Mithgar 18 - Drachenkrieg
der er gekommen war. Was sie sah, nahm ihr fast den Atem. Sie blieb eine Weile stehen und zählte, schätzte, wirbelte dann auf dem Absatz herum, lief die Anhöhe hinab, sprang mit einem Satz auf ihr wartendes Pferd und galoppierte davon, ihr frisches Pferd an der Leine hinter sich her ziehend, ebenfalls nach Norden.
Kutsen Yong hatte seinen rollenden Goldenen Palast nach vorn ziehen lassen und rief jetzt Ebonskaith zu sich. »Ich will, dass du mir einen Rat gibst, Drache: Wie soll ich diesen großen Fluss deiner Meinung nach überqueren?«
Ebonskaith kochte vor gezügelter Wut und starrte Kutsen Yong nur an.
»Sprich.« Der Masula Yongsa Wang streckte die Hand aus und streichelte den Drachenstein.
Trotz seines Zorns auf diese Weise zur Antwort gezwungen, zischte Ebonskaith: »Im Norden liegt ein großer Wald; dorthin magst du deine Männer entsenden, damit sie Bäume fällen, aus denen du Flöße bauen lässt, mit denen du einen Angriff ausführen kannst.«
»Das ist ein Weg, Drache. Nenn mir einen anderen?«
Ebonskaith blickte auf das gegenüberliegende Ufer. »Zwischen hier und dort liegen viele Schiffe. Du kannst heute Nacht eine Kompanie aus Schwimmern über den Fluss senden, die sie holen, damit du sie als Fähren zu nutzen vermagst.«
»Das ist ein zweiter Weg«, meinte Kutsen Yong. »Nenn mir noch einen.«
Ebonskaith blickte stromaufwärts und stromabwärts und seine Augen weiteten sich etwas, als er nach Süden sah. »Ich rate dir zu warten.«
»Warten?« Kutsen Yong griff nach dem Drachenstein. »Warum sollte ich warten? Ich denke, ich rufe deine Brüder, damit sie diesem Usurpator ein Ende machen, der meinen rechtmäßigen Platz einnimmt.«
Ebonskaith deutete als Antwort über den Fluss nach Süden, wo ein Elfenreiter mit einem Ersatzpferd im Gefolge in das Lager des Hochkönigs galoppierte.
»Was hat dieser Lakai mit mir zu schaffen?«, knurrte Kutsen Yong.
Erneut deutete Ebonskaith nach Süden, diesmal auf das diesseitige Flussufer, wo ein schwarz gewandeter Reiter auf die Handlanger Kutsen Yongs zugaloppierte. Er wurde vor dem Goldenen Palast durch die Leibgarde aufgehalten.
»Und was hat dieser Narr mit mir zu tun?«, fauchte Kutsen Yong.
Ein drittes Mal streckte Ebonskaith die Klaue aus, und diesmal lenkte er Kutsen Yongs Blick auf den Fluss selbst, wo Hunderte roter Segel in Sicht kamen, während auf dem gegenüberliegenden Ufer eine gewaltige Streitmacht aus schwarz gekleideten Kriegern und Reitern zu dem schweren Schlag von Trommeln nach Norden marschierten und ritten. In ihrer Mitte flatterten schwarze Fahnen, auf denen das Emblem einer weißen Faust prangte.
Durch das lebende Gestein von Mithgar setzten derweil drei Utruni, von denen einer einen Streithammer aus Silberon trug, ihren Weg zu den Ebenen von Valon fort, während eine schicksalhafte Verabredung immer näher rückte.
29. Kapitel
GEFÄHRLICHE GEWÄSSER
März, 5E1010 (Gegenwart)
Der kreischende Wind fegte nach Osten, trieb Schnee, Eis und die Eroean erbarmungslos vor sich her. Große, von Gischt gekrönte Brecher wogten über den Ozean, neben denen das Elfenschiff winzig wirkte. Dennoch erklomm es jede dieser gewaltigen Wogen, der scharfe Bug schnitt hindurch, der Rumpf hämmerte krachend auf die andere Seite der Welle, stürzte sich in das tiefe Tal, ritt wieder hinauf, segelte auf den Hängen und Kämmen und Flanken, denn nicht einmal die Eroean konnte diese gewaltigen Wogen einfach durchschneiden. Blendender Schnee und Gischt fegte über die Decks, überzog Fallleinen, Wanten, Masten und Rahnocks mit Eis, setzte Flaschenzüge matt, machte die Segel schwer, vereiste Taue und zog eine Eisschicht über das Deck.
Ihre Masten knarrten und ächzten, und ihre Fallleinen sangen wie ein gewaltiges Instrument, das vom Wind gespielt wurde, während das Elfenschiff von diesem schrecklich tosenden Schneesturm rund um den unteren Rand der Welt gepeitscht wurde.
Im Ruderhaus hatte in diesem Tumult nur noch Bair so etwas wie Sicht; der Junge hielt mit seiner Sicht Ausschau nach kaltem Feuer voraus, wenn das Elfenschiff den nächsten Wellenkamm überwand und mit lautem Krachen in das nächste Tal abtauchte.
»Halt die Augen offen, elar, denn es ist die Jahreszeit, in der die Gletscher kalben«, sagte Aravan.
»Verdammt, Kapitän!«, überschrie Nikolai das Toben des Sturms, »selbst wenn der Junge Eis voraus sehen könnte, glaube ich nicht, dass wir noch rechtzeitig ausweichen könnten.«
Aravan nickte
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