Mithgar 18 - Drachenkrieg
Schreie gellten durch das Dorf.
Ydral stieß zischend die Luft zwischen den Zähnen hervor und blickte in die Richtung des Dorfes, in die Dämmerung jenseits des Lichts der Laternen. Dann drehte er sich herum, raste wie von Furien gehetzt aus dem Pavillon, wandelte seine Gestalt noch im Laufen, und ein dunkles, wildes Biest mit ledernen Schwingen floh in die Winternacht hinaus.
Hinter ihm, auf dem Altar, sackte der Leichnam mit einem nassen Geräusch zusammen. Blut und Körperflüssigkeiten spritzten durch den ganzen Raum.
Der Tote war wieder tot.
10. Kapitel
VERFOLGUNG
September - Dezember 5E1009 (Drei und ein halber Monat zuvor)
Aravan lief im Schnee aufgeregt hin und her, der Kimu in der Felsspalte über ihm war vergessen. »Eine gelbäugige Verkörperung des Teufels?«
Unbehaglich schlug Penna mit den Flügeln und schüttelte sich. »Ai. Ein Mörder, der Frauen häutet.«
»Genau wie Stoke«, stieß Aravan hervor.
»Wo?«, platzte Bair heraus. »Wo befindet sich dieser Gelbäugige?«
»Im Norden«, antwortete Penna. »Mitten in einem gewaltigen Heereswurm, der sich nach Westen windet und jetzt die Ausläufer des Jangdi hinter sich gelassen hat.«
»Wie weit entfernt?«, wollte Aravan wissen.
»Fünfhundert Werst, nach meinem Flug berechnet«, erwiderte Penna und sah Bair an. »Mehr jedoch über Land.«
Entsetzt stieß Bair die Luft aus. »Fünfzehnhundert Meilen, durch diese Berge? Und noch weiter über den Landweg? Oh, Aravan, er kann überall sein, bevor ich ihn erreicht habe.«
»Ich wünschte, ich hätte meine Karten«, knurrte Aravan. »Dann könnten wir die schnellste Route für dich herausfinden, Bair, und auch für Jäger.«
»Ich kann dir eine Karte anfertigen«, erklärte Ala.
»Kelan, ob mit oder ohne Karte«, sagte Bair, »Ihr solltet ohne mich gehen. Als Valke könnt Ihr sehr schnell dorthin gelangen, ich dagegen vermag das nicht, nicht einmal als Jäger. Und Ydral, falls es sich um Ydral handelt, könnte bis dahin längst verschwunden sein.«
Aravan schüttelte den Kopf. »Denk an Dodonas Worte, elar. >Im Tempel des Himmels wird ein Weg eingeschlagen werden<, das sagte er, und auch, dass du mit mir gehen musst.«
»Aber wenn es nicht der richtige Weg ist?«
Aravan hob die Hände. »Welche andere Möglichkeit würde sich da bieten? Dennoch könntest du recht haben, Bair: Wenn eine gewaltige Armee nach Westen zieht, ist das vielleicht das große Übel aus dem Osten, das nach Dodonas Worten heranzieht.«
Ala sah Panna an. »Konntest du diesen Heereswurm zählen?«
»Ich konnte sie nicht zählen«, antwortete Penna, »sondern ihre Zahl nur schätzen. Es mögen fünfhunderttausend sein; ein Viertel von ihnen zu Pferde, der Rest zu Fuß. Und in ihrer Mitte fährt ein großer Wagenzug.«
Bair sah die Phael erschreckt an. »Eine halbe Million Soldaten?«
Penna nickte. »Und das ist nicht alles, Alor Bair, Alor Aravan, denn es gibt noch schlimmere Kunde …«
»Noch schlimmer?«, platzte Bair heraus. »Was könnte schlimmer sein als eine halbe Million Soldaten, die nach Westen marschieren?«
»Sie haben einen Drachen bei sich«, erwiderte Penna.
»Drachen?«, stieß Bair hervor.
Als Penna nickte, fragte Aravan: »Wisst Ihr, welchen?« »Ebonskaith, so denke ich.«
Bair sah Aravan an. »Der mächtigste aller Drachen. Aber sagtet Ihr nicht, er wäre durch einen Schwur gebunden,
Aravan?« Als Aravan nickte, fuhr Bair fort: »Himmel, wenn er seinen Schwur gebrochen hat… Ein großer Drache, eine gewaltige Armee und ein gelbäugiger Mann: Das muss dieses Übel sein, das von Osten heranzieht.«
Aravans blaue Augen schimmerten kalt wie Eis, als er sich an Ala wandte. »Geht zum Tempel und zeichnet mir diese Karte. Wir fliegen auf deinen Spuren.«
»Komm mit, Penna«, rief Ala, »denn ich möchte, dass du auf der Karte einzeichnest, wo du diesen Heereswurm das letzte Mal gesehen hast.«
Als Penna und Ala zum Tempel flogen, blitzte es einmal silberhell auf, und dann schimmerte es dunkel. Im nächsten Augenblick rasten und flogen Jäger und Valke ebenfalls zum Tempel. Der Kimu hockte derweil zitternd in der Felsspalte.
»Und das ist der beste Weg?«, stöhnte Bair.
Ala drehte sich zu dem Jüngling herum. »Es gibt keinen schnelleren Weg für jemanden, der wie du und Jäger zu Fuß unterwegs ist.«
Neben ihnen stand der Hüter, der Ala, Penna, Bair und Aravan beobachtete. Der Greis sagte nichts, während die vier über Pennas Karte brüteten.
»Aber zehn Wochen? Es
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