Mithgar 15 - Drachenbann
jedoch waren grün, er selbst wirkte groß und schlank und trug eine graue, eng anliegende Hose und ein ebensolches Wams.
Aravan feierte in jener Nacht mit seinesgleichen. Es war lange Jahre her, seit er an den Hof gekommen war. Auch wenn er an jenem Abend Freude fand, verschwand der gequälte Ausdruck dennoch nicht aus seinen blauen Augen.
Am nächsten Tag wurde ihm die Audienz bei Dara Rael gewährt. Aravan und die Gefährtin des Alor saßen am Ufer des Tumbel und sahen zu, wie sein Wasser durch den Arden-Spalt schoss, und sprachen über die Weissagung.
»Dara, Eure Worte legen nahe, dass die Klinge des Morgengrauens in Adonar zu finden ist.«
»Nein, Alor Aravan. Die Vision spricht nur von einem Silbernen Schwert; sie nennt es nicht die Klinge des Morgengrauens. Dennoch denke ich, dass Ihr recht haben könntet, denn welche andere Klinge sollte schon aus Adonar hierher gebracht werden?«
Aravan blickte auf das reißende Wasser, das über Felsen rauschte. Die Turbulenz des Flusses spiegelte seine eigenen, aufgewühlten Gedanken wider. Dass sich die Klinge des Morgengrauens möglicherweise auf der Hochebene befand, widersprach jeglicher Vernunft.
»Wenn das Schwert in Adonar ist, warum wurde es dann nicht gegen den Hohen Vülk eingesetzt, Gyphon, wofür es doch bestimmt war? Nein, wenn sich die Klinge nicht in Mithgar befindet, dann doch sehr wahrscheinlich in Neddra, bei den Rüpt, denn sie waren es, welche uns überfielen, Galarun ermordeten und flohen. Anschließend war das Schwert verschwunden.«
Rael war von ihrer Weissagung ebenfalls verwirrt. Denn wenngleich sie ihr auch Stimme verliehen hatte, Weissagungen und solche Reden kamen auf eigenes Geheiß und wurden nicht herbeigerufen. Jene, die sie aussprechen, wissen häufig nichts über die Botschaft, die darin liegt.
»Also glaubt Ihr, dass Rucha oder Loka das Schwert stahlen und es aus dieser Welt nach Neddra schafften?«
Aravan stand auf und ging aufgeregt hin und her. »Ich weiß es nicht, Dara. Vielleicht … Ihr Anführer, der Fahle, scheint sich nicht in Mithgar aufzuhalten. Ich habe nach ihm gesucht, und wie ich das getan habe!
Aber wenn das Schwert tatsächlich aus Adonar hierher gebracht werden soll, dann erfordert Eure Weissagung einen Reiter der Unmöglichkeit, denn die Wege zwischen den Ebenen sind blockiert.«
»Nicht ganz, Alor Aravan. Nicht ganz. Die Elfen können nach wie vor nach Adonar gehen.«
Aravan blieb stehen und sah Rael an. »Das können wir, Dara, in der Tat. Wir können nach Adonar gehen, wie die Menschen von dort auch nach Mithgar gelangen können. Aber sobald wir unsere jeweiligen Ziele erreicht haben, kann keiner von uns in die Welt des anderen zurückkehren.
Hört! Als ich Eure Weissagung das erste Mal vernahm, dachte ich, das Schwert könnte von einem Menschen hierher gebracht werden. Doch alle aus Mithgar, die zur Zeit der Großen Scheidung in der Hochwelt lebten, sind lange tot, denn sie waren Sterbliche, und es sind seitdem viertausend Jahreszeiten vergangen. Nein, kein Mensch kann die Klinge des Morgengrauens von jener Welt in diese tragen. Selbst wenn wir dorthin gehen würden, um das Schwert zu holen, könnten wir nicht mehr zurückkehren. Und deshalb, meine Dara, sage ich, dass Eure Weissagung einen Reiter der Unmöglichkeit verlangt.«
Jahrtausende verstrichen, in denen Aravan weiter nach dem Schwert und Galaruns Mörder suchte, jedoch ohne Erfolg.
In der Vierten Ära entbrannte der Winterkrieg. Aravan und eine Abteilung Zwergenkrieger schlichen an der Küste der Aragon-See entlang, krochen durch die Linien der Eindringlinge und gelangten schließlich nach Jugo, wo sie eine kleine Schaluppe stahlen und nach Arbalin segelten. Dort stellte Aravan eine Rumpfmannschaft zusammen und segelte mit ihnen des Nachts in einem kleinen Boot zum Thell-Busen in Pellar.
Aus einer verborgenen Grotte in diesem Meeresbusen tauchte bald die schlanke, schnelle Eroean auf. Denn entgegen den Legenden brannte das Elfenschiff nicht in grünem Hexenfeuer, während es die nächtlichen Meere durchpflügte, bemannt von einer gespenstischen Mannschaft, und war auch nicht von einem Mahlstrom verschluckt worden. Sondern Aravan hatte es in einer entlegenen Grotte verborgen, in die sich niemals jemand verirren würde.
In der Nacht schlüpfte er durch die Patrouillen der Feinde und segelte zurück nach Arbalin, wo er seine Besatzung vervollständigte. Das Elfenschiff mit seiner Mannschaft aus menschlichen Seeleuten und Zwergenkriegern
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