Mittelalter, 100 Bilder - 100 Fakten
Ein Heer von Sekretären, Notaren, Auditoren und Pönitentiaren wachte darüber, dass die aus der christlichen Welt zusammenlaufenden Einnahmen richtig verbucht wurden. Aus den persönlichen Nachlässen der Geistlichen, aus Jahrgeldern der Ämter, aus Gebühren für Gnadenbriefe und Privilegien zog das Papsttum großen Gewinn. Auch in die Besoldung der Arbeitskräfte hielt das Geldwesen nun Einzug. Früher war das Personal nur mit Naturalien entlohnt worden, die Geistlichen mit Benefizien, d.h. den Erträgen kirchlicher Pfründen. Nun erhielten sie in bestimmten Abständen Gehalt, inklusive Zuschüssen für Kleidung und Wohnen
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Der Papstpalast in Avignon, Residenz der Päpste und Verwaltungszentrum der Kirche zwischen 1309 und 1376, wurde 1995 von der UNESCO in die Liste des Welterbes aufgenommen
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(c) dpa/Picture Alliance, Frankfurt am Main
Der Schwarze Tod
Die Pestepidemie von 1348–1350
Die Anzeichen der Krankheit sind unheimlich: Geschwülste von der Größe eines Apfels oder eines Eies zuerst an den Weichen oder in den Armhöhlen, dann sich über den ganzen Körper ausbreitend, dazu schwarze und blaue Flecken. Kein Arzt kann helfen, der Kranke stirbt binnen weniger Tage. Die Friedhöfe reichen nicht aus für die Toten, man wirft sie in rasch angelegte Massengräber … Das berichten uns die spätmittelalterlichen Chroniken von der Pest der Jahre 1348 bis 1350. Und sie fügen hinzu, welche Auswirkungen die Epidemie auf das Leben der Gemeinschaft hat: Alle Bande sind aufgelöst, Familien zerfallen, die Kranken werden ausgestoßen. Besonders dies war eine schreckliche Erfahrung in einer Gesellschaft, der verwandtschaftliche Bindungen und gegenseitige Hilfeleistung sonst als das Allerwichtigste erschienen.
25 Millionen Opfer
Seuchen mit hohen Opferzahlen hatte es oft schon gegeben, auch im Altertum und frühen Mittelalter. Die Pest aber, die im Jahr 1348 vermutlich aus dem Orient nach Italien und Südfrankreich eingeschleppt wurde und im folgenden Jahr Deutschland erreichte, stellte alle früheren Epidemien in den Schatten. In einzelnen Städten löschte die Pest die Hälfte der Einwohnerzahl aus, auf dem Land verödeten unzählige Dörfer, zurück blieben „Wüstungen“, in denen keiner mehr wohnen mochte. Insgesamt starben in Europa wohl 25 Millionen Menschen. Als schwarzen Reiter, der verderbenbringend übers Land braust, so stellte man sich die Epidemie vor. Daher der Name „Schwarzer Tod“. Man wusste damals nichts über den Erreger (das Bakterium Yersinia pestis, das durch Rattenflöhe übertragen wird, entdeckten Forscher erst 1894), sah in der Epidemie vielmehr ein göttliches Strafgericht. Vielerorts brach religiöse Erregung aus, Scharen von sogenannten Geißlern waren unterwegs, Menschen, die sich mit Ruten schlugen, um sich für ihre Sünden zu strafen. Und man jagte Sündenböcke: Die Juden wurden verdächtigt, das Wasser in den Brunnen vergiftet und dadurch die Pest hervorgerufen zu haben. Es kam zu Pogromen.
Erben profitieren
Die Wirkungen der Pest auf das Wirtschaftsleben bestanden zunächst in einer Lähmung. Langfristig jedoch veränderte sie die ökonomischen Rahmenbedingungen. Im Handwerk konnten die „Übriggebliebenen“ für sich bessere Konditionen herausholen; man spricht heute von einem „goldenen Zeitalter der Lohnarbeit“. Und die Reichen wurden reicher: Einzelne erbten ungeheure Vermögen, was eine Kapitalbildung in großem Stil erlaubte. Gelder für den Bau von Bergwerken oder den Handel mit Übersee ließen sich leichter und in größeren Mengen als zuvor auftreiben.
Seuchen
Der Mensch des Mittelalters musste jederzeit damit rechnen, Opfer einer Epidemie zu werden. Typhus, Ruhr, Pocken, Tuberkulose, Lepra, Skorbut und Beulenpest waren die typischen Krankheiten des Hochmittelalters, später traten vermehrt auch der grippeähnliche sogenannte Englische Schweiß, die Frambösie (eine Schmierinfektion) und Geschlechtskrankheiten wie die Syphilis auf. Eine bedeutende Rolle spielte weiter das Antoniusfeuer, eine Pilzvergiftung, die durch Roggenbrot verbreitet wurde. Beim Wechsel in andere Klimazonen (z.B. bei den Kreuzzügen) machten die Menschen zudem Bekanntschaft mit daheim unbekannten Krankheiten wie der Malaria. Wenn auch das Seuchengeschehen oftmals genau beobachtet wurde, so war man doch von einer Klarheit über Entstehung und Übertragung weit entfernt, Seuchenbekämpfung bestand zumeist in nichts anderem als in Isolierung der Erkrankten
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Der Tod erwürgt ein
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