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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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Meine Großmutter paßt auf sie auf, wenn ich arbeite. Und wie geht es Ihnen?«
    »Ganz gut«, sagte Bob. »Nur aus Neugier: Was ist die heutige Überraschungstagesspezialität? «
    »Heute war es Tuna Melt, aber davon ist nichts mehr da. War echt klasse. Käsesandwiches hätten wir noch.«
    »Nein, danke. Wer leitet denn das Restaurant?«
    Sie lachte. »Wir alle. Es ist eine konfessionsfreie kirchliche Kooperative.« Verschwörerisch senkte sie die Stimme. »Aber der Motor des Ganzen sind die Mitglieder der Kirche der Ersten Baptisten. Genau wie bei dem Quilt. Wir machen fast die ganze Arbeit und haben den Laden auch eingerichtet. Hübsch, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Bob ehrlich. »Das ist es. Sehr hübsch. Sind Sie denn mit dem Quilt zu Ende gekommen?«
    »In ein paar Wochen dürfte es soweit sein. Beim Stacheldrahtfest am dritten Juniwochenende gibt es ein großes Rodeo, und da wird er verlost. Um fünf Uhr nachmittags. Vergessen Sie nicht, genügend Lose zu kaufen. Und die Baptistendamen servieren was Gutes zu essen. Meistens das gleiche – Bierox, Pommes, Krautsalat, Baked Beans und eine Art Tutti-fruttiWackelpudding oder Zimtschlangen. Cy ist natürlich für das Barbecue zuständig.«
    Bob hatte keine Ahnung, was Zimtschlangen sein mochten, und er wollte sich gerade erkundigen, als im Hintergrund des Lokals ein Glöckchen ertönte und Dawn ein Tablett mit Sandwichesabholen ging, das sie an einen Tisch am Ende des Raums brachte, wo sie sich mit den weiblichen Gästen unterhielt, die begeistert die Dekoration der Sandwiches mit Radieschenrosetten, schwarzen Oliven und Petersilienbuketts lobten. Bob konnte sehen, daß der Käse, der zwischen den Brotscheiben hervorlugte, die telefonbuchgelbe Billigqualität aus dem Supermarkt war.

20. Alles soweit okay
    D er Weg zur Axe-Head Ranch der Familie Beautyrooms begann mit einem Brief aus Houston auf dickem grauem Papier.
     
    T EXOLA P ETROLEX
    Lieber Mr. Dollar.
    Von einem gemeinsamen Bekannten erfuhr ich, daß Sie im Panhandle attraktive Grundstücke suchen, die sich für geschmackvolle Luxusruhesitze eignen. Meine Geschwister und ich sind der Ansicht, daß die Ranch unserer Familie, die beim Tod unseres Vaters 1955 in den Besitz unserer Mutter überging, für Ihre Zwecke geradezu ideal ist. Sie ist ein Traum von einer Ranch mit 8000 Morgen leicht hügeligen Geländes, durch das der Big Lobo Creek in den kleinen See gleichen Namens fließt, der ebenfalls zu der Liegenschaft gehört. Momentan ist das Land weitgehend an Viehzüchter aus der Gegend verpachtet. Ich würde mich gerne mit Ihnen über einen eventuellen Verkauf der Ranch unterhalten, falls es meinen Geschwistern und mir gelingen sollte, unsere Mutter (93 Jahre jung) davon zu überzeugen, daß ein solcher Schritt für uns alle von Vorteil wäre.
    Da in Woolybucket das Interesse an anderer Leute Angelegenheiten ziemlich stark ausgeprägt ist, wäre es ratsam, wenn Sie nach Houston kommen könnten, um alles Weitere mit mir und meinen Schwestern zu erörtern. Wir würden uns freuen, Sie mit einem echten texanischen Essen zu bewirten.
    Bitte teilen Sie mir mit, ob Sie Zeit haben. In der Hoff nung auf ein baldiges Gespräch zum beiderseitigen Nutzen bin ich
    Ihr
    Waldo Beautyrooms.
     
    Bob rief die Nummer in Houston an, die auf dem Briefkopf stand, und Waldo Beautyrooms’ Sekretärin meldete sich. Er wurde zu Beautyrooms durchgestellt, der wie ein sorgengeplagtes Kamel klang und seine gutturale Stimme mit der Erklärung entschuldigte, daß er gerade eine Kehlkopfoperation hinter sich habe.
    »Ich freue mich darauf, Sie kennenzulernen, Mr. Dollar«, knarrte er. »Ich glaube, wir haben Mutter fast soweit, daß sie herkommt und in ein sehr ansprechendes Altersheim zieht. Wir machen uns große Sorgen um sie. Sie könnte jederzeit stürzen oder Gleichgewichtsstörungen haben … jedenfalls ist sie trotz ihres hohen Alters sehr aktiv, und sie will nicht einsehen, daß sie nicht mehr reiten oder im Garten arbeiten kann wie früher. Wenn Sie es einrichten könnten, nach Houston zu kommen, könnten wir uns über einen eventuellen Verkauf der Ranch unterhalten.«
    »Ja, das könnte ich sicher«, sagte Bob Dollar, der trotz der Warnung des Sheriffs die Schweinemästereien zunehmend aus dem Blick verlor und von Luxusruhesitzen träumte. Vielleicht würde Waldo Beautyrooms sich als vernünftiger Mann erweisen, der einsah, daß auch Mastschweine ein Recht auf einen Platz an der Sonne hatten. Oder Global Pork Rind würde

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