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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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dem er letzte Woche hier war, und das kleine Problem, das der Sheriff hat. «
    »Das mit dem Sheriff ist mir neu.«
    »Tazzy Keister hat ihm beide Arme gebrochen, als sie sich der Festnahme widersetzt hat. Er wollte sie in seinen Wagen setzen, hatte ihr keine Handschellen angelegt, weil sie eine Frau ist, und sie hat seinen linken Arm gepackt und ihm hinter denRücken gedreht. Offenbar konnte man die Knochen bis auf die andere Straßenseite knacken hören. Dann hat sie nach ihm getreten – mit ihren Arbeitsschuhen mit Stahlkappen – und hat sich seinen anderen Arm vorgenommen. Sie ist losgerannt, aber einer der Deputys, Haish Smith, hat sie eingeholt und ihr diesmal Handschellen verpaßt, aber vorher hat sie ihm das Knie dahin gerammt, wo es richtig weh tut. Kann es Francis Scott nicht verübeln, daß er sich nach etwas weiblicherem Umgang gesehnt hat. Der Sheriff mit seinen gebrochenen Armen muß jetzt chauffiert werden, von einer dieser Meldetanten, und die muß ihm wahrscheinlich auch bei den privateren Verrichtungen wie Pissen und so weiter helfen. Tazzy hat ihn ganz schön fertiggemacht. Sie ist stark wie ein Pferd, hat ihr Leben lang auf der Ranch gearbeitet. Viele Frauen im Panhandle sind so stark wie die Männer.«
    »Vielleicht war das das dritte schlimme Ereignis. LaVon hat gesagt, solche Sachen würden immer im Dreierpack passieren.«
    »Das stimmt«, sagte Cy. »Aber ich glaube nicht, daß gebrochene Arme an Todesfälle und Morde rankommen. Es wird noch einen dritten Toten geben.«
    Im Restaurant war noch niemand außer ihnen.
    »Sind alle bei Brown Paper Petes Hinrichtung?« fragte Bob. »Auffällig wenig los heute.«
    Cy verzog das Gesicht. »Das liegt an dem Damencafé mit den ganzen verdammten Süßspeisen. Als Mittagsmenü haben sie bloß Sandwiches und Suppe, aber sie machen jede Menge aufwendige Desserts, und offenbar sind das die Sachen, die Cowboys und Erdölarbeiter essen wollen. Ich mußte die Ananas von der Karte nehmen, weil sich bis auf Jim Skin alle beschwert haben. Ich habe ihm gesagt, er soll sich im Supermarkt eine Dose Ananas kaufen, aber begeistert war er nicht von der Idee. Diese alten Christenhennen, diese blöden Kühe, die bakken Kuchen, Windbeutel, Eclairs und Mohrenköpfe. Nicht im Traum wäre ich auf die Idee gekommen, daß Rancharbeiterauf so was Appetit haben, aber Ernie Chambers kam eines Tages reinmarschiert und hat mir erklärt, daß er nur noch bei denen essen würde, wenn ich nicht bereit wäre, Creme brûlée zu machen. Ich sag zu ihm: ›Und was ist mit Schweinebraten? Ich hab doch gesehen, wie du sechs Riesenscheiben Braten mit Sauce verdrückt hast. Das kriegst du bei denen nicht. Ernährst du dich seit neuestem von Tomatensuppe aus der Dose und Eiersandwiches?‹ Natürlich konnte er darauf nichts antworten, weil er sich geschämt hat und bestimmt randvoll war mit Pfirsichsoufflé. Weiß Gott, genausogut könnte ich mir einen Trichter in den Mund stecken und gegen den Wind laufen.«
    »Denkst du nicht, daß die Leute nach einiger Zeit zurückkommen werden?«
    »Vielleicht. Keine Ananas heute!« rief er in Richtung der Tür, und als Bob sich umdrehte, sah er Jim Skin.
    »Ist schon in Ordnung«, sagte Jim Skin. »Irgendwie habe ich genug Ananas gehabt. Irgendwie steht mir der Sinn nach Fleisch. Was gibt es heute?« Bob Dollar entdeckte er so spät, daß an Rückzug nicht mehr zu denken war.
    »Wie wär’s mit Rindergulasch? Wirklich gut.« Cy wandte sich wieder an Bob. »Jedenfalls habe ich mir überlegt, ob ich abends auch aufmachen soll, um Abendkundschaft zu kriegen. Falls es welche gibt. Werde ich erst wissen, wenn ich es ausprobiert habe. Im Umkreis von fünfzig Meilen gibt es kein Lokal, wo man zu Abend essen kann. Aber ist natürlich denkbar, daß es im Umkries von fünfzig Meilen keinen gibt, der woanders als zu Hause zu Abend essen will.«
    Jim Skin holte sich einen Teller und füllte ihn, legte obenauf vier Brötchen, sah sich in dem leeren Raum um und trat zuletzt an Bobs Tisch. Unbehagen strahlte von ihm aus wie der Geruch eines bitteren Rasierwassers.
    »Tag, Bob«, sagte er vorsichtig. »Hatte gehört, Sie hätten uns verlassen.«
    »Noch nicht ganz. Ich mußte nach Denver und meinen Vorgesetzten Bericht erstatten. Haben Sie noch mal drüber nachgedacht, ob Sie mit Ace Crouch sprechen wollen, was den Verkauf Ihres Grundstücks betrifft?«
    »Mann, Bob, deswegen wollte ich Sie ja sprechen. Aber wie gesagt hatte ich gedacht, Sie wären abgereist. Ace

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