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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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Rancher und Farmer verkaufen manchmal ihre Wasserrechte. Sie nennen sich »Wasserrancher«. Es ist sehr umstritten.
    Zum Abschluß möchte ich noch erwähnen, daß die Leute hier sehr tatkräftig sind. Die meisten bewohnen kleine Ranchhäuser und fahren alte Lieferwagen, sie sind konservativ und bedürfnislos, und zuerst denkt man, sie wären immer noch Pioniere. Aber ich habe festgestellt, daß enorm viel Geld auf der Bank liegt und enorm viel Geld in Ländereien und Landwirtschaftsmaschinen gesteckt wird. Das Problem ist, daß eine Generation weiter alles zu Ende sein wird, weil junge Menschen hier nicht leben wollen. Arm sind nur die Mexikaner (von denen man kaum etwas sieht). Schwarze gibt es überhaupt keine. Vielleicht wissen Sie das alles schon.
     
    Später erinnerte sich Bob Dollar an die nächtliche Arbeiterbaracke, das gelbliche Leuchten des Kerosinlichts, die rote Decke auf dem hohlkreuzigen Bett, das Ochsenfell auf dem Boden, das anno Tobak einem rötlichgescheckten Longhorn über die Ohren gezogen worden war, an die zahllosen pelzigen Nachtfalterleichen, von der Lampe hergelockt. Draußen scharrte und kollerte eine Schar wilder Truthühner, die sich bei Sonnenuntergang in die Pappelzweige über dem Dach der Baracke hockten. Bob hatte nur einmal unter der Pappel geparkt und am Morgen entsetzt festgestellt, daß der Saturn vonoben bis unten mit Truthühnerexkrementen bekleckert war. Eine kleine Kolonie Präriehunde hatte sich neben der Hütte wohnlich eingerichtet, und er wußte, daß in der Nähe von Präriehunden mit Klapperschlangen zu rechnen war, denn bisweilen teilten sie sich die Erdgänge.
    Die heftigen Sonnenuntergänge setzten langsam ein, verblaßten zu hellem Gelb und gedämpftem Blau, bis der wasserlilienfarbene Mond am Horizont emporschwebte. Und nachdem Bob LaVons Geschichten gelauscht hatte, fügte sich alles zusammen – Leutnant Aberts Erkundung, die rauhen alten Zeiten der XIT, der Frying Pan, der Matador, jener Ranches, die so tapfer in Angriff genommen worden waren, aber wenige Jahre darauf ihr Land abstoßen mußten. Die Käufer waren Homesteader, Trockenfarmer, landhungrige Einwanderer aus dem Osten und aus Europa. Und 1912 waren das Vieh und die Pferde und fast alles Land der XIT in andere Hände übergegangen, und das, so begriff Bob, war das Muster, nach dem die Geschichte aller großen Ranches im Westen verlaufen war. Doch die Geschichten, die sich um die riesige XIT Ranch rankten, die Namen ihrer Männer und ihre Geographie waren im Gedächtnis der Gegend noch ebenso lebendig wie das berühmte Brandzeichen, auch wenn es nur im Namen der E-mailAdresse xit.com und in dem eines Ladens, der mit Autoersatzteilen handelte und XIT Auto Parts hieß, überlebt hatte.
    Bob Dollar begann zu erkennen, daß die zwei Panhandles einst Teil einer einzigen Region gewesen waren, wo der Vorhang sich vor vielen Bühnen hob. Die Indianer hatten hier als Nomaden gelebt; Händler eröffneten den Weg nach Santa Fe und nach Taos, um Kaliko zu verkaufen, und tauschten ihre Waren gegen Häute und Felle der Indianer; Pfadfinder der Armee kamen, um das Land zu vermessen, und wurden zu halben Indianern; Büffeljäger schossen und häuteten für die Handelsfirmen mit Sitz im Osten. Als die Bisonherden verschwanden, führten Rancher Rindvieh ein, das auf dem weiten Grasland frei herumlaufenkonnte, und die Söhne der Siedler wurden Cowboys. Maultierfrachtzüge brachten Bauholz und Zaunpfähle, Kessel und Mehl, Zaundraht. Die Menschenflut kam mit der Eisenbahn, Kleinbauern, die glaubten, Dürre und Sturmwinde mit harter Arbeit und dem Pflug besiegen zu können. Zuletzt kamen Ölmagnaten, Schwindler und Betrüger, Regierungsbeamte, die den Farmern erzählten, was sie falsch machten. Und jetzt waren Agrarfabriken wie Global Pork Rind an der Reihe.
    Die Staaten Texas und Oklahoma waren gestapelt wie schmutzige Pfannen im Spülbecken, deren Stiele einander berühren. Dieselben Sonnenlichtobelisken fielen auf den Boden links und rechts der Staatsgrenze, und beide Gebiete suchten dieselben schneidend kalten Winde heim. Beide lagen in einer Landschaft metallenen Lichts, matt messingschimmernder Wolken. LaVon hatte Bob erzählt, daß Krebs in den Panhandles verbreitet war, genauso wie multiple Sklerose, von der sie vermutete, sie hänge irgendwie mit dem Halten kleiner Hunde zusammen. Als Hochburgen der Krebshäufigkeit bezeichnete sie Perryton (das Benzol der Ölquellen), Panhandle (Nuklearwaffendemontage) und Pampa

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