Mitten im Gefühl: Roman (German Edition)
Luft zu.
»Cary Grant«, meinte Daisy verträumt. »Er ist eine Zehn.«
»Schmerz lass nach. Dein Bewertungssystem liegt ja völlig darnieder. Los, die nächste Zeitschrift. Du vergibst die Punkte und ich sage dir, wo du falsch liegst. Hugh Grant.«
»Eine Acht«, erwiderte Daisy prompt.
»Julio Iglesias.«
»Minus Acht.«
»Robbie Williams.«
»Siebeneinhalb.«
»Adam Ant.«
»Neun.« Daisy hatte immer noch eine Schwäche für Adam Ant.
»Josh Butler.«
»Sieben.« Die Zahl rutschte ihr heraus, bevor sie sich stoppen konnte. In diesem Augenblick kam Josh an ihnen vorbeigerudert.
»Autsch«, rief Megan. »Das darf man über seinen Freund nicht sagen.«
Daisy sah, wie Josh über den Fluss glitt, und ihr wurde klar, dass sie es sagen durfte, weil es nämlich der Wahrheit entsprach. Er war eine Sieben.
»Du machst da was falsch«, erklärte Megan ernsthaft. »Man muss immer mit einer Zehn ausgehen. Er muss einfach eine Zehn sein, wozu soll man sich sonst überhaupt mit ihm abgeben?«
Und damit traf sie den Nagel auf den Kopf. Ein Freund, der nur eine Sieben war, war einfach nicht gut genug. Daisy fragte sich, wieso sie sich mit weniger als einer Zehn zufrieden geben wollte.
An diesem Abend hatte sie mit Josh Schluss gemacht, und er hatte es alles in allem gut weggesteckt. Falls es ihn verletzte, war es ihm gelungen, das vor ihr zu verbergen. Sie waren übereingekommen, Freunde zu bleiben, und sie hatte gehofft, es würde nicht bedeuten, dass er sich für alle Zeiten betrinken und sie weinerlich anflehen würde, ihm bitte, bitte, bitte nur noch eine weitere Chance zu geben …
Wie sie drei Tage später herausgefunden hatte, war er in seinem Schmerz noch am selben Abend auf eine Party gegangen, auf der er sich mit einer exotischen Schönheit namens Mira zusammentat, die ihren Doktor in Physik machen wollte. Sie hatten offenbar fabelhaften Sex gehabt und trafen sich auch am nächsten Abend und am Abend darauf. Daisy hatte das erfahren, weil Mira prompt all ihren Freunden erzählt hatte, wie phantastisch Josh im Bett war. Daisy hatte sich in Erinnerung rufen müssen, dass Eifersucht sinnlos war, weil sie bereits wusste, wie großartig Josh war. Nur war das nicht genug gewesen.
Es war ihr nicht leicht gefallen, aber sie hatte sich an ihre Entscheidung gehalten. Und sie und Josh waren wirklich enge Freunde geblieben. Die Sache mit Mira hatte sich nach zwei Monaten von selbst erledigt, und ein Strom an Freundinnen war gekommen und gegangen. Daisy war nicht länger eifersüchtig gewesen und hatte ihn mit seinem hormongesteuerten Verhalten aufgezogen. Josh wiederum hatte sich gnadenlos über ihre Entschlossenheit lustig gemacht, Ausschau nach Mister Perfect zu halten.
»Du hättest mich haben können«, pflegte er ihr mit einem Schütteln seines ungekämmten Hauptes mitzuteilen. »Du hattest deine Chance, aber du hast es vermasselt. In fünfzig Jahren wirst du eine dieser verrückten alten Jungfern in Hausschuhen und Bommelmütze sein, die immer noch darauf wartet, dass Pierce Brosnan vorbeireitet und dich mit auf sein Schloss nimmt.«
»Aber wenn er tatsächlich kommt, wirst du dich maßlos ärgern«, hatte Daisy fröhlich erwidert. »Und du wirst nur in der Zeitung davon lesen, denn zur Hochzeit werde ich dich nicht einladen.«
Als sie Steven geheiratet hatte, konnte sie Josh gar nicht einladen. Er war nach Amerika verschwunden, und sie hatten den Kontakt verloren.
Daisy überließ Vince, dem stellvertretenden Geschäftsführer, die Verantwortung und ging mit Josh zu ihrer Wohnung im ersten Stock des Westflügels. Wie gewöhnlich verschwendete er keine Zeit, sondern griff sich die Keksdose und plünderte sie aus. Josh hatte immer schon mehr gegessen als jeder andere, den sie kannte.
Sie hatten viel aufzuholen. Fünf ganze Jahre.
»Woher wusstest du, dass ich hier bin?« Daisy kickte sich die Pumps von den Füßen und setzte Wasser auf.
»Reiner Zufall. Als ich vor zwei Wochen aus den Staaten zurückkam, bin ich bei Tom Pride untergekommen. Erinnerst du dich an Tom? Ruderte im Einer, spielte die Witwe Twankey im Weihnachtsspiel in unserem letzten Trimester. Er ist jetzt Banker und betreut Überseegeschäfte.« Josh untersuchte den Inhalt von Daisys Kühlschrank. »Tom hat mit ein Paar Jungs vom College Kontakt gehalten und wir trafen uns eines Nachts auf einen Drink. Wir redeten über alte Zeiten und ich fragte, was du dieser Tage so machst, worauf Marcus Cartwright sagte, er habe in der
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