Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
der christlichen Sache. Bereits im 12. Jahrhundert wurden die ersten Lieder auf den Cid gedichtet, und spätere Zeiten schmückten seine Taten immer üppiger aus. Der französische Dichter Corneille machte ihn 1636 zum Helden eines Dramas. Im dreistündigen Monumentalepos „El Cid“ (1961) kam er, dargestellt von Charlton Heston, dann schließlich auch noch auf die Leinwand
.
Reiterstandbild des spanischen Nationalhelden Rodrigo Diaz de Vivar, genannt El Cid, in Burgos. Der Adlige, als „Campeador“, Vorkämpfer, verehrt, war die Symbolfigur der Reconquista, der Wiedereroberung Spaniens nach Jahrhunderten der islamischen Herrschaft
.
(c) Interfoto, München
Von der Volksheilkunde zur Schulmedizin
Gesundheitspflege
Mit dem Zusammenbruch des Römischen Reiches ging auch das hochentwickelte antike Medizinalwesen unter. Übrig blieben das Wissen und die Techniken der Volksheilkunde, die neben der medizinischen Wissenschaft immer schon existiert hatten. Das frühe Mittelalter brachte die Volksheilkunde mit der christlichen Krankenpflege in Einklang. Hauptträger der medizinischen Versorgung wurden die Klöster. Wichtigstes diagnostisches Verfahren war die Harnschau, häufigster therapeutischer Eingriff der Aderlass. Das heilkundliche Wissen stammte zumeist aus der Bibel, aus den Schriften der Kirchenväter, den Enzyklopädien frühmittelalterlicher lateinischer Schriftsteller und den immer weiter überarbeiteten Kräuter- und Arzneibüchern.
„Medicus“ und „Physicus“
Erst im 12. Jahrhundert kam das Abendland wieder mit den Errungenschaften der antiken Medizin in Berührung, und zwar über Vermitt-lung durch arabische und jüdische Gelehrte. Diese hatten im östlichen Mittelmeerraum die kulturellen Leistungen des Römischen Reiches bewahrt und gaben sie über Spanien und Süditalien an den Westen weiter. Die Werke der großen Mediziner des Altertums, Hippokrates, Galen und anderen, wurden aus dem Griechischen und Arabischen ins Lateinische übersetzt. Es kam zur Verwissenschaftlichung der Heilkunst und zur Professionalisierung des Ärztestandes. Der gelehrte „Physicus“ verdrängte den nur volksheilkundlich gebildeten „Medicus“. Seine Tätigkeit erstreckte sich über drei große Gebiete: die „ordo vitalis“, womit Diätetik, gesunde Lebensführung und Vorbeuge gemeint war, die „materia medica“, d.h. die Verfügung über den Arzneimittelschatz, und die Chirurgie.
Hildegard von Bingen
Als „Seherin vom Rhein“ und als große Heilkundlerin ist sie in die Geschichte eingegangen: Hildegard von Bingen (1098–1179), aus einem an der Nahe ansässigen Adelsgeschlecht stammend, hatte schon in ihrer Kindheit Visionen, die sie ab 1141 in lateinischer Sprache niederschrieb. 1147 gründete sie das Benediktinerinnenkloster auf dem Rupertsberg bei Bingen, dessen Äbtissin sie bis zu ihrem Tod blieb. Die außergewöhnliche Frau, im Volk hochverehrt, trat den Mächtigen ihrer Zeit furchtlos entgegen. Auf ihren Predigtreisen in Franken und im Rheinland geißelte sie in derben Worten die allgemeine Zuchtlosigkeit. Ihr schriftstellerisches Werk umfasst neben mystischen Schriften auch theologische und historische Abhandlungen, 70 geistliche Lieder (mit eigener Vertonung) sowie naturkundliche Bücher, darunter den „Liber subtilitatum diversarum naturarum creaturarum“, eine erstrangige Quelle für den Stand der Naturerkenntnis im hohen Mittelalter. Hildegard beschreibt darin Pflanzen, Elemente, Steine, Tiere, Metalle in ihren heilvollen und unheilvollen Kräften, erklärt die Funktionen des menschlichen Leibes und gibt Therapieanweisungen für Krankheiten
.
Ein staatliches Gesundheitswesen wurde erstmals wieder seit den Tagen der Römer im Reich der Normannen des 12. Jahrhunderts in Italien sichtbar. Darauf aufbauend legte der Stauferkaiser Friedrich II. in der Medizinalordnung von 1231 die Richtlinien für die ärztliche Ausbildung, das Unterrichts- und Prüfungswesen und die öffentlichen Gesundheitsdienste fest. Die Hospitalordnung der Johanniterritter von 1182 schuf die Grundlage für den Betrieb von Krankenhäusern. Nach der Epidemie von 1348–1350, dem „Schwarzen Tod“, wurde in den Städten die Notwendigkeit einer öffentlichen Hygiene erkannt. Gesundheitspolizeiliche Verordnungen wurden erlassen, die Abfallbeseitigung, Trinkwasserversorgung und Seuchenschutz betrafen.
Hildegard von Bingen auf einer Bildpostkarte vom Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Mystikerin hinterließ neben geistlichen und
Weitere Kostenlose Bücher