Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)
oder?
»Wahrscheinlich wäre es am besten, wenn Sie mich hereinbitten«, schlug Annabel vor. »Wir müssen reden.«
Verdammt und zugenäht! Es passierte doch. Tara kämpfte die aufsteigende Panik nieder und fragte sich, ob ihr ein Anruf bei ihrem Anwalt gestattet wäre. Wenn sie nur einen hätte.
Mit trockenem Mund und heftig trommelndem Herzen trat sie zur Seite. Annabel rauschte in einer Wolke aus Chanel No. 19 an ihr vorbei. Sie blieb stehen, betrachtete die zerdrückte Decke auf dem Sofa, die zugezogenen Vorhänge und den flackernden Fernsehbildschirm.
»O-o«, verkündete Dustin Hoffman schonungslos. » Ein Furz.«
»Tut mir Leid, ich schalte es aus.« Hektisch griff Tara nach der Fernbedienung und bedeutete Annabel, sich zu setzen. »Äh … eine Tasse Tee?«
»Danke, nein.« Annabel schüttelte den Kopf und blieb stehen. Sie trug einen teuer wirkenden Wildledermantel, ein knappes, rosa T-Shirt und eine hellgraue Hose.
Tara, die nicht wusste, was sie mit sich anfangen sollte, rieb ihre schwitzenden Hände aneinander und meinte verzweifelt: »Lieber Kaffee?«
»Nein.« Annabel holte tief Luft und sah ihr in die Augen. »Sie haben eine Affäre mit meinem Mann.«
»Das habe ich nicht.« Tara schüttelte heftig den Kopf. »Ich schwöre, ich habe nicht mit ihm geschlafen.«
»Leugnen Sie es nicht. Sie haben die gestrige Nacht in einem Hotel in Clevedon mit ihm verbracht. Er hat Sie heute Morgen hierher zurückgebracht. Ich weiß alles.«
Wäre das ein geeigneter Augenblick, um in Ohnmacht zu fallen? Tara, die sich ohnehin ziemlich wacklig auf den Beinen fühlte, sank schwer auf das Sofa.
»Wer hat Ihnen das gesagt? Dominic?«
Annabel schürzte höhnisch die Lippen. »Natürlich nicht. Ich habe ihn beschatten lassen.«
»Beschatten?« Tara spürte, wie sie am ganzen Körper in Schweiß ausbrach. »Von einem … «
»Privatdetektiv. Genau.«
»Aber … er hat mich gestern Abend abgeholt. Wir haben niemanden gesehen, der uns gefolgt wäre.« Na schön, das kam einem Schuldeingeständnis gleich, aber Annabel wusste ja offenbar schon alles. Na, fast alles.
»Weil der Mann ein Profi ist«, erwiderte Annabel geduldig. »Und er musste nicht Stoßstange auf Stoßstange bis Clevedon hinter ihnen herfahren. Er hatte bereits ein Gerät in Dominics Auto installiert, das ihm eine Verfolgung problemlos ermöglichte. Sie haben gestern im Hotelrestaurant zu Abend gegessen. Erinnern Sie sich an den Mann mittleren Alters, der am Nebentisch saß?«
»Nein.«
»Sehen Sie?« Annabel klang beinahe befriedigt. »Noch ein Grund mehr, warum er ein so guter Privatdetektiv ist. Er fällt niemandem auf, aber Sie sind ihm aufgefallen.« Sie schwieg kurz. »Er hat außerdem jedes Ihrer Worte aufgezeichnet.«
Tja, das war es dann wohl, das Spiel war aus. Schlusspfiff.
»Sie hatten es sogar so eilig, dass Sie nicht zum Dessert geblieben sind. Offenbar haben Sie eine wahre Köstlichkeit verpasst. Er hat mir erzählt, die Mousse au chocolat sei überirdisch gut gewesen.« Annabel schnitt eine komische Grimasse. »Wer weiß, vielleicht wäre sie sogar besser gewesen als der Sex.«
Tara kam plötzlich ein Gedanke, der sowohl entsetzlich als auch willkommen war. Wenn auch ihr Zimmer verwanzt gewesen war, dann wusste Annabel, dass zwischen ihr und Dominic nichts gelaufen war. Und das wäre ja eine gute Nachricht.
Andererseits hätte sie dann eine Aufzeichnung voller Würgeund Brechgeräusche gehört.
Ängstlich fragte Tara: »War dieses Abhördingens auch in unserem Zimmer?«
Annabel zuckte fast unmerklich mit den Schultern, als ob sie sagen wollte: »Kann sein, kann auch nicht sein.« Mit eisiger Stimme fuhr sie fort: »Sie treffen sich heimlich mit meinem Mann. Warum erzählen Sie mir nicht einfach, was passiert ist, und dann sage ich Ihnen, ob es eine Wanze gab oder nicht.«
Tara rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht. Es war ihr egal, ob sie schwitzte oder wie derangiert sie aussah. »Ist gut. Aber das kann ich nicht, solange Sie da stehen. Sie müssen sich setzen.«
»Das wär’s«, schloss Tara fünfzehn Minuten später. »Die ganze Wahrheit. Und wenn das Zimmer verwanzt war, dann wissen Sie es ja bereits.«
»Das Zimmer war nicht verwanzt«, räumte Annabel ein.
Tara wusste nicht, ob sie erleichtert oder verärgert sein sollte. »Es ist trotzdem die Wahrheit«, fuhr sie müde fort.
»Aber Sie hätten mit Dominic geschlafen, wenn Ihnen nicht übel geworden wäre.«
»Vermutlich ja.« Tara nickte kläglich.
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