Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)
Sie war nicht stolz auf sich.
»Sie wollten Sex mit ihm.« Annabel blieb hartnäckig.
»Und Dominic wollte Sex mit mir!«, platzte es aus Tara heraus. »Hören Sie, es tut mir Leid. Ich weiß, wir haben etwas Falsches getan … na ja, beinahe wenigstens … aber das ist ja nicht allein Dominics Schuld, nicht? Sie können doch keinen Mann heiraten, ihm jegliches Sexualleben verweigern und dann erwarten, dass er sich einfach damit abfindet! Das ist ihm gegenüber nicht fair. So behandelt man keinen Menschen«, tönte Tara leidenschaftlich. »Es ist unglaublich selbstsüchtig, nicht einmal an eine Therapie zu denken … «
»Ja, ja, das habe ich alles schon auf Band.« Annabel wedelte ungeduldig mit der Hand. »Ich fand es süß von Ihnen, so besorgt zu sein. Muss wohl damit zu tun haben, dass Sie Ihr schlechtes Gewissen beruhigen wollten. Und darüber hinaus sollte Dominic Sie für eine liebreizende Person halten.«
Tara wurde rot. »Sie sollten wirklich zum Therapeuten.«
»Darf ich meine Meinung ändern?« Annabel hob unterkühlt eine Augenbraue. »Ich hätte jetzt doch gern eine Tasse Tee.«
Wahrscheinlich waren das dieselben Worte, die sie Dominic gegenüber äußerte, wenn er vorschlug, zusammen ins Bett zu gehen, dachte Tara, als sie in die Küche schlurfte und den Kessel aufsetzte.
Sie goss gerade das kochende Wasser über die Teebeutel, als Annabel hinter ihr in der Tür auftauchte. »Soll ich Ihnen sagen, warum ich nicht beim Therapeuten war?«
Weil du frigide bist, dachte Tara, und dich davor fürchtest, dass du mit einem völlig Fremden über Körperteile diskutieren musst.
»Der Grund, warum ich nicht beim Therapeuten war, ist der, dass mit unserem Sexualleben absolut alles in Ordnung ist«, fuhr Annabel fort.
Tara goss zu viel Milch in ihre eigene Tasse. Meinte Annabel das ernst ? »Aber … «
»Wir hatten eine fabelhafte Zeit im Bett – und außerhalb des Bettes«, sagte Annabel. »Großartiger Sex und jede Menge davon. Was ist los? Glauben Sie, dass ich das nur erfinde?«
Tara wurde am ganzen Körper eiskalt. Sie drehte sich zu ihr um. »Ich weiß nicht.«
»Ich habe Ihnen geglaubt, als Sie mir eben sagten, was letzte Nacht passiert ist«, hielt Annabel dagegen. »Jetzt sind Sie an der Reihe, mir zu glauben.«
»Aber warum sollte er mir das sagen, wenn es gar nicht stimmt.« Tief in ihrem Herzen wusste Tara genau, warum – schon in dem Moment, als sie die Frage aussprach.
»Weil Dominic ein Lügner ist. Und er ist gierig. Sehen Sie den Tatsachen ins Auge.« Annabel zuckte mit den Schultern. »Überall betrügen Männer ihre Frauen und erzählen ihren Geliebten, wie schlecht es ihnen zu Hause geht. Sie tun das aus Spaß, weil zwei Frauen besser sind als eine. Es ist ein Hobby. Ist das meine Tasse? Danke. Und natürlich ist er ein sehr guter Lügner, das wissen Sie ja bereits. Wir wissen es beide.«
Tara sah ihr zu, wie sie an ihrem Tee nippte. Annabel nahm das, alles in allem, erstaunlich gelassen hin.
»Ich weiß nicht recht«, protestierte Tara.
»O bitte. Was ist mit meinem Hochzeitstag?«
Tara errötete und stieß den Teebeutel an, der in ihrer Tasse schwamm.
»Sagen Sie mir die Wahrheit«, bat Annabel. »Sie haben ihn doch gedeckt, oder? Ihre ergreifende Beichte sollte Dominic die Haut retten. Er ist über Sie hergefallen und am Ende mussten Sie die Schuld dafür auf sich nehmen.«
Verdammt.
»Ich habe es nicht nur für ihn getan. Ich wollte Ihnen Ihren großen Tag nicht verderben.«
»Sehen Sie, Sie sind gar nicht durch und durch schlecht.« Annabel lächelte kurz.
»Was werden Sie jetzt tun? Sie haben das Band doch gehört«, sagte Tara. »Dominic will Sie verlassen.«
»Eigentlich bin ich ziemlich hungrig. Haben Sie zufällig Kekse im Haus? Natürlich wird er mich nicht verlassen«, fuhr Annabel fort, während Tara wie betäubt auf die schwarzweiße Keksdose neben dem Kessel zeigte. »Ich bin reich. Dominic genießt es, mit mir und meinen Millionen verheiratet zu sein. Er kann es kaum erwarten, mich zu schwängern.«
Das wurde allmählich bizarr.
»Und es macht Ihnen nichts aus, dass er Sie betrügt und anderen erzählt, Sie seien frigide?«
»Ach, seien Sie doch nicht so dämlich, natürlich macht es mir etwas aus!«, rief Annabel mit vollem Keksmund. Sie schluckte, schüttelte entschuldigend den Kopf und wischte sich mit dem Handrücken die Krümel aus den Mundwinkeln. »Tut mir Leid, meine alte Benimmlehrerin würde einen Anfall bekommen, wenn sie mich jetzt sehen
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