Mittagessen Nebensache
einfach fort. »Wirklich, liebste Susan, das wird ein ganz großer Spaß werden. Direkt ein Geschenk des Himmels ist das. Die meisten Hochzeiten sind ja eine unendlich deprimierende Angelegenheit. Blumen und Fotografen, und die ganze Festgemeinde hat vor lauter Rührung die Taschentücher an die Nase gepreßt. Rodney wird bestimmt so begeistert sein wie ich. Christopher wird uns beide aufheitern.«
Ich erwiderte pikiert, immerhin sei es ein Trost, wenn jemand diesem Malheur auch eine gute Seite abzugewinnen imstande sei. Ich persönlich hätte allerdings das Gefühl, man müsse auch der Würde des Tages Rechnung tragen. Ein kleiner Zirkusclown habe bei einer Trauungszeremonie nichts zu suchen. »Sie haben ja keine Vorstellung, wie er aussieht«, beteuerte ich. »Wie eine gefleckte Henne! Die Leute müssen ja denken, daß er krank ist. Wenn ich eine braune Haarfarbe hier hätte, würde ich den Schaden zu reparieren suchen, aber ich besitze lediglich braune Schuhcreme.«
Das gab Jane den Rest. »Geben Sie sich keine Mühe, Susan«, rief sie, nachdem sie endlich ihren Lachkrampf überwunden hatte. »Entweder bekomme ich Christopher und Christina, oder die Trauung findet nicht statt.«
Da hatte ich es! Zum erstenmal hätte ich am liebsten genau wie Paul gesagt: >Nein, diese Mädchen von heute!<, aber mir blieb nichts anderes übrig, als zu resignieren und mich damit abzufinden, daß mein Sohn morgen zur Quelle allgemeinen Gelächters werden würde. Zum Glück aber hatten wir noch Christina — sie würde unserem guten Ruf bestimmt Ehre machen.
Es war Punkt sieben Uhr am nächsten Morgen, als Larry fnich anrief. Ihre Stimme klang seltsam verändert. Larry ist von Natur alles andere als eine Heulsuse, aber diesmal hatte ich doch den Eindruck, daß sie geweint haben mußte.
»Oh, Susan, eine neue Katastrophe! Ich weiß gar nicht, wie ich es dir beibringen soll. Nein, niemand krank... Viel schlimmer! Ja, im Ernst. Oh, alle Kinder sind Teufel, aber unsere beiden schießen in dieser Beziehung den Vogel ab. Ich bekam beinahe einen Nervenzusammenbruch, als ich sie sah.«
»Wirst du mir gefälligst endlich sagen, was los ist? Mich kann wirklich kaum noch etwas erschüttern. Mrs. Caley besteht darauf, daß Christopher bei der Hochzeit mitmachen soll, obwohl er aussieht wie ein kleiner Idiot, und Paul ist mächtig wütend, weil er ja auch dabeisein muß. Also, was ist los?«
Ihre Stimme klang ganz erstickt. »Ihr Haar«, konnte ich gerade noch verstehen. »Sie ist zeitig aufgewacht und hat... hat...«
»Aber doch wohl kein Wasserstoffsuperoxyd...? Du hast doch wohl keine Flasche herumstehen lassen? Nach dem gestrigen Malheur...!«
»Natürlich nicht. Schließlich besitze ich noch einen Funken Verstand, Susan. Nein, keine Flasche. Eine... eine Schere.«
Darauf folgte eine lange Pause. Ich versuchte, meine sich überstürzenden Gedanken zu ordnen. Larry schien das gleiche zu tun. Sicher war sie genau so erschüttert wie ich.
»Sie hat sich doch nicht etwa ihre schönen Locken abgeschnitten?« würgte ich endlich hervor.
»Sie hat! Nicht alle, nein — nur auf der einen Seite. So etwas hast du noch nie gesehen, Susan. Nahezu kahl! Sam meint, sie sähe aus wie ein Hund, der die Räude hat.« Dann versagte ihr die Stimme endgültig. Erst jetzt merkte ich zu meinem großen Entsetzen, daß diese unnatürliche Mutter nicht weinte, sondern lachte.
Ich gab mir innerlich einen Ruck und sagte ihr kräftig die Meinung. Ich sagte ihr alles das, was ich mir für eine solche Gelegenheit aufgespart hatte. Aber schließlich überwältigten mich wieder Verzweiflung und Resignation. Ich stieß einen müden Seufzer aus. »Warum, um alles in der Welt, haben wir uns darauf eingelassen? Schließlich hätten wir uns von vornherein denken können... «
»Nun resigniere doch nicht gleich, Susan«, unterbrach sie mich. »Ich weiß, das ganze ist schrecklich, aber ich habe eine wunderbare Idee.«
»Behalte sie um Himmels willen für dich«, wehrte ich ab »Es ist so schon alles schlimm genug.«
»Aber Darling, warum denn gleich so bissig...? Nun ja, eigentlich kein Wunder, nach all den Aufregungen. Aber es ist wirklich ganz einfach. Nur ein kleines, dicht anliegendes Kapotthütchen. Das bringe ich schon fertig. Ein kleines Stück Nylon und ein paar Gänseblümchen, in fünf Minuten ist es fertig, und es steht ihr bestimmt ausgezeichnet. Schau, wir haben ja noch vier Stunden Zeit.«
Christina sah wirklich aus wie ein kleines Tier, das den
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