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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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nicht? Es muss einer von den Manets gewesen sei. Die Mutter, der Vater, der Bruder. Dann haben sie sie irgendwo begraben und behauptet, sie sei weggelaufen. Ich muss mehr über sie herausfinden.«
    »Das wirst du garantiert. Du hast so einen störrischen Gesichtsausdruck, cher. Und ich weiß nicht, warum der so einen Reiz auf mich ausübt. Sprich mit meiner Großmama. Sie könnte mehr wissen oder dir sagen, wer mehr wissen könnte.«
    Sie schob ihren leeren Teller weg. »Jetzt bestellst du uns beiden noch einen Cappuccino.«
    »Möchtest du einen Nachtisch?«
    »Dafür ist kein Platz mehr.« Sie öffnete ihre Handtasche und zog eine Schachtel Zigaretten heraus.
    »Ich wusste gar nicht, dass du rauchst.«
    »Ich verbrauche eine Schachtel im Monat.« Sie klopfte eine Zigarette heraus und strich mit ihren Fingern daran auf und ab.
    »Eine im Monat? Und wieso das?«
    Sie nahm die Zigarette zwischen die Lippen und steckte sie sich an der Flamme eines schmalen silbernen Feuerzeugs an. Wie beim ersten Bissen Pasta seufzte sie beim ersten tiefen Zug. »Aus Vergnügen, cher. In einer Packung sind zwanzig Zigaretten, der Monat hat dreißig oder einunddreißig Tage. Abgesehen vom Februar. Ach, wie ich den Februar liebe. Also, ich kann die Schachtel an einem Tag aufrauchen und muss mir dann den Rest des Monats keine Gedanken mehr machen. Oder ich kann sie mir einteilen, langsam und behutsam nach und nach verbrauchen. Weil vor dem nächsten Monatsersten keine neue Schachtel gekauft wird.«
    »Und wie viele schnorrst du dir von anderen Leuten im Lauf des Monats?«
    Ihre Augen glitzerten ihn durch die Rauchschwaden an. »Das wäre Betrug. Ich betrüge nicht. Wahres Vergnügen, mein Lieber, gibt es nur dann, wenn du auch die Willenskraft besitzt, es hinauszuzögern, bis du es wirklich schätzen kannst.«
    Sie zeichnete mit der Fingerspitze eine Linie über seinen Handrücken und war dann so durchtrieben, ihm unter dem Tisch mit ihrer Fußkante zusätzlich über das Bein zu streichen. »Wie sieht's mit deiner Willenskraft aus?«, fragte sie.
    »Das werden wir herausfinden.«
    Als er nach Hause zurückkehrte, war es bereits dämmrig. Der Kofferraum seines Wagens mit Vierradantrieb war mit all den Schätzen beladen, die er in den Antiquitätenläden erbeutet hatte. Das beste Stück war ein Küchenschrank, dessen Lieferung er sich mit Bestechungsgeldern für den nächsten Tag erbettelt hatte.
    Er nahm so viel er schleppen konnte mit ins Haus und stellte drinnen alles in der Eingangshalle ab. Nachdem er hinter sich die Tür geschlossen hatte, blieb er ruhig stehen.
    »Abigail.« Er sprach den Namen aus und lauschte seinem Echo im Haus. Und wartete.
    Aber er spürte keinen kalten Luftzug und nichts durchbrach die Stille.
    Doch als er am Fuß der großen Treppe stand, wusste er, dass er nicht allein war – wenn er es auch nicht zu erklären vermocht hätte.
     

8
    Er wurde wach, weil ein Gewitter tobte, aber wenigstens erwachte er in seinem eigenen Bett. Vor den Fenstern zuckten die Blitze und schleuderten gleißendes Licht durchs Zimmer.
    Ein Blick auf seinen Wecker zeigte ihm, dass es eine Minute vor Mitternacht war. Aber das konnte nicht sein, sagte Declan sich. Er war nicht vor ein Uhr ins Bett gegangen. Declan überlegte, ob womöglich der Sturm die Stromversorgung unterbrochen hatte, und schaltete versuchsweise seine Nachttischlampe an.
    Sie leuchtete hell auf und machte ihn fast blind.
    »Verdammt.« Er rieb sich die entsetzten Augen und griff dann nach der Flasche Wasser, die er auf dem Tisch neben dem Bett abgestellt hatte. Schließlich stand er auf und trat hinaus auf die Galerie, um sich das Schauspiel anzusehen.
    Es war seinen Eintrittspreis wert, wie er fand. Peitschender Regen, grell zuckende Blitze und ein Wind, der unter Ächzen und Heulen durch die Bäume fegte. Er hörte das aufgeregte Klirren der Geisterflaschen und den wütenden Dschungelkrieg des Donners.
    Und das schreiende Baby.
    Ihm glitt die Wasserflasche aus den Fingern, plumpste auf seine Füße und machte sie nass.
    Das war kein Traum, redete er sich ein und suchte Halt am Geländer. Er schlafwandelte nicht. Er war wach, hellwach nahm er seine Umgebung wahr. Aber er hörte das Baby weinen.
    Mit Gewalt musste er sich losreißen, aber er kehrte letztlich in sein Schlafzimmer zurück, schlüpfte in eine Trainingshose und kontrollierte seine Taschenlampe. Barfuß und mit nacktem Oberkörper ließ er die Sicherheit seines Zimmers hinter sich und machte sich auf in

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