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Mitten in Amerika

Mitten in Amerika

Titel: Mitten in Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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günstig«, bemerkte er zu Ace. »Ich habe gefragt in Katasteramt, und sie haben gesagt, daß die ganze Stadt gehört einer einzigen Familie, übriggeblieben von einem bankrotten Syndikat in Ohio. Sie besitzen das Land seit 1885 und sind pleite nach einem harten Winter im Viehgeschäft. Ich habe ihnen geschrieben und habe gefragt, wieviel sie wollen. Jetzt ich erwarte die Antwort. Geh zu Wilcox und sorg dafür, daß seine Kühe kriegen Wasser. Und sorg dafür, daß du zuschweißt seine Zauntore.«
    Doch als Ace zurückfuhr, beschloß er, einen letzten Versuch zu machen, an den Schlüssel zu gelangen, und steuerte die Hütte der Wilcox an. Bevor er die Veranda betreten konnte, hörte er jemanden von oben rufen, und siehe da, auf der Plattform des Windrads, das das Haus mit Wasser versorgte, saß Mrs. Wilcox und strickte an etwas Blauem. Er konnte sich nicht vorstellen, wie sie die windschiefen Kanten aus wiederverwendetem Gestänge hochgeklettert sein sollte, die statt einer Leiter am Windrad hochführten. Es war ein klägliches Windrad, dessen eschene Pumpenstange an etwas befestigt war, was verdächtig an ein altes Bettgestell erinnerte.
    »Was machen Sie da oben, Mrs. Wilcox?«
    »Na ja, vorhin habe ich ein schreckliches Knurren gehört, ein wildes Tier, keine Ahnung, was für eins, ein schwarzer Panther oder was noch Gefährlicheres, klang, als wäre es im Haus, deshalb bin ich hier hoch, wo es mich nicht erreichen kann. Ich warte, bis Mr. Wilcox nach Hause kommt und es erschießen kann.«
    »Soll ich mal im Haus nachsehen?«
    »Das wäre sehr nett von Ihnen, Ace. Da wäre ich Ihnen wirklich dankbar. Nehmen Sie Ihr Gewehr mit. Vielleicht istes hinten im Haus. Die Tür steht offen, ich hatte gerade gelüftet.«
    Er erwartete nicht, etwas zu finden, doch in einer Ecke war ein großer und gereizter Dachs mit einer Mausefalle an einer Zehe, der die Tapete zerkratzte. Ace scheuchte ihn nach draußen und erschoß ihn, brachte ihn zum Windrad, damit sie ihn sehen konnte.
    Sie kletterte herunter, das Strickzeug um den Hals geschlungen, atemlos und von der Sonne verbrannt. Er stand unten, schaute ihr unter das Kleid, sah die blassen Beine und den rosa Kunstseidenschlüpfer näher kommen.
    »Sie haben eine Belohnung verdient«, sagte Mrs. Wilcox. »Wollen Sie lieber ein Glas Buttermilch oder ins Schlafzimmer?«
    »Beides«, sagte Ace, der Gelegenheiten nicht ungenutzt verstreichen ließ.
     
    Habakuk erhielt einen Brief von einem Rechtsanwalt in Chillicothe, der Mrs. Gladys Armenonville vertrat. Mrs. Armenonville, schrieb er, sei bereit, Habakuk van Melkebeek die siebzehntausend Morgen ihres Roughbug-Anteils für fünfzig Cent pro Morgen zu überlassen, sofern er bar bezahlte. Habakuk stieg am nächsten Morgen in den Zug nach Ohio und schloß den Handel ab.
    Die Ranch nannte er zu Ehren seiner Heimatstadt Kampen, und als Brandzeichen dachte er sich ein gleichschenkliges Dreieck oder Zelt aus, ein Wortspiel.
    »Verstehst du?« sagte er. »Kampen draußen im Zelt.« Zwei leerstehende Häuser schleppte er vom Stadtrand Woolybuckets auf sein Land, und nach vielen Renovierungsarbeiten und vielen Anstrichen (zweimal jährlich erforderlich, weil der Wind die Farbe fast so schnell wegschmirgelte, wie sie aufgetragen wurde) bezeichnete er das eine als Hauptquartier und das andere als slaapverblijs . Er stellte fünf bedauernswerte Cowboysan, die zwar froh waren, ihren Sold zu bekommen, aber alles andere als glücklich darüber, boerenknechten genannt zu werden und jeden Morgen saubere Hemden vorzeigen zu müssen. Er schickte sie zu den Windrädern, wo sie Viehtränken anlegen mußten. Kühe gab es noch keine, das Wasser war wichtiger. Die Cowboys begriffen, daß sie im Verlauf der nächsten Monate Brunnen anlegen und mit Hilfe der Feldarbeiter Windräder errichten sollten, zehn Stück, alle aus Stahl, beste Qualität. Als sie sich beschwerten, sie seien keine Windradhampelmänner, funkelte Habakuk sie an und sagte: »Entweder ihr pariert, oder ihr seid los den Job.« Nur einer von ihnen ging, aber denen, die blieben, vertraute Habakuk nicht mehr, denn sie hatten Höhenangst, und von den großen Worten der harten Männer blieb wenig übrig, wenn es darum ging, sich auf hohe Plattformen und schlüpfrige Stahlleitern zu wagen. Den Deserteur ersetzte er durch einen erprobten Zaunbauer, denn Stacheldraht mußte gezogen werden, meilenweit.
    Doch sein Verhältnis zu Ranchgehilfen sollte noch gespannter werden. Habakuks Cousin Martin

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