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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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vielleicht Luxusruhesitze in sein Programm aufnehmen. Er nahm sich vor, Ribeye Cluke diesen Vorschlag schriftlich zu machen. Vielleicht würden sie ihm das Gehalt erhöhen, weil er mitdachte und so innovative Ideen für die Expansion der Firma hatte. »Wie wäre es mit nächstem Donnerstag? Ich käme gerne mit dem Wagen, um Texas besser kennenzulernen. Nach Houston brauche ich wahrscheinlich anderthalb Tage.«
    »Von Woolybucket nach Houston können Sie zwei Tage rechnen. Kennen Sie Houston? Nein? Ich lasse Ihnen eine Wegbeschreibung zukommen, damit Sie unser Büro finden. Wir erwarten Sie nächsten Donnerstag gegen Mittag.«
     
    Unterwegs vertrieb Bob sich die Zeit, indem er tote Stinktiere am Straßenrand der Highways zählte. (Mit den Durchschnittszahlen toter Stinktiere zwischen den Städten, abhängig von der Jahreszeit, hatte Sheriff Hugh Dough fast den gesamten Bundesstaat kartiert. Zum Gesamtaufkommen trug er nach Kräften bei in der Überzeugung, Stinktiere zu überfahren sei ein Gebot des gesunden Menschenverstands.) Er kam an Seitenstraßen mit merkwürdigen Namen vorbei – Greasy Corner Junction, Wrinkle Road, Diving Board Road. Kurz vor Mittag an dem betreffenden Donnerstag fuhr Bob vom Highway auf den Zubringer. Zwischen Woolybucket und Houston hatte er dreiundsiebzig tote Stinktiere gezählt, etwas mehr als der statistische Durchschnitt des Sheriffs von achtundsechzig.
    Texola Petrolex befand sich neben dem Konsulat Saudi- Arabiens an der Post Oak. Bob gelangte aus dem Saturn in feuchte Hitze und war in Sekunden schweißgebadet. Als er die riesigen Glastüren erreichte, rann ihm der Schweiß in Strömen herab. Innerhalb der Türen überzog ihn die arktische Luft aus dem Gebläse mit einer dünnen Frostschicht. Im siebzehnten Stockwerk benachrichtigte eine niesende Empfangsdame Beautyrooms’ Büro.
    »Bidde nehbe Sie Bladds, Sir«, sagte sie. »Br. Beaudyroobs bird sobord da sein.«
    Er setzte sich und blätterte in einigen Ausgaben von Texas Monthly , die ihm ständig aus den Fingern glitten, und in einem unhandlich großen Buch mit dem Titel Texola Petrolex – Auf dem Weg zu einem größeren Texas . Nachdem er die Hochglanzfotos von folkloristisch gekleideten grinsenden Arbeitern aufBohrinseln überflogen hatte, schloß er das Buch und seine Augen.
    »Mr. Dollar?« Es war die heisere Stimme, die er vom Telefon kannte. Waldo Beautyrooms trat näher, mit einem rundlichen silbrigen Gesicht unter einem gigantisch getürmten weißen Haarschopf, der an Hokusais Große Welle erinnerte. Sein Hals war von einem weißen Verband umschlossen. Er streckte eine dünne Hand aus.
    »Ich dachte, wir gehen zum Lunch in den Trail Dust«, knarrte er. »Da gibt’s die echten texanischen Steaks.« Schweigend fuhren sie im Aufzug hinunter. Draußen vor den riesigen Glastüren senkte sich die feuchte Hitze auf sie wie ein Handtuch beim Barbier. Sie fuhren in Waldo Beautyrooms’ Cadillac zu dem Restaurant. »Viele leitende Angestellte fahren Lexus«, sagte er, »und finden mich altmodisch, aber ich bleibe bei meinem Caddy. Meine Schwestern erwarten uns«, sagte er heiser. »Wir dachten, daß wir uns alle zusammen mit Ihnen treffen. Ich muß gestehen, daß ich Sie für älter gehalten hätte. Ihre Stimme am Telefon klang nach einem älteren Mann.«
    Im Restaurant gingen sie zu einem Ecktisch, an dem zwei dünne und verblüffend ähnlich aussehende Frauen blaue Cocktails tranken. »Bob, darf ich Sie mit meinen Schwestern Eileen Moon und Marilyn Tyrell bekanntmachen? « Die Frauen sahen zu ihm auf und lächelten. Die Dünnere mit Armen wie Billardqueues fragte ihn, ob die Fahrt langweilig gewesen sei. Er wollte ihr schon von den Stinktieren erzählen, besann sich aber eines Besseren.
    Ein paar Meter entfernt saßen drei Männer an einem Tisch für sechs Personen, ihre Aktenkoffer auf den leeren Stühlen, Unterlagen mit Salattellern beschwert, eine Landkarte auf dem dicksten Aktenkoffer ausgebreitet. Ein totenbleicher Mann mit glattem grauem Haar von der Farbe nassen Mäusefells sprach auf die zwei anderen Männer ein, zeigte ihnen Fotos, deutete auf einen unbeholfen gezeichneten Kreis aufder Karte. Bob konnte die Wörter »Pestizide«, »Aufnahmekapazität«, »Erosion«, »Ufererholung« und »Auferstehung« ausmachen.
    Waldo rieb sich die Hände und klappte die Speisekarte quietschend auseinander. »Echtes texanisches Fleisch, Bob. Haben Sie Hunger?« Das silbrige Gesicht beugte sich zu ihm.
    »Und wie. Ich könnte ein

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