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Mittagessen Nebensache

Mittagessen Nebensache

Titel: Mittagessen Nebensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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halben Pelz verloren hat. Daß ich es war, die sich damit abplagte, das Kapotthütchen herzustellen, brauche ich wohl kaum zu erwähnen. Ich wurde gerade damit fertig, als wir auch schon losfahren mußten.
    Große Hochzeiten sind nie mein Fall gewesen, und die Tatsache, daß ich mich in Begleitung eines gescheckten Sohnes und eines wütenden Ehemannes befand, machte die Fahrt nicht angenehmer. Bei den Caleys zogen wir die Kinder an, ermahnten und schalten sie abwechselnd und ließen geduldig das Gelächter der Anwesenden über uns ergehen, wenn sie Christopher — oder Christina ohne ihr Kapotthütchen — zu Gesicht bekamen.
    Schließlich standen wir mit den beiden in zitternder Erwartung vor dem Kirchenportal. Die Kinder in der Hochzeitskutsche mitfahren zu lassen wäre ein hoffnungsloses Unterfangen gewesen. Wir mußten sie wie ein paar ungeduldige und unerzogene Hunde bis zum letzten Augenblick an der Leine halten.
    Es war in zauberhaftes Bild — Jane schön und strahlend, die Brautjungfern ein einziges Farbgewoge. Den einzigen Mißton bildeten unsere Kinder. Immerhin waren sie durch die vielen Menschen und das allgemeine Stimmengewirr eingeschüchtert und warteten mit großen Augen und überaus artig darauf, ihre Plätze einzunehmen.
    Die Hochzeitsgesellschaft betrat die Kirche. Larry und ich beschlossen, uns so weit wie möglich nach hinten zu setzen. Schließlich kam der große Augenblick — ich legte Christinas Hand in Christophers Rechte und flüsterte: »Paß gut auf sie auf.« Larry murmelte: »Seid brav, dann gibt es Eiskrem.« Dann schickten wir die beiden mit einem sanften Klaps auf den Weg und schlüpften in unsere Bank. Weiter vorn sahen wir Anne mit ihren beiden Männern sitzen, wir beobachteten Paul und Sam, deren Ohren vor Verlegenheit gerötet waren, während sie auf das Erscheinen ihrer Sprößlinge warteten.
    Als der Brautzug erschien, wurde unterdrücktes Geflüster laut. Ich hoffte inständig, daß dies ein Ausdruck allgemeiner Bewunderung für die schöne Braut war — oder sollte dieses offenkundige Interesse etwa meinem Sohn gegolten haben? Christina sah reizend aus, obwohl das Kapotthütchen etwas störte, aber Christopher mit seinem gefleckten Haarschopf bot wohl den seltsamsten Anblick, den man je in dieser ehrwürdigen Kirche gesehen haben mochte. Immerhin schritten die beiden wacker voran, und nur, als sie Anne erblickten, kam es zu einer kleinen Panne. Christopher rief: »Nan-Nan«, und wollte zu ihr hinüberlaufen, aber selbst von unserem Platz aus konnte man das wütende Stirnrunzeln seines erzürnten Vaters nicht übersehen, ebensowenig wie dessen große Hand, die sich aus der Kirchenbank schob und den kleinen Pagen wieder auf den richtigen Weg stubste. Sogar Christopher schien davon beeindruckt, denn er marschierte gehorsam weiter und machte auch keine Schwierigkeiten, als man ihn vorn am Altar auf den für ihn vorgesehenen Platz stellte.
    Ich atmete auf. Das Schlimmste war überstanden. Der Anblick zweier Geistlicher im Talar — einer davon ein Bischof — würde die Kinder bestimmt beeindrucken.
    Ungefähr zehn Minuten lang war dies auch tatsächlich der Fall. Dann begann Christopher sich anscheinend zu langweilen. Zu meinem größten Entsetzen begann er an den Bändern herumzuzupfen, mit denen Christinas Hütchen festgebunden war. Er sah sie zum ersten Mal mit einem solchen Kopfschmuck, aber ich hatte damit gerechnet, daß ihn der feste Knoten davon abhalten würde, irgendwelche Experimente zu versuchen. Ich hätte bedenken sollen, daß Christopher sich nicht so leicht abschrecken ließ.
    Als sich die Zeremonie ihrem Ende näherte, war Christinas Köpfchen noch immer ordnungsgemäß bedeckt, aber in dem Augenblick, als sich das Brautpaar erhob und nach der Gemeinde umwandte, hörte ich meinen Sohn vergnügt aufjuchzen. »Eiskrem!« verkündete er laut und riß noch mal kräftig an den Bändern. Mit einem Ruck löste sich das Hütchen, und die Festversammlung sah plötzlich eine halbkahle Christina vor sich.
    Wie gesagt — glücklicherweise saßen wir in der letzten Reihe. Larry stieß einen gurgelnden Laut aus und war im nächsten Augenblick durch das Portal verschwunden. Es kostete mich eine ungeheure Anstrengung, ihr nicht auf der Stelle zu folgen.
    Später wurde mir gesagt, die Trauung habe noch nicht einmal eine halbe Stunde gedauert. Ich kann nur erklären, daß es die längste und ungemütlichste halbe Stunde meines Lebens war. Selbst Jane, die mich anschließend

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