Mithgar 15 - Drachenbann
zugefroren war, und näherte sich einem kleinen Baumbestand in einer Kurve der Bergflanke. Zuerst schnitt sie einen schmalen Stock zurecht, schärfte ihn und kerbte ihn ein; dann schlug sie mit ihrem Eishammer ein Loch in die gefrorene Erde am Fuß einer kleinen Kiefer. Sie schnitt einen zweiten Pflock zurecht, den Auslöser. Dann flocht sie die Schnur zu einer Schlinge, bog den kleinen Baum herunter, befestigte sie an seiner Spitze und verknotete das andere Ende an dem Auslöser, den sie wiederum mit einem kurzen Seil am Haltepflock befestigte. In die ausgebreitete Schlinge legte sie ein Stück von dem Brot. Anschließend bedeckte sie die Schlinge und die Schnüre mit Schnee, um die Falle zu verbergen. Den Köder ließ sie offen liegen.
Nachdem sie zu Riatha zurückgekehrt war, legte sich die Damman auf die Kiefernzweige, die Riatha geschnitten und zu einem Bett drapiert hatte. »Die Falle ist gestellt, Riatha«, sagte sie. »Vielleicht haben wir ja morgen früh etwas gefangen. Ich hoffe es jedenfalls, denn ich bin hungrig.«
Riathas Antwort aber hörte Faeril schon nicht mehr, denn, müde bis auf die Knochen, wie sie war, schlief sie sofort ein.
Es war bereits hell, als Riatha Faeril weckte. Sie hatte ein kleines, rauchloses Feuer entzündet. Die Elfe reichte der Damman einige Wurzeln. »Hier, Faeril, das sind Tannenwurzeln. Sie schmecken vielleicht ein wenig bitter, sind aber sehr nahrhaft.« Riatha biss von ihrer Wurzel ab.
Faeril setzte sich auf. »Meine Falle …«
Die Damman wollte aufstehen, aber Riatha winkte sie zurück. Sie deutete auf den Pflock und die Schnüre, die neben ihr im Schnee lagen. »Sie ist zugeschnappt, aber ohne Wild.«
Faeril schüttelte den Kopf. »Dann habe ich das Brot wohl umsonst geopfert, was?«
Riatha lächelte und biss erneut von der Wurzel ab, während sie ihren Dolch über der kleinen Flamme erhitzte. Anschließend nahm sie Schnee, legte ihn auf die Klinge und ließ das Schmelzwasser in ihre Wasserschläuche tropfen. »Nein«, sagte die Elfe. »Eure Mühe war nicht ganz umsonst, denn als ich nach der Falle sah, entdeckte ich den Tannenbusch.«
»Habt Ihr gesehen, was die Falle ausgelöst hat?«
»Ich fand Spuren einer Wühlmaus. Sie kam von unten und hat den Köder geschluckt. Die Falle ist über ihr hochgeschnellt.«
Faeril schüttelte den Kopf. »Eine schlaue Wühlmaus.« Die Damman biss von ihrer Wurzel ab, verzog ihr Gesicht, kniff die Augen zu und presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Nach einem Augenblick kaute sie jedoch und schluckte. »Puhl«, rief sie dann. »Bitter stimmt tatsächlich.« Sie biss noch einmal ab.
»Sagt«, würgte sie dann hervor, »Ihr habt mich nicht geweckt, damit ich die Wache übernehme!«
Die Elfe hielt noch immer die Schneide des Dolches ins Feuer. »Ihr brauchtet den Schlaf, Kleine, und ich kann ruhen und trotzdem wachen.«
Faeril wusste, dass Riatha auf das angeborene Talent der Elfen anspielte, die ihre Gedanken in angenehmen Erinnerungen ruhen lassen konnten, und die eine solche Meditation beinahe ebenso erfrischte, als hätten sie tatsächlich geschlafen. Allerdings wusste die Damman auch, dass Elfen irgendwann richtig schlafen mussten, denn auch eine friedliche Meditation konnte nicht alle Erfordernisse des Körpers, des Verstandes und der Seele befriedigen.
Riatha und Faeril aßen die Wurzeln auf, da sie nicht wussten, was an diesem Tag noch auf sie warten mochte. Vom Hunger geschwächte Krieger jedenfalls hatten keine Ausdauer. Außerdem setzten sie darauf, dass sie mit ihrer Geschicklichkeit unterwegs noch Gelegenheit haben würden, Wild zu erjagen.
Riatha hatte die Wasserschläuche schließlich gefüllt und reichte Faeril den ihren. »Gehen wir, Kleine. Es ist Tag, und die Rüpt werden sich längst in ihre Höhlen verkrochen haben.«
Sie marschierten weiter, folgten der breiten Spur über den leicht abfallenden Hang etwa eine Stunde lang. Der Wald um sie herum wurde allmählich dichter; es waren hauptsächlich Nordkiefern, hier und da wuchsen jedoch auch Stechginster und andere niedrige Nadelbüsche. Unterwegs markierte Faeril den Weg für Gwylly und Aravan, und auch für Urus, falls er überlebte. Riatha machte ebenfalls ab und zu Pause, um Wurzeln, Kiefernnüsse, Zapfen und dergleichen zu sammeln; außerdem entdeckte sie noch einen Tannenbusch und grub die Wurzel mit ihrer Eishacke aus. Zudem entdeckte sie eine essbare, gelbliche Flechte unter einem Felsüberhang, die sie mit ihrem Dolch abkratzte.
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