Mithgar 15 - Drachenbann
die Taten von uns Elfen Auswirkungen auf das Leben jener Sterblichen haben.
Diese Wechselwirkung ist es - von Elf auf Sterblichen und umgekehrt -, die ich dich bitte zu bedenken, Riatha. Denn du wirst nun nach Mithgar hinübergehen, in die Welt der Sterblichen. Dort wirst du zum ersten Mal diesen Sterblichen begegnen. Und du wirst sie sowohl fremdartig als auch unübertrefflich finden.
Woraus sich ein Weiteres ergibt, das bedenkenswert ist: Was bedeutet es, einen sterblichen Bekannten zu haben, einen sterblichen Freund? Was heißt es gar, einen Sterblichen zu lieben? Ob Mann, Wurrling, Zwerg oder andere: Solltest du einen solchen als Freund annehmen, wird er dennoch bald verschwunden sein; solltest du ihn lieben, wirst du dich alsbald um ihn grämen. Und bedenke auch dies: So wie die Eintagsfliege, so wird auch er, solange dieser dein Freund lebt, von seiner Natur getrieben werden. Von einer Natur, die sich vollkommen von unserer unterscheidet. Dennoch: Ist das Grund genug, eine Freundschaft mit Sterblichen zu scheuen?
Selten genug erheben sich sterbliche Wesen über ihre eigenen Grenzen, um einen weiten Blick über den Horizont zu werfen, oder sich auch nur in die fundamentalsten aller Fragen zu versenken: Warum sind wir hier? Was ist unser Zweck? Wie ist die Natur des Schöpfers? Was ist wirklich? Und was ist es nicht? Und wie vermag ich es zu unterscheiden?
Selbst der Allvater, Adon Selbst, sucht nach Antworten, wenngleich seine Fragen sich unendlich von unseren unterscheiden mögen. Er lächelt, wenn wir Ihn einen Gott heißen, und bemerkt darauf nur, dass es welche gibt, die über ihm stehen, so weit, wie Er selbst über der Eintagsfliege steht.
Also frage ich dich: Wie kann das sein?
Vielleicht, Tochter, ist dies die bedeutsamste Frage von allen, eine Frage, die man an überhaupt alles richten kann: Wie kann das sein?
Da wir jedoch sind, was wir sind, verfügen wir vielleicht über genug Zeit, nicht nur über diese Dinge nachzugrübeln, sondern am Ende auch die ein oder andere Antwort zu finden.
Selbst wenn es uns nicht gelingt, diese grundlegenden Wahrheiten zu enthüllen, scheint allein das Streben nach Antworten achtbar zu sein.
Und bedenke auch dies: Wir glauben, dass Elwydd die Elfen zuerst erschaffen hat, auch wenn Sie es uns nicht verraten will.
Aber dies wissen wir: Wir haben lange allein auf Adons Welten gelebt, ohne die Gegenwart einer anderen Rasse. In dieser Zeit, dieser sehr, sehr langen Zeit, haben wir vieles Große bewerkstelligt. Wir haben Kriege geführt, uns endlosen Vergnügungen hingegeben, wir haben Herrschaft gesucht, Macht, Ruhm … und all das auch erreicht, alles ohne Ausnahme. Und ebenso wahr ist, dass all dies fruchtlos war, eitel. Und es verwandelte sich zu Asche in unserem Mund, noch während wir den Erfolg kosteten. In unserer Gier suchten wir die absolute Macht in unserer Sphäre zu erringen, über das Land, das Meer, die Luft, über alle lebenden Wesen; und sogar über andere von unserer Art. Ja, wir strebten nach der endgültigen Macht, nur um am Ende festzustellen, dass dies ein wertloser Ehrgeiz ist, hohl und leer, sobald man ihn erreicht hat.
Danach strebten wir nach Frieden, Einsamkeit, bescheidenen Freuden, Wahrheit und Schönheit. Diese Dinge hatten wir auf unserer Suche nach Macht lange unbeachtet gelassen, doch am Ende fanden wir heraus, dass allein dies die Dinge sind, die Bestand und Bedeutung haben. Deshalb ist es auch das, wonach wir jetzt streben, dies und unser Bemühen, die Kreaturen Adons zu leiten und zu schützen.
Kann es sein, dass uns Elwydd diese vielen langen Jahre auf der Welt geschenkt hat, damit wir dies selbst herausfänden? Dass Sie uns Zeit gewährte zu wachsen, zu reifen, und einen besseren Weg durch das Leben zu finden?
Vielleicht ist es das, denn erst nachdem wir diesen letzteren Kurs unwiderruflich beschritten, schuf sie die anderen Spezies: Utruni, Drimma, Waerlinga, Menschen und die Verborgenen. Dadurch, dass Sie diese Kreaturen erst erschuf, nachdem wir unseren Weg gefunden haben, hat Sie jene vor unseren grausamen Exzessen bewahrt, denen wir uns in dieser Zeit hingaben, in der wir es nicht besser wussten.
Angesichts all dessen, was wir jetzt jedoch wissen oder gefolgert haben, scheint uns dieses als wahr: Es ist unsere Rasse, welche die anderen von Eitelkeit und Gier und Machtstreben wegführen soll, fort von jenen leeren und gefährlichen und unfruchtbaren Orten, die wir zu unserem Kummer bereits hinlänglich durchschritten
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