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Mitten in der großen Krise. Ein »New Deal« für Europa (German Edition)

Mitten in der großen Krise. Ein »New Deal« für Europa (German Edition)

Titel: Mitten in der großen Krise. Ein »New Deal« für Europa (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Schulmeister
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wenig berücksichtigt.

15. Komponenten eines »New Deal« für Europa
     
    Wenn in der EU im nächsten Jahr, also 2011, tatsächlich alle Regierungen versuchen, ihr Haushaltsdefizit zu reduzieren, und zwar primär durch Senkung der Staatsausgaben, dann wird dies zu einer massiven Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, wahrscheinlich sogar zu einer neuerlichen Rezession führen. Denn die Unternehmen und Haushalte sind derzeit noch (lange) nicht bereit, ihre Nachfrage stark auszuweiten. Durch das gleichzeitige Sparen der Staaten graben sie sich gewissermaßen gegenseitig das Wasser ab, nämlich durch die Reduktion der Importe (ein ähnlicher Effekt trat in den 1930er Jahren ein, verstärkt durch Abwertungswettläufe – diesmal könnten ersatzweise Lohnsenkungswettläufe zum Einsatz kommen).
    Während in Deutschland Reichskanzler Brüning einen besonders harten Sparkurs verfolgte, schlug Roosevelt nach seiner Wahl zum Präsidenten der USA im Jahr 1932 den gegenteiligen Weg ein. Sein »New Deal« stellte eine umfassende Gesamtstrategie dar mit dem Ziel, die US -Wirtschaft aus der Depression zu führen und den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Da sich die Wirtschaft kräftig erholte und der »New Deal« in hohem Maß durch Konsolidierungsbeiträge der Bestverdiener finanziert wurde, hat sich das Budgetdefizit nicht verschlechtert (es verharrte bei etwa 1,5 Prozent des BIP ).
    Das Wirtschaftsprogramm von Präsident Obama hat Ähnlichkeiten mit dem »New Deal« von Roosevelt: Obwohl das Haushaltsdefizit in den USA höher ist als im Durchschnitt der EU -Länder und obwohl der Aufschwung in den USA viel kräftiger ist als in Europa, haben weitere expansive Maßnahmen, insbesondere zur Verbesserung der Beschäftigungslage, des Gesundheitssystems und der Umweltbedingungen, eine höhere Priorität als die Konsolidierung der Staatsfinanzen. Wie Roosevelt, so möchte auch Obama das Programm primär durch höhere Beiträge der Bestverdiener finanzieren (im Budgetplan sind zusätzliche Steuereinnahmen von Personen mit einem Jahreseinkommen von mehr als 250.000 Dollar in Höhe von sechs Prozent des BIP vorgesehen).
    Eine gemeinsame, EU -weit koordinierte Gesamtstrategie wäre für Europa aus zwei Gründen noch wichtiger als für die USA . Erstens, weil die Fiskalpolitik in die Kompetenz der einzelnen Mitgliedsländer fällt und diese daher durch ein Gefangenendilemma gewissermaßen gelähmt sind: Da ein erheblicher Teil einer expansiven Maßnahme ins jeweilige Ausland abflösse, erscheint eine solche von vornherein wenig attraktiv (umgekehrt kann man hoffen, durch besonders starkes Sparen einen Teil des Nachfrageausfalls dem Ausland zuzuschanzen – »Beggar my Neighbour«). Von einer gemeinsam konzipierten Expansionsstrategie würden hingegen alle EU -Länder profitieren. 14
    Zweitens können die EZB bzw. die nationalen Zentralbanken der Nicht-Euro-Länder die Staaten nicht direkt finanzieren wie es in den USA praktiziert wird. Dafür sind nicht nur institutionelle Regelungen der Europäischen Währungsunion maßgeblich, sondern insbesondere die Tatsache, dass der US -Dollar die Weltwährung darstellt. Deshalb können die USA ihr Budget- und Leistungsbilanzdefizit durch Produktion der eigenen Währung (zu Kosten von null) finanzieren, solange ihnen das Ausmaß der künftigen Dollar-Entwertung egal ist, brauchen sie auch keine höheren Zinsen zu bieten.
    Aus beiden Gründen ist die EU noch stärker als die USA auf eine nachhaltige Konsolidierung der Staatsfinanzen angewiesen, und eine solche kann nicht durch Schrumpfen gelingen, sondern nur durch Expansion (in der Makroökonomie schrumpft man sich immer krank, nie gesund). Dazu bedarf es der Bereitschaft der (politischen) Eliten, eine höhere Staatsquote nicht nur in Kauf zu nehmen, sondern anzustreben, und sie mit solchen Aktivitäten zu füllen, die die Wirtschafts- und Lebensbedingungen nachhaltig verbessern. 15
15.1. Stabile und wachstumsorientierte Geldpolitik
     
    Eine nachhaltige Überwindung der großen Krise erfordert die Stärkung realwirtschaftlicher Aktivitäten und die Eindämmung kurzfristiger Finanzinvestition und -spekulation. Konkret bedeutet dies, dass ein »New Deal« einerseits die Realinvestitionen und -innovationen der Unternehmen relativ zu Aktivitäten auf Finanzmärkten fördern muss, und andererseits den Konsum der Haushalte relativ zu ihrem Sparen.
    Um diese Ziele zu erreichen, müsste die Geldpolitik der EZB folgendermaßen ausgerichtet sein:
Die

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