Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
Ostroms.
Seit 1054 waren Ost- und Westkirche getrennt, innerhalb einer gemeinsamen militärischen Intervention des Abendlandes mochte die Wiedervereinigung der beiden Kirchen zu bewerkstelligen sein. Damit verbanden sich Vorstellungen von einem „gerechten Krieg“ gegen Glaubensfeinde. Man konnte auf die Erfahrungen der Reconquista, des Kampfes gegen die Mauren, der schon seit einigen Jahrzehnten auf der Iberischen Halbinsel in Gange war, zurückgreifen. Endzeitängste waren allgemein verbreitet, die Menschen fürchteten Gottes Zorn über die sündige Welt, das ließ die Bereitschaft zu Bußübungen und Wallfahrten gewaltig ansteigen. Hinzu kam die von der Kirche entwickelte Idee einer Friedensbewegung; die Energien der abendländischen Ritterschaft, die immer nur in Raufhändeln verpufften, sollten sinnvoll genutzt werden. Dies alles fasste Papst Urban II. zu einem Programm zusammen, dem Kreuzzug.
Der Kreuzzug der Armen Leute
Während die Ritter fast ein Jahr für ihre Vorbereitungen brauchten, zogen die Volksmassen sofort los. Noch im Winter 1095/96 brachen sie von Frankreich und Deutschland auf: Wilde Scharen, kaum bewaffnet, Frauen und Kinder dabei, angeführt von Wanderpredigern wie Peter dem Einsiedler, der klein und hässlich war und eine schmutzige Kutte trug, aber mit einer überwältigenden Rednergabe ausgestattet war. Im Zug herrschte grenzenlose Begeisterung, die jederzeit in Hysterie und Aggression umschlagen konnte
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So machten die Kreuzzügler bereits in den Städten am Rhein Jagd auf Juden. In Ungarn gerieten sie bei Plünderungen mit der einheimischen Bevölkerung aneinander. Der Kaiser von Ostrom, der die undisziplinierten Horden nicht in seinem Land haben wollte, ließ seine Polizeitruppen auf sie los. Immerhin schaffte es der größere Teil des Volkszuges noch an Konstantinopel vorbei. Doch auf türkischem Gebiet ereilte sie ihr Schicksal. Bei Civetot wurde der Kreuzzug der Armen Leute am 21. Oktober 1096 von einem türkischen Heer in einen Hinterhalt gelockt und vernichtet
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Befreiung des Heiligen Grabes
Vor allem aber wies er der Bewegung ein Ziel, ein Ziel, das jede Mühe lohnte: Jerusalem, Befreiung des Heiligen Grabes aus den Händen der Muslime. Zwar war deren Regiment dort keineswegs unerträglich, der Pilgerbetrieb funktionierte einigermaßen. Doch der Gedanke einer bewaffneten Wallfahrt ins Heilige Land hatte sich beim Papst und seiner Umgebung festgesetzt, und er war es, der zündete. Der Aufruf zum Kreuzzug, im November 1095 auf einer Synode in Clermont (Südfrankreich) formuliert, fand Widerhall bei allen Schichten des Volkes. Tausende nahmen das Kreuz, zum Zeichen dass sie bereit waren zum Glaubenskrieg. „Deus lo volt!“ Gott will es! Unter dieser Parole stand die Kreuzzugbewegung. Ritterheere machten sich genauso auf den Weg wie Bauernhaufen. Naive Frömmigkeit und Leidensfähigkeit mischten sich mit Abenteuerlust, Beutegier und Brutalität.
Im Juli 1099 eroberten die Kreuzfahrer Jerusalem, wobei sie ein ungeheures Blutbad anrichteten. Sie besetzten Palästina und Syrien und gründeten dort christliche Staaten, die teilweise zwei Jahrhunderte bestanden. Zum Schutz der Pilger und zur Verteidigung bildeten sich die Ritterorden der Templer, Johanniter und der Deutsche Orden.
Muslime kämpfen gegen christliche Ritter. Miniatur aus einer französischen Kreuzzugschronik des 14. Jahrhunderts. Der kriegerische Zusammenprall von Ost und West auf dem historischen Boden Palästinas hinterließ ein Trauma, das bis zum heutigen Tag wirkt
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(c) Interfoto, München
Vorwurf: Gottesmord
Judenverfolgungen (11.-15. Jh.)
Im Frankenreich gab es zahlreiche jüdische Siedlungen, deren Geschichte bis in die Römerzeit zurückreichte. Juden waren vornehmlich im Handel tätig. Im Süden des Reiches erscheinen sie auch als Mediziner, Spediteure, Winzer und Bauern. Die jüdische Gemeindeorganisation war hochentwickelt, in vielem griff sie den kommunalen Strukturen vor, die die christlichen Nachbarn in den Städten erst später entwickelten, etwa in der Armenfürsorge, der Versorgung von Witwen und Waisen, in der Gerichtsbarkeit und im Bildungswesen. Man nimmt an, dass die Juden unter Merowingern und Karolingern den Christen rechtlich gleichgestellt waren.
Pogrome nach dem Kreuzzugsaufruf
Gefährdungen für die Juden bestanden dennoch. Die Judenfeindschaft des Mittelalters war allerdings nicht vergleichbar mit dem rassistischen Antisemitismus des 19. und 20. Jahrhunderts, sondern beruhte auf
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