Mittagessen Nebensache
Eröffnung ein. Hilfsbereit erbot ich mich, für Tee und Kuchen zu sorgen, aber David winkte überlegen ab.
»Vielen Dank! Den Kuchen habe ich in der Stadt bestellt, und außerdem kommt Dawn morgens vorbei und macht ein paar Plätzchen und Sandwiches.«
Das war allerdings eine Überraschung. Dawn hatte sich bisher als hoffnungslos unbegabt gezeigt — wenigstens in häuslichen Dingen. Ich sprach ihr mein Kompliment aus. Immerhin eine beachtliche Leistung, ein solches Talent während der Schafschur und in der Einmachzeit so erfolgreich zu verheimlichen. Dawn zwinkerte mir lediglich auf ihre schamlose Art zu und machte nicht den geringsten Versuch, sich zu verteidigen. Das war ihre Taktik, dagegen war man machtlos. Man konnte ihr nicht einmal böse sein.
Tantchen sagte ab. Sie hätte die Sonntage gern für sich, wie sie sich ausdrückte. Selbstverständlich würde Ruth kommen, zusammen mit Anne und dem Colonel. Ich hatte schon immer den Eindruck gehabt, daß Tantchen David trotz seines einnehmenden Wesens und seines Charmes nicht besonders mochte. Mir ging es nicht anders. Larry behauptete allerdings, David sei ganz in Ordnung, er müsse sich nur noch den Wind ein wenig um die Nase wehen lassen, um richtig erwachsen zu werden. Meinen Hinweis, immerhin sei er schon fünfundzwanzig und infolgedessen doch wohl als erwachsen anzusehen, tat sie nur ungeduldig ab. »Nun ja, es ist ihm noch nie schlecht gegangen, jeder hat ihn verwöhnt. Er hat eine Menge Geld und sieht ziemlich gut aus.«
In diesem Moment kam Dawn hinzu. »Ziemlich...? David sieht richtig männlich aus, er ist von einer geradezu knorrigen Schönheit.«
»Knorrigen Schönheit...?« wiederholte Larry amüsiert und dehnte die Worte genußvoll auf der Zunge. »Das haben Sie aber phantastisch ausgedrückt, Dawn. Außerdem klingt knorrig ja auch viel besser als knurrig.«
»Er ist doch nicht knurrig«, widersprach Dawn heftig. »Schließlich kann er nichts dafür, daß seine Augenbrauen schwarz sind und ihm über der Nase zusammenwachsen.« Damit ließ sie uns stehen und rauschte beleidigt hinaus.
Ich warf ihr einen beunruhigten Blick nach. »Komisch, daß sie sich so ereifert. Sie wird sich doch nicht ernstlich verliebt haben?«
»Keine Spur, Susan. Die beiden schäkern nur miteinander, mehr nicht. David denkt gar nicht ans Heiraten, und Dawn ebensowenig. Sie würden schon morgen einander vergessen haben, wenn sie jemand anders fänden.«
»Hoffentlich! Ich wünschte sehr, David würde seinen Charme an ein anderes Mädchen verschwenden. Da ist doch zum Beispiel Ruth. Ohne Brille sieht sie reizend aus, aber David scheint das nicht zu bemerken, weil sie einfach keine Vorstellung davon hat, wie man einen Mann auf sich aufmerksam macht. Und Dawn — ich hatte gehofft, sie würde bei den Caleys auf andere Gedanken kommen. Natürlich ist sie ein kleines Biest, aber es würde mir doch leid tun, wenn die Sache mit David bei ihr tiefer ginge.«
»Nur keine Angst! Moderne Mädchen sterben nicht an gebrochenem Herzen. Und außerdem sagtest du ja bereits, daß Dawn gar keins besitzt.«
Seltsamerweise gab Dawn sich Larry gegenüber offen und ungezwungen, während sie mich mit jener Nachsicht behandelte, die man als sehr junger Mensch nun einmal der älteren Generation entgegenbringt. »Was macht eigentlich Ihr Anbeter aus der Stadt?« hörte ich Larry fragen. »Der, den Ihre Mutter so gern als Schwiegersohn sehen würde?«
»Gregory?« erwiderte meine Schwester unbeteiligt, während ich in der Küche die Ohren spitzte, um mir ja nichts entgehen zu lassen. »Ach, der ist ein netter Kerl. Schreibt jede Woche. Manchmal antworte ich ihm sogar, wenn es mir hier zu langweilig wird.«
»Was haben Sie denn an ihm auszusetzen?«
»Oh... Im Grunde genommen gar nichts. Aber Mutter drängt ihn mir gar zu sehr auf. Und dann ist er auch ein bißchen altmodisch. >Mein liebes Kind, vorher hat mir dein Haar besser gefallen! Diese Farbe wirkt ja ganz unnatürlich!<«
Davids Party wurde ein großer Erfolg, und ich wünschte nur, ich hätte einen Monat eher gewußt, daß Dawn so vorzügliche Sandwiches und so ausgezeichnete Plätzchen zuzubereiten imstande war. Sie trug ein neues Sommerkleid und sah bezaubernd aus. Ruth erschien in Hellgrau. Immerhin ein Fortschritt gegenüber dem ewigen Marineblau. Larry flüsterte mir boshaft zu, das andere Kleid befände sich wahrscheinlich gerade in der Wäsche. Jedenfalls sah Ruth recht akzeptabel aus, und selbst Jim schien das zum erstenmal
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