Hörvermögen wieder herzustellen.
»Das könnte man meinen«, sagte Kian, während er die Plane losband, damit sich alle etwas Trockenes anziehen konnten, »aber hier am Fluss gibt es eine noch lautere Stelle: die Bellon-Fälle, den großen Wasserfall im Süden. Dort ist das Tosen des über den Hohen Abbruch in den Kessel stürzenden Wassers noch lauter. Der Lärm dort dröhnt einem nicht nur in den Ohren, sondern erschüttert das ganze Wesen bis ins Mark. Ja, die Schnellen sind laut – aber die Fälle sind ohrenbetäubend.«
Anval und Borin grunzten zustimmend, denn sie waren schon zweimal über die Übertreppe gegangen, einem alten Transportweg über den Hohen Abbruch, auf dem man die Bellon-Fälle umging. Dort konnte man auch – fünf Meilen weiter westlich – die silbernen Vanil-Fälle sehen, wo der Nith den Hohen Abbruch herab stürzte, um sich mit dem gewaltigen Argon zu vereinen.
Spät am Nachmittag landeten Barak und Delk das Floß am Westufer an, und der Trupp ging endgültig an Land. Es war der Sonnenuntergang des vierten Reisetags, und sie hatten die Hochebene oberhalb Darda Galions erreicht. Die Neige, das Morgentor und Drimmenheim lagen direkt im Westen. Ein Marsch von fünf Tagen würde die Sieben vor den Osteingang Kraggencors bringen.
17
Auf der Hochebene
Als der Trupp an jenem Abend am Lagerfeuer saß und gemeinsam zu Abend aß, verkündete Kian: »Jetzt kommt das lange Warten. Wir müssen hier sechs volle Tage verweilen und uns am siebten auf den Weg nach Westen machen, um Dureks Plan zu erfüllen. Sobald wir uns auf den Weg nach Westen machen, werden keine Feuer mehr angezündet. Doch hier in dieser unbewohnten Gegend sind wir noch weit nördlich des normalen Operationsgebietes der Räuber. Denn wie ich schon sagte, quälen die Yrm die Leute in den Gebieten südlich von Darda Galion, den Hohen Abbruch entlang und weiter bis ins Nordreich von Valon, und sie schlagen südöstlich am Argon oberhalb und
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