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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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Allee nahe der Brücke. Als er die Allee verließ, sah er in der Ferne das Haus aus hellem Stein, lang und niedrig. Es wirkte nicht besonders eindrucksvoll oder groß, doch als er näher kam, sah er, daß es Flügel und Anbauten besaß. Vor dem Haus befanden sich ein Pfosten und einePferdetränke, beide offenkundig in Gebrauch, aus den Pferdeäpfeln daneben zu schließen.
    Neben der Tür hing eine große schwarze Glocke mit einem geflochtenen Lederriemen an ihrem Klöppel. Er bewegte ihn, und die Glocke gab einen dröhnenden Klang von sich. Niemand erschien, und er läutete noch einmal. Minuten vergingen. Er öffnete die Tür einen Spaltbreit und rief: »Hallo? Mrs. Beautyrooms? Ist irgend jemand da? Hier ist Bob Dollar.«
    Eine junge Frau mit Schürze kam plötzlich in den Eingangsraum.
    »Kommen Sie rein«, sagte sie. »Sie sollen dort auf sie warten«, und mit diesen Worten deutete sie auf einen offenen Türbogen zu seiner Rechten. Bevor er antworten konnte, war sie fort.
    Er trat in den Raum und sah sich um. Auf dem Boden lag ein sandfarbener Teppich mit tiefindigoblauem Rand und orientalischem Muster. Die Möbel waren altmodisch, lederne Clubsessel, ein großer Flügel (darunter ein versteinerter Mammutbeinknochen), ein schwarzes Ledersofa mit Quasten und geradem Rücken. Auf einem Couchtisch stand ein Messingtablett mit einer Flasche Seltzer und bernsteinfarbenen Wassergläsern. Die Wand bedeckten Bilder mit Westernsujets. Samtvorhänge von der Farbe getrockneter Pilze hingen an den Fenstern. Eine Uhr tickte. Vor einem der Fenster stand ein altes Grammophon zum Aufziehen mit einer dicken schwarzen Schallplatte auf dem Plattenteller. Bob trat näher, um zu sehen, was es war: Wyclef Peelers Ate Some Burnt Horse Flesh . In einer Zimmerecke gab es einen Sammlerschrank voller Steine und Fossilien. Ein kleines Bücherbord enthielt verschossene Leinenrücken mit Titeln wie Bella Donna, Broncho Charlie oder Tiger Smoke – Bücher, wie man sie gebraucht zu kaufen bekommt. Auf dem Tisch gab es ein silbernes Feuerzeug in Form eines heulenden Kojoten, und Bob, der ausprobieren wollte, ob es funktionierte, fuhr zurück, als aus dem offenenMaul des Kojoten eine Flamme schlug. Ein Schrank mit Glastüren war von oben bis unten mit Gegenständen aus oklahomischem Alabaster gefüllt: viele Eichhörnchen und eine Büste Sam Houstons.
    Das Zimmer ging in ein kleineres Zimmer über, und durch die gewölbte Öffnung ertönte Freda Beautyrooms’ Stimme. Bob konnte sie sehen; sie blickte in die ihm abgewandte Zimmerecke, warf dann einen Blick zu Bob herüber und winkte ihm zu, ohne ihren Vortrag zu unterbrechen.
    »… mager, aber mit breitem Becken wie alle aus der Familie seiner Mutter. Das Kinderkriegen war für alle Frauen dieser Familie ein Klacks. Meine zwei Töchter haben das auch geerbt. O. K.s Mutter war altmodisch. Sie hat den ganzen Blödsinn über Babys geglaubt – daß man dem Baby die Knie mit schmutzigem Spülwasser einreiben muß, wenn man will, daß es früh zu laufen beginnt. Daß man Gedichte lesen und gute Gedanken denken soll, wenn das Baby ein guter Mensch werden soll. Er hatte große Füße, so groß, daß ihm keine Schuhe aus dem Laden paßten. Die Stiefel mußten extra für ihn gemacht werden. In Amarillo bei Oliver Brothers. Das war ein teurer Spaß. Er hat sich lange gut gehalten. Große Hände, große Füße, große starke Knochen. Niemand hätte geglaubt, daß bei seiner Geburt sein Kopf so klein wie eine Teetasse war, wie seine Mutter behauptet hat.« Sie blickte wieder zu Bob Dollar und rief ihm zu:
    »Ich habe Sie reingelassen, Mr. Dime, damit Waldo endlich Ruhe gibt. Er denkt, ich würde mich wie ein Lamm zur Schlachtbank führen lassen und Sie wären der Mann mit dem Schlachtbeil. Gut, führen wir unser kleines Gespräch. Aber es dauert noch ein paar Minuten. Sie bleiben sitzen und warten.«
    Dann nahm sie ihr Gespräch mit der Zimmerecke wieder auf. »O. K. hieß er, weil er bei seinem ersten Job als Cowboy von den anderen O. K. genannt wurde, weil er immer sagte: ›Alles soweit okay‹, weil er immer das Gute an allem sehen wollte.
    Und der Name blieb an ihm hängen. Getauft war er Satrap, aber außer mir hat ihn nie jemand so genannt, und ich habe auch meistens O. K. gesagt. Außer ich war wütend. O. K. war der Name, auf den er gehört hat, und den haben wir ihm auch auf den Grabstein geschrieben. Er hat immer gern so getan, als wäre er nicht der Hellste, und das hat ihm in vielen Situationen

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