Mithgar 16 - Drachenmacht
Misthaufen.«
»Der Gestank ist wirklich überwältigend«, meinte der Bokker ein andermal. »Es kommt mir fast so vor, als würden sie ihren Müll und ihre Abwässer einfach auf die Straße ableiten.«
»Nein, Gwylly«, widersprach Aravan. »Sie verschmutzen stattdessen den Ozean. Das ist eben die Art der Menschen.«
Faeril sah den Elf an. »Das klingt recht grimmig, Aravan. >Das ist die Art der Menschen«
Aravan seufzte. »Aye. Die Menschheit scheint nicht zu wissen, dass auch die Welt selbst zerstört werden kann wie jedes lebende Wesen. Man kann sie ausrauben, vergiften, verbrennen, ertränken, ersticken und auf vielerlei andere Weise zerstören.
Menschen sind sehr einfallsreiche Kreaturen, erfinderisch, und ähneln darin ganz ungemein den Drimma, den Zwergen. Sie schaffen Dinge, die wundervoll anzusehen sind, zerstören dabei aber gleichzeitig das Land.
Seht nur Pendwyr: eine große Stadt voller Wunder, voller reizvoller Erzeugnisse auch, Beweise für den Erfindungsreichtum der Menschen.
Und dann seht Euch den Ozean unter Pendwyr an, vergiftet von den Abfällen der Menschen, von ihrem Müll, ihren Exkrementen; selbst die Steine der Mauern, welche die Stadt beschützen, sind von ihren Fäkalien, ihrem Urin, ihrem Dreck verunreinigt.
Sogar die Luft besudeln sie mit ihren Ausdünstungen, den Abwässern ihrer Erzeugnisse, den Ausflüssen ihrer Brennöfen.
Sie zerstören Wälder, vergiften Gewässer, verseuchen die Luft und vergewaltigen das Land.
Muss das aber so sein? Dass die Menschen die Welt selbst zerstören? Ist es das Schicksal der Menschheit, dass sie in ihrem Müll ersäuft?
Im Nordmeer liegt die Insel Leut, eine gewaltige Insel. Dort lebt eine winzige Kreatur, kaum länger als die Spanne einer Hand, ein Nager, den die Inselbewohner Lernen nennen. In Gemeinsprache heißt man sie Lemming.
Im Frühling vermehren und brüten diese Lemminge wie auch im Sommer. Und ebenso im Herbst. Durch zwei bis fünf Würfe pro Jahr wächst ihre Zahl ins Grenzenlose. Doch schon bald wird ihre Nahrung knapp, bis sie nichts mehr zu fressen haben.
Dann setzt eine gewaltige Wanderung ein, auf der die Lemminge alles fressen, was sie finden. Während dieser Wanderung werden sie von Räubern verfolgt, von Wölfen, Füchsen, Habichten, Falken, Adlern und noch von zahlreichem mehr. Die feiern ein Festmahl ohnegleichen, und zahllose Lemminge fallen den Reißzähnen, Klauen und Schnäbeln zum Opfer.
Zudem sterben sie an Krankheiten und Hunger, aber sie wandern dennoch weiter. Die winzigen Kreaturen verheeren das Land, fressen es kahl, und oft endet diese Wanderung am Meer. Da sie keine Nahrung mehr hinter sich haben, stürzen sich diese Lemminge in die Wasser, schwimmen fernen Ufern entgegen … doch allesamt ersaufen sie.
Die Menschheit scheint auf demselben Kurs zu sein, überzüchtet sich, verheert das Land, vernichtet es. Dass es der Mensch bisher noch nicht geschafft hat, liegt am Krieg, an Seuchen und Pestilenz, an Dürren und Überflutungen und an Feuern und Hungernöten sowie anderen Katastrophen, die immer wieder die Zahl der Menschen verringern. Ja, wie die Lemminge vermehren auch die Menschen sich sehr rasch, und sobald sich ihre Rasse wieder erholt hat, setzen sie die Ausbeutung der Welt weiter fort.
Die Elfen haben ihre Welt ebenfalls einmal beinahe vernichtet, aber wir haben noch rechtzeitig erkannt, was das Ergebnis unserer Zerstörungswut sein würde. Wir haben aufgehört, gerade noch rechtzeitig, denn unsere Welt hatte bereits schrecklichen Schaden erlitten. Jetzt begrenzen wir unsere Geburten, halten unsere Zahl deutlich unter der, welche die Welt ohne Schwierigkeiten verkraften kann. Zudem beschränken wir unsere Tätigkeiten auf solche, die dem Land, dem Wasser und der Luft keine bleibenden Schäden zufügen, oder auch den Pflanzen, den Tieren, kurz, allen lebenden Kreaturen.
Die Menschheit jedoch muss das noch lernen … obgleich sie es vielleicht niemals begreifen wird. Denn der Mensch ist eine kurzlebige Kreatur mit vielerlei Appetit und denkt nicht darüber nach, welche Folgen es haben könnte, wenn er seine Gelüste befriedigt, und was dies der Welt letztlich antun wird. Er denkt überhaupt nie langfristig, sondern nur daran, seine kurzfristigen Bedürfnisse zu befriedigen, ganz gleich, wohin das führt - und ebenso ungeachtet des letzten Endes.
Vielleicht ist diese Kurzlebigkeit die Wurzel der Zerstörungswut des Menschen, denn im Gegensatz zu den Elfen, die unsterblich sind, existieren
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