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Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Mitteilungsheft - Leider hat Lukas

Titel: Mitteilungsheft - Leider hat Lukas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niki Glattauer
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tust?
    –  Wenn ich erstens ordentlich mitturne.
    –  ---
    –  Und am Schikurs nur positiv auffalle. Keine Mätzchen. Die Sibera sagt Mätzchen. Sie meint Zoff. Keinen Zoff machen. Im Zimmer und beim Schifahren. Sie sagt, ich soll zuerst schifahren, also am ersten Tag, und dann kann ich auch Snowboard.
    –  Fahren.
    –  Was?
    –  Snowboard fahren, meinst du.
    –  Ja, wenn ihr mir eines mitgebt.
    –  Da sehe ich nach diesem Elternsprechtag ehrlich gestanden schwarz.
    –  ---
    –  ---
    –  ---
    –  Was wolltest du mir vorhin von Nikos Mutter erzählen? Was war mit Nikos Mutter am Elternsprechtag?
    –  Sie hat voll abgeräumt, weil der Niko in keinem Fach etwas lernt. Er macht keine Hausaufgaben, er macht keine Referate. Aber er steht trotzdem nirgends auf einem Fünfer. Er ist ur genial im Kopf. Die Lehrer wollen jetzt, dass er die Schule freiwillig verlässt. Nur die Söllner nicht. Sie ist die einzige, die sagt, er ist genial und er schafft es. Darum hasst er jetzt auch nicht mehr die Söllner, sondern die Sibera. Und die Zemann. Warst du bei der Zemann? Oder warst du wieder nur bei denen, die etwas Schlechtes sagen?
    Natürlich war ich bei der Zemann. Nachdem ich mir in einer Warteschlange mit zehn anderen Müttern vor ihrem „Zeitfenster“ in Form einer geschlossenen Tür die Füße in den Bauch gestanden hab. Hinter der sie sich dann nicht einmal befunden hat. Wir vor der Klassentür echt schon von einem Fuß auf den anderen – „Wer ist denn da so lange drin?“ – „Sollen wir einmal klopfen?“ – „Das gibt’s doch nicht, jetzt steh ich schon seit einer Stunde da.“ – „Wenn da nicht bald die Tür aufgeht, kann sie mich gern haben, ich muss noch zu drei anderen!“ usw. –, da steuert die Zemann, einen Becher Kaffee in der einen Hand, ein Lachs-Brötchen in der anderen, seelenruhig auf die Klassentür zu. Beim Öffnen der Tür mit dem Ellbogen dann quasi aus der Hüfte die vermeintlichen Frohbotschaften. Zuerst an alle: „Tschuldigung die Verspätung. Unten war ein Vater am Telefon, der heute nicht kommen kann, Gemeinderatssitzung. Dafür machen wir’s für Sie jetzt kurz und bündig.“ Und dann an mich, der ich ganz vorn gereiht bin:
    –  Und Sie sind …
    –  ---
    –  Waren Sie schon einmal bei mir?
    –  Nein. Lukas. Gruber. Also nicht Lukas. Walter Gruber. Grüß Gott.
    –  Ah, Herr Gruber! Also Sie müssen zu mir heute eigentlich gar nicht kommen. Bei Lukas ist inzwischen alles im grünen Bereich. Nicht leuchtend grün, aber grün. Gehen Sie ruhig zu den … dringenderen Kolleginnen.
    Also bin ich nur zu den „dringenderen Kolleginnen“ gegangen. Aber konnte ich das Lukas gestehen? Konnte ich nicht.
    –  Klar war ich bei der Zemann. Sie sagt, du sollst dich mehr bemühen.
    –  Das sagt sie? Sonst nichts?
    –  Und dass du sonst gut bist. Also befriedigend gut. Also auf einem Dreier. Immerhin. Senkt deinen Notenschnitt auf 4,6.
    –  Haha, sehr witzig wieder.
    –  Gar nicht sehr witzig. Sie sagt, du hättest dich für das Referat mehr anstrengen sollen.
    –  Mehr anstrengen? Bei einem Referat, ob in Österreich das Christkind kommen soll oder der Weihnachtsmann? Vater, ehrlich! Hast du früher auch so bescheuerte Referate gehabt?
    –  Herr Professor, meinen Sie das ernst?
    –  Ja, das meine ich ernst.
    –  Einen Aufsatz über das Packen eines Koffers?
    –  Oder mach ein Referat, wenn dir das lieber ist: So packe ich einen Koffer. Oder: Als ich zum ersten Mal einen Koffer packte.
    –  Aber ich bin ein Bub. Buben packen nicht Koffer.
Mein Vater packt auch keinen Koffer. Das macht die Mama.
Er kann es gar nicht.
    –  Dann frag eben deine Mama. Aber du hältst das Referat.
Du stellst dir einen Koffer vor, du stellst dir die Dinge vor, die da hineinmüssen, z.B. für einen Griechenland-Urlaub, und dann denkst du dir beides zusammen. Eine Beschreibung. Ein gesprochenes Stillleben, wenn du so willst.
    –  Was für ein Leben?
    –  In der Malerei gibt es den Ausdruck Stillleben für ein Bild von leblosen Gegenständen, die für die Betrachtung aus ihrer natürlichen Umgebung genommen wurden. Habt ihr davon in Zeichnen nichts gehört?
    –  Jetzt soll ich ein Bild von dem Koffer auch noch malen?
    –  Vater! Hörst du noch zu?
    –  Natürlich höre ich zu. Du hättest, wie gesagt, einfach ein bisschen mehr machen sollen, nicht nur reden. Etwas zeigen. Etwas Außergewöhnliches.
    –  Das Christkind, wie es heimlich raucht, zum

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