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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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nicht mit Messern. Die Gegner werden nach dem Gewicht ausgesucht.«
    Dann traten die Vogelbesitzer hinter die aufgestreuten Markierungslinien zurück, bückten sich und ließen ihre Vögel an der Markierung los. Die Hähne stürzten sich aufeinander. Alles ging so schnell, daß Bob kaum folgen konnte. Der braune Asil sprang auf den Cubalaya und hackte auf ihn ein. Der Cubalaya schlug mit einem Flügel gegen das Bein des Asils, und ein dumpfes Knacken war zu hören. Der Asil humpelte, sprang vor, der Sporn an seinem gesunden Bein sprühte Licht. Die Zuschauer grölten. Jemand schrie: »Mach ihn nieder, Pee-Wee! «, und Bob hatte den Eindruck, sich unter Wilden zu befinden. Der schöne Cubalaya sackte zusammen, sein Schnabel berührte den Boden. Er hustete, und Bob sah dunkle Flecken auf dem Lehmboden. Die Trainer sprangen herbei, ergriffen ihre Vögel, bliesen ihnen in den Schnabel und setzten sie wieder auf die Markierung. Der Asil tat einen Schritt zurück und versuchte mit seinem gesunden Bein auszuholen, doch ein neuer Flügelschlag warf ihn zu Boden, wo er zuckend liegen blieb. Der Cubalaya richtete sich mühsam auf und streckte sich, doch ein Blutschwall drang aus seinem Schnabel, und er fiel um. Er war ein toter Sieger. Der alte Mann hob seinen Vogel an einem Fuß auf und warf ihn in die finsteren Tiefen im Hintergrund der Scheune. Auf der Stelle erschien ein anderes Paar Männer, einer davon Rope Butt, mit seinen Vögeln, der Junge brachte neue Markierungen aus, und ein neuer Kampf begann.
    Bob blieb fast zwei Stunden lang da und sah Kampf auf Kampf, bis die Mischung aus Hühnerdreck, Rauch und Federstaub ihn zum Niesen brachte. Von den Vögeln und dem Publikum mit seinem strengen Schweißgeruch ging etwas Hypnotischesund Erschreckendes aus. Nach und nach hatte Bob begriffen, daß die Vögel für ihre Besitzer standen, daß der grobschlächtigste Lümmel, der magerste Asiate seine psychologische Identität mit der des gewandten, schönen und gefährlichen Vogels gleichsetzte. Bob verabschiedete sich von seinem fetten Nachbarn und zwängte sich zwischen den Zuschauern hindurch nach draußen. Auf dem Parkplatz urinierte ein schwergliedriger Farmer gegen einen Reifen. Er sah zu Bob auf.
    »Neunhundert Kröten habe ich da drinnen verloren«, sagte
    er.
    »Tut mir leid, das zu hören.«
    »Was glauben Sie, wie leid mir das erst tut. Meine Alte bringt mich um. «
    Bob fuhr zur Busted Star Ranch zurück in dem Gefühl, einem düsteren Blutopfer beigewohnt zu haben, das älter war als die Zivilisation, einem Zweikampf mit sexuellem Beigeschmack, verwurzelt in den tiefsten Tiefen der Psyche des Panhandle.

22. Ribeyes Briefe
    B ob befand sich seit fast drei Monaten im Panhandle. Er hatte Mr. Cluke sechs Briefe geschrieben, hatte das Nähkränzchen der Damen geschildert, die interessanten Gespräche am Getreidesilo und das Old Dog Café und hatte ausführlich erklärt, wie das launenhafte Wetter ihn daran gehindert hatte, die Landbesitzer zum Verkauf zu drängen. Er hatte erörtert, was sich mit den Grundstücken anfangen ließ, die ihm vorschwebten – Tater Crouchs Besitz, Freda Beautyrooms’ Ranch und verschiedene andere Ländereien, von denen er träumte. Von Luxusalterssitzen schrieb er nichts. Als Antwort erhielt er die GPR-Hauszeitschrift. Doch an dem heißen, wolkigen Samstagvormittag, an dem er mit Jim Skin nach Oklahoma fahren wollte, um wattstarke Glühbirnen auf dessen Vaters Grab anzubringen, fand er in seinem Postfach zwei Briefe von Mr. Cluke vor, beide kurz, sarkastisch und bissig.
     
    Lieber Bob Dollar.
    Geben Sie sich keine Mühe, Grundstücksverkäufe einzufädeln. Konzentrieren Sie sich lieber darauf, den Leuten zu zeigen, was für ein toller Typ Sie sind. Wer weiß, vielleicht kommen sie am Ende auf die Idee, von sich aus zu verkaufen – auch wenn den Abschluß mit Sicherheit nicht wir machen, sondern Texas Farms, die einen findigen Agenten in der Gegend eingesetzt haben. Lassen Sie sich nicht davon abhalten, uns Listen von Namen zu schicken, die Ihrer Ansicht nach eventuell in Frage kommen könnten. Wir sind ganz platt vor Bewunderung, wie viele eventuelle Abschlüsse Sie im Blick haben. Global Pork Rind ist begeistert, von einem so beliebten Burschen wie Ihnen vertreten zu werden! Vergessen Sie bitte nicht, uns Bescheid zu sagen, falls das Wunder geschehen und einer Ihrer Gesprächspartner sich zum Verkauf entschließen sollte. Bis dahin erzählen Sie uns, wie hart Sie arbeiten und wie schlecht

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