Mittelalterliche Klöster: Deutschland - Österreich - Schweiz
dass auch im Inneren die Längsachse betont wird.
|90| nur die Kapitelle, die zu den qualitätvollsten Arbeiten der Region überhaupt zählen ( Abb. 87 ), sondern auch das Mauerwerk selbst, bestehend aus sorgfältig bearbeitetem Großquadermauerwerk, zeugen von hoher handwerklicher Geschicklichkeit der Steinmetzen. Die erhaltenen Chorschranken mit ihren Durchgängen vermitteln noch etwas von der ursprünglichen liturgischen Raumgestaltung. Die vielen strukturellen Parallelen zur Klosterkirche in Paulinzella haben Anne-Christin Schöne bewogen, diese, trotz divergierender Aspekte im Detail, bevorzugt mit Hamersleben in Verbindung zu bringen. Auf jeden Fall zeigen die strukturellen Parallelen zu den Bauten im Hirsauer Einflussbereich, dass Mönche und Kanoniker weit weniger an einer Ordensbaukunst im Sinne eines Gestaltungskanons interessiert waren, als es Kunst- und Architekturhistoriker gerne hätten.
86 ▲ Hamersleben (Sachsen-Anhalt), Augustinerchorherrenstift, Klosterkirche. Blick in den Kanonikerchor, Ansicht von Südwesten. Gut zu erkennen sind die massiven seitlichen Chorschranken, an deren Rückseiten sich ursprünglich Prophetendarstellungen befanden.
87 ▲ Hamersleben (Sachsen-Anhalt), Augustinerchorherrenstift, Klosterkirche, figürlich gearbeitetes Kapitell der Mittelschiffsarkaden. Die figürlich gearbeiteten Kapitelle der Mittelschiffsarkaden dokumentieren hohe Meisterschaft und sind in ihrer Qualität von überregionaler Bedeutung.
Lauterberg
Das Stift Sankt Peter auf dem Lauterberg ( mons serenus ), heute Petersberg bei Halle ( Abb. 88 ), wurde 1124 als Hauskloster und Grablege des Grafen Dedo IV. von Wettin initiiert und löste damit das alte Eigenkloster Gerbstedt ab. Da Dedo noch im selben Jahr auf der Rückreise von einer Pilgerfahrt nach Jerusalem starb, wurde die Stiftung durch seinen Bruder Konrad I. († 1157), Markgraf von Meißen, vollendet. Propst Herminold von Gerbstedt († 1128) reiste im Auftrag Konrads mit einem Schreiben nach Rom. Darin heißt es u. a.: „Wir bringen dem heiligen Petrus, dem Apostelfürsten für die Errettung unserer und unserer Vorfahren Seelen aus unserem Erbgut dar einen Ort namens Lauterberg zusammen mit der Kapelle von Löbejün [Lobechune], [...] und der Kapelle von Ostrau [Ostraw], [...] und außerdem noch von unserem Eigengut 120 Hufen mit der Bestimmung,
|91| dass Kanoniker nach der Regel des heiligen Augustinus Gott daselbst in Freiheit dienen und dem heiligen Petrus in Rom jährlich ein Goldstück oder eine Viertelmark Silber zahlen. Nach dem gegenwärtigen Propst sollen die Kanoniker in der Klausur, oder wo immer der wichtigere Teil der Kanoniker will, einen anderen Propst wählen. Das Salböl, das heilige Öl, die Weihe der Altäre und Gotteshäuser, die Ordination der Kanoniker, die zu den geistlichen Weihen erhoben werden, sollen sie durch den Erzbischof von Magdeburg empfangen, zu dessen Diözese sie gehören, sofern er in der Gunst und Gemeinschaft des Apostolischen Stuhls lebt und sofern er dies unentgeltlich und ohne Falsch zu gewähren beliebt. Andernfalls soll ihnen gestattet sein, sich an einen anderen katholischen Bischof zu wenden, der ihnen lieber ist, und von ihm das Sakrament der Weihen zu empfangen; der soll ihnen, ausgestattet mit der Vollmacht des Apostolischen Stuhles, gewähren, was sie verlangen. Ich aber soll, solange ich lebe, und nach mir soll unser ältester Sohn oder ein anderer ältester Erbe ihr Vogt sein; ihm schulden sie keinerlei weltliche Leistungen, es sei denn entsprechend ihrem eigenen Wunsch [...]“ ( Chronica montis sereni , S. 16). Herminold kehrte im Mai 1228 mit der päpstlichen Bestätigung zurück, die das Vogteirecht auf den Schutz der Stiftung beschränkte, eine freie Propstwahl zusicherte und das weitgehende Selbstbestimmungsrecht des Konvents gegenüber den Bischöfen festschrieb. Die Klosterchronik, die die Zeit von der Gründung bis 1225 umfasst, vermittelt nicht nur eine sehr lebendige und widerspruchsvolle Entwicklung des Konvents, sondern enthält auch wertvolle Hinweise zur Baugeschichte.
88 ▲ Lauterberg / Petersberg bei Halle (Sachsen-Anhalt), Augustinerchorherrenstift, Ansicht der Klosterkirche von Süden. Der massive Westbau ist weithin in der Landschaft sichtbar und demonstrierte allein durch seine optische Präsenz die Bedeutung des Stiftes.
Der Konvent konnte vorerst auf eine bereits bestehende Kapelle zurückgreifen ( Abb. 89 ). Die Bauarbeiten an der neuen Konventskirche dürften
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