Mitten in der Nacht
Schock. Seine persönliche Krise wegen Jessica, von der alle – Jessica eingeschlossen – gedacht hatten, sie sei die perfekte Frau für ihn, hatte ihn davon überzeugt, dass er seine einzige Chance vertan hatte, eine dauerhafte und zufriedene Beziehung mit einer Frau einzugehen.
Das war für Declan, der im Grunde seines Herzens fest an die Familie, ein Zuhause und an die Ehe glaubte, schwer zu verdauen gewesen. Und die Tatsache, dies verdauen zu müssen, war wohl weitgehend verantwortlich für das rastlose Unglück, das ihn monatelang wie ein treu ergebener Hund verfolgt hatte.
Jetzt betrachtete er die Frau, die darauf die Antwort war. Aber er glaubte nicht, dass sie einwilligen würde, sich die Frage anzuhören.
Also würde er sie überzeugen müssen. Auf die ein oder andere Weise, früher oder später. Weil es ihm nämlich ernst damit gewesen war, was er letzte Nacht gesagt hatte. Sie würden einander gehören.
Er überlegte, sie aufzuwecken und daran zu erinnern, wie gut sie im Bett zusammenpassten. Eine bessere Möglichkeit, den Tag zu beginnen, konnte er sich nicht vorstellen, zumal sie warm und weich an ihn geschmiegt lag.
Aber da sie kaum geschlafen hatten, hätte er es ungerecht gefunden. Ihr Arbeitstag begann sehr viel später als seiner.
Voller Bedauern trennte er sich von ihr und stieg aus dem Bett. Sie regte sich, seufzte im Schlaf und rollte sich dann in die Wärme, die er zurückgelassen hatte.
Er nahm seine Hose und steuerte auf das Bad zu.
Seiner Ansicht nach verriet ein Badezimmer viel über dessen Besitzer. Ihres war sowohl peinlich sauber als auch luxuriös. Dicke Handtücher in Waldgrün hoben sich von der weißen Ausstattung ab und griffen das kleine Rautenmuster wieder auf, das über die Fußbodenfliesen verstreut war.
Üppige Grünpflanzen säumten den Fenstersims, und aus einer schmalen Flasche in Blassgrün reckten drei Osterglocken ihre Köpfe.
Es standen noch andere Flaschen in den Farben von Edelsteinen herum, sowie Schachteln mit Duftölen und Lotionen, Badesalzen. Ihm fiel ihre Vorliebe für ausgefallene Seifen auf, die sie in einer hübschen Schale aufbewahrte.
Er entdeckte auch, dass der Heißwasserfluss länger anhielt als bei ihm zu Hause. Lächelnd genoss er das Vergnügen einer fünfzehnminütigen Dusche, die den Raum mit Dampfschwaden wie in einem türkischen Bad füllte.
Als er herauskam, schlief sie noch. Jetzt lag sie auf den Laken ausgebreitet, und die Morgensonne glitt über ihren nackten Rücken. Willensstark widerstand er der Versuchung, zu ihr ins Bett zu kriechen, und konzentrierte sich auf die Suche nach Kaffee.
Ihr Wohnbereich hatte hohe Decken und dunkle Holzböden. Die mit blauer Farbe lasierten Wände erinnerten an verblassten Jeansstoff. Um den in dem gleichen dunklen Holz gerahmten Kamin mit seinem von der Sonne gebleichten Sims beneidete Declan sie. Man sah dem Holz sein Alter an und der cremefarbene Anstrich blätterte ab.
Declan begriff sofort, warum sie es so gelassen hatte. Dadurch kamen seine Geschichte und sein Charakter zum Tragen.
Als Kontrast zu den blassen Wände hatte sie farbenprächtige gerahmte Poster aufgehängt. Werbeplakate, wie er bemerkte. Elegante Frauen, die für Champagner warben, geschniegelte Männer mit Zigarren.
Mitten im Raum stand ein Sofa in Königsblau mit hoher Lehne, darauf ein Kissenmeer, wie Frauen es rätselhafterweise nur allzu gern über Sofas und Betten breiten.
Er bewunderte den von ihr geprägten Stil. Alte, ein wenig ramponierte Tische und umwerfende Farben. Und es freute ihn, seine Tulpen auf ihrem Kaffeetisch stehen zu sehen.
Er wanderte durch die Küche und ertappte sich bei einem Grinsen. Schließlich stieß man an Küchenwänden nicht besonders häufig auf Aktfotos in Schwarzweiß– Frauen- und Männerakte.
Aber als er den Kaffee entdeckte, freute er sich noch mehr.
Er schloss die Schiebetür, damit sie im Schlafzimmer nicht vom Lärm der Kaffeemühle gestört wurde. Während er aufgoss, stand er an ihrem Küchenfenster und sah hinaus auf ihren Ausschnitt von New Orleans.
Er hörte die Küchentür zurückgleiten.
Sie trug einen kurzen roten Morgenmantel, sah ihn aus schlaftrunkenen Augen an und schenkte ihm ein träges Lächeln.
»Entschuldige, ich hatte gehofft, du würdest die Kaffeemühle nicht hören.«
»Ich habe sie nicht gehört.« Sie atmete tief durch. »Aber ich habe das Ergebnis gerochen. Machst du Frühstück, cher?«
»Möchtest du Toast? Das ist meine Spezialität.«
»Oh,
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