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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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kann.« Sie nahm sich Fisch und Salat.
    Bob schloß sich an, und sie setzten sich an den Tisch neben dem Fenster.
    »Von Tater Crouch habe ich natürlich schon gehört, aber ich habe ihn nie kennengelernt, war nie auf seiner Ranch. Seinen Bruder Ace kenne ich ganz gut. Es wundert mich eigentlich, daß sie verkaufen wollen. Die Crouchs leben hier schon ziemlich lange.«
    »Das macht der Geruch. Tater kann es nicht mehr ertragen. Westlich von seinem Land ist eine Schweinefarm, und es stinkt ganz schön übel. Tater ist ziemlich alt und freut sich schon darauf, in der Stadt zu wohnen. Und es gibt ein Ehepaar, das noch näher als er an der Schweinefarm wohnt, die Shattles. Mr. Shattle hat der Geruch krank gemacht, und er will auch verkaufen. Wir könnten hinfahren, und Sie könnten entscheiden, was für ein Angebot Sie für das Grundstück der Shattles machen wollen.«
    »Die Frau kenne ich, glaube ich. War das nicht früher Jaelene Defoos?«
    »Das weiß ich nicht. Aber sie sagt, daß sie glaubt, Sie zu kennen. Daß Sie miteinander die Schule besucht hätten. Vor Jahren, in Wink.«
    »Dann muß sie es sein. Na, so was. Zwei alte Schulkameraden an einem Tag. Von Wink nach Woolybucket. Ich hätte häufiger herkommen sollen.«
    »Amen«, sagte Cy, der zugehört hatte.
    »Cy, du mußt das Kochen von deiner Mutter gelernt haben. Hat sie nicht in dem Star Diner in Wink gekocht?«
    »Ja, hat sie. Mit ihren Trinkgeldern hat sie mehr verdient als mein Daddy beim Ölbohren. Der Sand und der Wind, die haben ihr zu schaffen gemacht. Sie sagte immer, daß der Windden Sand so aufgepeitscht hat, daß er ihr Löcher in die Nylonstrümpfe gerissen hat. «
    Buckskin Bill und Sorrel Bill kamen herein, warfen einen Blick auf Bob und Betty Doak, nahmen sich Fisch und fragten, was es zum Dessert gebe.
    »Dessert will ich keins«, flüsterte Betty Doak Bob zu, während sie die Fischgräten an den Tellerrand schob. »Fahren wir doch los und sehen wir, ob wir Bar Owl und Coppedge Road unter Dach und Fach bekommen.«
    Sie teilten sich die Rechnung, und Bob hielt ihr die Tür auf. »Vielen Dank, mein edler Herr«, sagte sie.
    »Komm bald wieder, Betty, hörst du?« Cy sah sie streng an. »Sonst muß ich nach Beaver kommen und dich suchen. Stehst du im Telefonbuch?«
    »Ja. Genau, tu das – komm mich besuchen. Bis bald.«
    Nach höflichem Hin und Her, mit welchem Wagen sie fahren sollten, gab Bob nach, stieg in den Grand Cherokee, und Betty Doak fuhr zur Coppedge Road.
    Im Old Dog läutete das Telefon; Cy nahm ab, sagte lakonisch wie immer: »Jaa?« und rief dann aufgeregt: »Was? Wirklich? Schon gut, schon gut. Gerade gegangen. Nein, keine Ahnung. Danke.«
    Er trat zu Buckskin und Sorrel, stützte sich mit den Händen auf den Tisch. »Eine der Meldetanten aus dem Büro unseres Sheriffs. Tazzy Keister ist aus dem Gefängnis abgehauen, hat ihr Gewehr mitgenommen und hat gesagt, sie würde jeden Schweinefarmtypen umlegen, den sie ausfindig machen kann. Bob steht ganz oben auf ihrer Liste. Sie hat eine dieser Meldetanten zu ihrer Zelle gelockt und sie so lange gewürgt, bis sie ihr die Tür aufgeschlossen hat. Der verdammte Sheriff war heute nicht im Büro. Wegen seiner eingegipsten Arme. Seine Schwester ist offenbar da und kümmert sich zu Hause um ihn.«
    »Wo sind Bob und Betty hingefahren? Wir könnten sie anrufen und warnen.«
    »Ich weiß es nicht zuverlässig. Ich lausche nicht.« »Natürlich nicht. Na ja, wenn Tazzy sie erwischt, werden wir es mitbekommen.«
    Tater Crouchs Auffahrt wies vor der alten Arbeiterbaracke ein großes Schlammloch auf. Am Samstag hatte Regen auf den Panhandle eingehämmert. Betty Doak sah das Gebäude an und sagte: »Ich wette, diese Wände könnten eine Menge Geschichten erzählen.«
    Das erinnerte Bob daran, daß LaVon ihm im Verlauf der vielen hundert Stunden Erzählens nie verraten hatte, woher die Narben auf dem Rücken ihres Großvaters rührten.
    Betty Doak fuhr bis vor die Haustür, und sie stiegen aus. Der Geruch der Schweinefarm war unverkennbar, und sie verzog die Nase. Die Haushälterin, die offenbar hinter der Tür gewartet hatte, riß die Tür auf. Sie lächelte Mrs. Doak an, sah über Bob hinweg, deutete zu dem vollgestopften Wohnzimmer, wo Tater Crouch in seinem Rollstuhl saß.
    »Tater! Tater, sie sind gekommen!«
    »Das weiß ich. Habe ich sie etwa nicht vorfahren sehen? Schneiden Sie den verdammten Kuchen auf und bringen Sie uns welchen.«
    »Mr. Crouch«, sagte Bob, »das ist Mrs. Betty Doak.

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