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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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standen, so wie auch die noch nicht ausgepackten in den Kisten, einiges wert sein dürften. Aber sie waren schwer und ließen sich auch nicht so ohne weiteres verkaufen. Wahrscheinlich hatte er oben in seinem Schlafzimmer noch mehr Bargeld und womöglich auch ein paar Schmuckstücke.
    Sie jagte die Haupttreppe hoch. Der Umstand, dass er jeden Moment zurückkommen konnte, steigerte nur noch ihre Lust am Stehlen.
    Eine Tür schlug, und sie fiel vor Schreck auf die Knie. Wird nur ein Luftzug sein, redete sie sich ein, als sie den Atem anhielt und ihr das Herz bis zum Halse klopfte. Ein großes, zugiges altes Haus. Und als sie wieder auf die Füße kam, spürte sie tatsächlich kalte Luft über ihr Gesicht streichen.
    Sie berührte einen Türknauf, riss ihre Hand aber sofort wieder weg. Der Knauf war so eisig, dass er brannte.
    Egal. Was sollte das, verdammt noch mal. Sein Zimmer lag weiter hinten im Flur. Sie war nicht so dumm, wie die Leute sie einschätzten. Hatte sie nicht die letzten paar Tage ständig das Haus beobachtet? Hatte sie ihn nicht aus dem hinteren Eckzimmer auf die Galerie herauskommen sehen?
    Unter lautem Lachen, dessen Echo sie verfolgte, stürmte sie den Flur hinunter und flitzte durch die offene Tür. Sie riss die oberste Schublade einer Kommode auf und fand mit der alten geschnitzten Schatulle auch sofort, wonach sie gesucht hatte.
    Goldene Manschettenknöpfe – sie jedenfalls ging davon aus, dass es sich um echtes Gold handelte. Auch silberne mit schönen blauen Steinen. Diamantene Kragenknöpfe, eine goldene Uhr. Und in einer Schachtel in der Schatulle ein Damenring aus... Rubin möglicherweise, Diamant und Rubin, als zwei ineinander verschlungene Herzen gearbeitet.
    Sie stellte die Schatulle auf die Kommode und durchwühlte ein paar weitere Schubladen, bis sie noch ein Bündel Banknoten fand.
    Hast doch zahlen müssen, du Scheißkerl. Ordentlich zahlen.
    Sie warf die Banknoten in die Schmuckschatulle und klemmte sie sich unter ihren Arm.
    Als sie dort mit vor Aufregung pfeifendem Atem, und aufgepuscht vom Kokain, stand, stellte sie sich vor, welche Befriedigung es wäre, das ganze Zimmer auseinander zu nehmen. Es wäre ein Befriedigung – und er müsste noch mehr zahlen. Aber es wäre nicht klug. Und sie war klug.
    Sie brauchte Zeit, um den Schmuck zu versilbern, Zeit, um das Geld in Drogen einzutauschen. Zeit, um sich abzusetzen. Also ließ sie alles am besten so, wie es war.
    Sie würde auf der anderen Seite das Haus verlassen, nur für den Fall, dass ihre neugierige Mama in diese Richtung sah.
    Aber als sie wieder in den Flur kam, fiel ihr Blick automatisch auf die Treppe zum zweiten Stock.
    Was wohl da oben sein mochte?, überlegte sie. Vielleicht was Gutes. Vielleicht etwas, was sie später noch holen könnte. Etwas, das sie reich machte.
    Jetzt pfiff ihr Atem nicht mehr, jetzt keuchte sie. Ihre Haut war eiskalt. Aber sie konnte dem Drang, diese Treppe hinaufzusteigen, nicht widerstehen. Schließlich war sie allein im Haus, oder? Ganz allein, und dadurch wurde es zu ihrem Haus.
    Es war ihr Haus.
    Unter ständigem Schlucken, um ihre trockene Kehle zu befeuchten, nahm sie die erste Stufe. Zitternd.
    Stimmen? Wie konnte sie Stimmen hören, wenn doch keiner da war? Aber sie geboten ihr Einhalt, zwangen sie, umzukehren. Etwas stimmt hier nicht, hier ist was faul. Höchste Zeit zu gehen.
    Aber Hände schienen sie von hinten anzuschieben, drängten sie vorwärts, bis sie mit zitternden Fingern nach der Tür griff.
    Sie wollte sie vorsichtig öffnen, langsam – nur um hineinzuspähen. Aber als ihre Hand sie berührte, sprang sie schwungvoll auf.
    Sie sah den Mann und die Frau auf dem Boden, hörte das Baby in seinem Gitterbettchen schreien. Sah die Augen der Frau – starr und blind. Und tot.
    Und der Mann, dessen Haar im trüben Licht golden glänzte, drehte sich zu ihr und sah sie an.
    Lilibeth versuchte zu schreien, bekam aber keine Luft. Als sie den Mund öffnete, schob sich etwas in sie. Einen entsetzlichen Moment lang wurde es sie. Dann fegte es durch sie hindurch. Kalt, boshaft, wütend.
    Ein anderes Wesen nahm Gestalt an im Raum. Eine Frau, kräftig, in einem langen Morgenmantel.
    Julian.
    In sprachlosem Entsetzen drehte Lilibeth sich um und hetzte davon.
     

17
    Binnen vierundzwanzig Stunden entdeckte Declan, dass er vor lauter Hilfsbereitschaft gar nicht wusste, wie er die vielen Leute am und im Haus beschäftigen sollte. Offensichtlich war ganz Louisiana zu der Hochzeit eingeladen,

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