Mitten in der Nacht
Profit gemacht haben soll. Während der Restauration wurden in der Familie dann alle stramme Republikaner, und wieder munkelte man, sie hätten ihre Macht und ihren Einfluss ausgenutzt, um Wählerstimmen und Politiker zu kaufen. Meine Güte, Dec, na so was!«
Sie betrat die Küche und stand bewundernd vor den Unterschränken, die er bereits eingepasst hatte. »Die sind aber schön.«
Er hakte seine Daumen in die Gesäßtaschen seiner Jeans und lächelte schief. »Du klingst so überrascht.«
»Na ja, das bin ich auch, aber auf sehr schmeichelhafte Weise. Remy kann nämlich kaum einen Nagel in die Wand schlagen, um ein Bild aufzuhängen.« Sie strich mit der Hand über das Holz, öffnete und schloss eine Tür. »Die sind wirklich großartig. Du kannst stolz sein.«
»Ich bin ganz zufrieden mit mir. Die Leute, die die Arbeitsplatte herstellen, sind gerade gegangen. Ich habe mich für was Festes entschieden. Es wird wie Schiefer aussehen. Dann habe ich eine riesige Kühlkombination bestellt – aus Gründen, die ich mir selbst noch nicht erklärt habe – und einen Herd und einen Geschirrspüler. Dafür werde ich Verkleidungen anfertigen, damit man nur Holz sieht.«
Sie legte die Bücher auf der Spanplatte ab, die er über die Unterschränke gelegt hatte. »Möchtest du jetzt Limonade?«
»Das wäre nett.« Sie folgte ihm ins Esszimmer. Zwei der Oberschränke hatte er bereits fertig und mit einem dritten begonnen. »Ach, werden die schön. Du arbeitest bestimmt Tag und Nacht.«
Hast auch abgenommen, dachte sie. Siehst schon ganz ausgemergelt aus im Gesicht.
»Besser als Schlafwandeln.« Er war nervös und ertappte sich dabei, dass er die Hände wieder in seine Hosentaschen steckte, um sie ruhig zu halten. »Erzähl weiter, Effie.«
»Mach ich.« Am liebsten hätte sie ihn ein wenig bemuttert, aber sie versagte es sich und kehrte zu den Fakten zurück. »Die ursprünglichen Besitzer hatten während des Krieges fast ihr ganzes Geld verloren. Sie klammerten sich an ihren Besitz, mussten aber Teile ihres Lands verkaufen oder verpachten. Politisch standen sie in Opposition zu den Manets. Es gab ein Feuer, bei dem das Haus bis auf die Grundmauern niederbrannte. Sie auslöschte. Die Manets kauften das Land und ließen dieses Gebäude hier errichten. Sie hatten zwei Söhne, Zwillinge. Lucian und Julian. Beide gingen nach Tulane, wo Lucian gute Leistungen erzielte, während Julian seine Erfolge eher im Trinken und im Spiel hatte. Lucian war der Erbe und sollte die Geschäfte der Familie übernehmen. Das Manet-Vermögen war ziemlich geschrumpft, aber Josephine verfügte über ein beträchtliches Erbe. Beide Söhne starben vor ihrem dreiundzwanzigsten Geburtstag.«
Declan reichte ihr ein Glas. »Auf welche Weise?«
»Dazu gibt es nur Gerüchte und Spekulationen.« Sie trank einen Schluck. »Die Spekulation mit der größten Anhängerschaft besagt, sie hätten einander umgebracht. Keiner scheint den Grund dafür zu wissen, ein Familienstreit mit gewalttätigem Ausgang. Man sagt, Lucian sei auf Befehl seiner Mutter nach New Orleans gefahren, um seinen Bruder aus einem der Bordelle zu holen, die er dort häufig aufsuchte. Julian habe sich nicht bevormunden lassen wollen, es sei zum Streit gekommen und einer von beiden – hier wird Julian favorisiert – habe ein Messer gezogen. Im Kampf um das Messer seien beide verwundet worden. Julian sei noch an Ort und Stelle gestorben. Lucian habe noch eine Woche zwischen Leben und Tod geschwebt und es dann irgendwie geschafft, aufzustehen und nach draußen zu gehen, wo er in den Teich gefallen und ertrunken sei.«
Der Teich, dachte er, fast erstickt unter Seerosenblättern, im Morgengrauen dampfend vor Nebelschwaden. »Für die Eltern muss das ein schrecklicher Schlag gewesen sein.«
»Der Vater starb nach ein paar Jahren. Josephine lebte zwar einige Jahre länger, erlitt jedoch einen finanziellen Rückschlag. Sie besaß zwar Haus und Grund, war aber ansonsten bankrott. Wieder wird spekuliert, Julian habe einen Großteil des Vermögens verspielt, und man habe sich davon nie mehr erholt.«
»Remy meinte, es gäbe eine Enkelin. War sie von Lucian oder von Julian?«
»Auch darüber gibt es nur Mutmaßungen. Obwohl den Urkunden zu entnehmen ist, dass Lucian achtzehnhundertachtundneunzig eine Abigail Rouse heiratete und im darauf folgenden Jahr eine Tochter geboren wurde, gibt es keinen Eintrag zu Abigails Tod. Nachdem Lucian tot war, sagten sich die Manets gerichtlich von dem Kind
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