Mithgar 16 - Drachenmacht
ihnen schwangen die massiven Portale der gewaltigen Festung zu.
Faeril drückte sich die Unterarme gegen den Bauch. »Ich fühle mich nicht gut, Gwylly.«
Gwylly, leichenblass im Gesicht, streichelte ihr Haar, während ihm Tränen in die Augen traten. »Ich auch nicht, Liebste. Ich auch nicht.«
»Wenn wir uns hinlegen, vielleicht…«
Sie kletterten auf das Bett.
Nach einiger Zeit öffnete sich die Tür. Ein Wächter kam herein, sah sich kurz um und ging wieder hinaus. Der Emir trat ein und lächelte, als er die blassen, zitternden Wurrlinge auf dem Bett liegen sah. »Nun, habe ich Euch nicht gesagt, dass ich der Meuchelmörder aller Meuchelmörder bin? Offenbar wirkt das Gift bei Elfenkindern genauso wie bei Menschen. Ihr werdet noch vor dem Morgengrauen tot sein.
Na was denn? Habt Ihr etwa meine Geschichte geglaubt, dass Ihr eine Woche Zeit hättet? Meine Güte, seid Ihr aber dumme Kinder!
Ich werde Euch jetzt verlassen, denn ich hasse es, Leiden mit ansehen zu müssen. Und glaubt mir, es wird sehr bald wesentlich schmerzhafter werden, meine Süßen. Dafür dürft ihr schreien, so viel Ihr mögt, denn alle meine Kammern sind schalldicht.
Doch halt, bevor ich gehe …«
Er nahm die kleine, mit blauer Flüssigkeit gefüllte Kristallphiole aus einer seidenen Tasche, trat neben das Bett, und hielt die Phiole hoch, damit die Kleinen sie sahen.
Dann zog er den Korken aus der Phiole, kippte sie langsam und goss die blaue Flüssigkeit auf den Teppich.
Gwylly protestierte krächzend. Seine Worte waren nur noch ein Flüstern, und er bemühte sich, sich aufzurichten, besaß jedoch schon nicht mehr die Kraft dazu.
»Ach, Kind«, sagte der Emir, »mach dir keine Sorgen. Das ist nicht das Gegenmittel. Es ist nur gefärbtes Wasser.
Narren, sage ich! Es gibt überhaupt kein Gegenmittel gegen das Gift, das durch Eure Adern strömt!«
15. Kapitel
BEFREIUNG
Anfang 5E990 (Gegenwart)
Die drei ritten durch die verschlungenen Straßen von Nizari, fort von der Roten Zitadelle, und folgten dem Soldaten, der ihnen den Weg wies. Es war Nacht geworden, und der Soldat trug eine Laterne, obwohl er sie hier - zwischen den erleuchteten Wohnhäusern und Geschäften der Roten Stadt - nicht benötigte. Urus ritt steif hinter ihm; er umklammerte die Zügel so fest, dass seine Knöchel weiß hervortraten, so sehr musste er darum ringen, seinen Zorn zu beherrschen. Riatha ritt schweigend neben ihm, die Lippen vor Grimm fest zusammengepresst. Aravan hing ein wenig zurück. Er knirschte vor Wut mit den Zähnen, und die Muskeln in seiner Wange zuckten. Obwohl sie dem Wachsoldaten folgten, verharrten ihre Gedanken noch in der Zitadelle, wo sich ihre gefangenen und vergifteten Gefährten in den Klauen des Prinzen dieser Stadt befanden, gleichsam als Unterpfand für Stokes Tod. Während sie durch die Straßen ritten, brannten ihre Gedanken vor Wut.
Schließlich erreichten sie das Stadttor. Auf ein Wort ihrer Eskorte hin wurden die Tore geöffnet, und so ritten sie hindurch, an den Wachen vorbei vor die hohen Mauern der Stadt.
Dann wandten sie sich nach Westen, in Richtung der Taläk-Berge. Die Felswände des Passes erhoben sich allmählich um sie herum, stiegen fast zu den Sternen hinauf. Jetzt beleuchtete die schwankende Laterne des Soldaten den felsigen Weg; ihr Schein vertrieb die Schatten in der Dunkelheit.
Sie ritten in den Pass hinein, dessen Pfad kurvig verlief, sich durch den Berg schlängelte, und dessen Flanken hier näher an sie heranrückten, dort wieder zurückwichen. Manchmal standen sie mehr als eine Viertelmeile auseinander, dann wiederum gab es nur einen wenige Schritte breiten Spalt zwischen ihnen. Der stetige Trab ihrer Pferde brachte sie gut voran, und nach nur zwei Stunden hatten sie ihr Ziel erreicht: einen schmalen Spalt, der in südwestlicher Richtung von dem eigentlichen Pass abging.
Der Soldat, der sie führte, zügelte sein Pferd und sah sie mit Augen an, die vor Furcht weit aufgerissen waren, während er darauf wartete, dass Aravan an die Spitze trabte. »Hier entlangführt Euer Weg«, sagte er auf Kabla und deutete auf den Spalt. »Der Ort, den Ihr sucht, liegt mehrere Meilen entfernt am Ende dieses Weges: Es ist eine geschliffene Moschee des falschen Propheten. Hier verlasse ich Euch und überbringe eine Nachricht meines Emirs. Ich verstehe die Bedeutung seiner Worte nicht, aber ich soll sie wörtlich wiederholen: »Vergesst nicht, das Leben Eurer Kinder verrinnt wie Sand in einem
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