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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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gebogen.
    Koksernägel, stellte Lena ohne Schock und Bedauern fest. Jetzt wusste sie, welche Droge Lilibeth diesmal bevorzugte.
    »Ich habe ein paar Fehler gemacht, das weiß ich, Liebes.« Lilibeths Stimme dröhnte vor Entschuldigung und Bedauern. »Versteh doch, ich war noch so jung, als du kamst.«
    »Immer dieselben abgedroschenen Erklärungen.«
    Lilibeth kramte in ihrer glänzend roten Tasche und zog ein zerfetztes Papiertaschentuch hervor. »Warum bist du nur so hart gegenüber deiner Mama, mein Kleines? Warum machst du mir das Herz so schwer?«
    »Du hast kein Herz. Und du bist nicht meine Mama.«
    »Ich habe dich immerhin neun Monate lang ausgetragen, oder nicht?« Aus Kummer wurde Wut, als hätte man einen Schalter umgelegt. Lilibeths Stimme wurde lauter und schrill. »Neun Monate lang war ich fett und mir war schlecht und ich saß in diesem verdammten Bayou fest. Habe stundenlang dort in den Wehen gelegen, um dich zur Welt zu bringen.«
    »Und hast mich nach einer Woche allein gelassen. Jede Hinterhofkatze verbringt mehr Zeit mit ihrem Wurf, als du mit mir verbracht hast.«
    »Ich war sechzehn.«
    Und deshalb, dieser traurigen Tatsache wegen, hatte Lena immer und immer wieder Platz in ihrem Herzen geschaffen. Bis ihr Herz von den Schlägen versteinert war. »Du bist schon lange keine sechzehn mehr. Und ich auch nicht. Ich werde keine Zeit mehr vergeuden, mich mit dir zu streiten. Die Arbeit wartet auf mich, ich muss gehen.«
    »Aber, Baby.« Verzweifelt versuchte Lilibeth es wieder mit ihrer erstickten Tränenstimme. »Du musst mir eine Chance geben, alles wieder gutzumachen. Ich werde mir Arbeit suchen. Zum Beispiel könnte ich doch eine Weile für dich arbeiten, wäre das nicht lustig? Ich bleibe einfach ein paar Wochen bei dir, bis ich was Eigenes gefunden habe. Wir werden eine schöne Zeit miteinander haben. Wie zwei Freundinnen.«
    »Nein, du wirst nicht für mich arbeiten. Und hier wohnen kannst du auch nicht. Den Fehler habe ich vor ein paar Jahren gemacht, und als ich dir dann hinter die Schliche kam, hast du mich bestohlen und dich aus dem Staub gemacht. Ich wiederhole mich nicht.«
    »Damals war ich krank. Jetzt bin ich sauber, Schatz, ich schwör's dir. Du kannst mich doch nicht einfach wegschicken.« Mit flehender Geste streckte sie ihr die offenen Hände entgegen. »Ich bin völlig pleite. Billy hat fast alles mitgenommen, als er abgehauen ist.«
    Lena konnte nur vermuten, dass Billy der Letzte in der Reihe der für Lilibeth so anziehenden kaputten Typen war, die sie benutzt und missbraucht hatten. »Du bist doch selbst jetzt high. Hältst du mich für blind oder nur für dumm?«
    »Nein, ich bin nicht high! Ich hab nur ein bisschen was genommen, weil ich so aufgeregt war, dich zu sehen. Ich wusste, dass du böse auf mich sein würdest.« Ihr kamen die Tränen und zogen eine Maskaraspur über ihre Wangen. »Du musst mir einfach eine Chance geben, alles wieder gutzumachen, Lena-Schatz. Ich habe mich verändert.«
    »Auch diesen Satz kenne ich nur allzu gut.« Resigniert holte Lena aus ihrer Geldbörse fünfzig Dollar. »Bitte.« Sie drückte die Scheine in Lilibeths Hand. »Nimm das, steig in den Bus und fahr damit, so weit das reicht. Komm nie wieder zurück. Für dich ist hier kein Platz.«
    »Du kannst doch nicht so gemein zu mir sein, Baby. Du kannst nicht so kalt sein.«
    »Doch, das kann ich.« Lena nahm den Koffer, trug ihn zur Tür und stellte ihn draußen ab. »Das hab ich im Blut. Nimm die Fünfzig. Mehr kriegst du nicht. Und jetzt geh! Oder ich werfe dich hinaus, das schwör ich dir.«
    Lilibeth ging zur Tür. Das Geld war bereits in ihrer Geldbörse verschwunden. Sie blieb stehen und warf einen letzten funkelnden Blick auf Lena: »Ich habe dich nie gewollt.«
    »Dann sind wir ja quitt. Ich wollte dich auch nie.« Und vor der Nase ihrer Mutter schlug sie die Tür zu. Dann verriegelte sie die Tür, setzte sich auf den Fußboden und weinte lautlos in sich hinein.
    Als sie am Abend hinaus nach Manet Hall fuhr, war sie sich ziemlich sicher, ihre Wunden gut versorgt zu haben. Fast hätte sie die Verabredung zum Abendessen mit Declan abgesagt, aber das hätte ihrer Mutter dann doch zu viel Bedeutung eingeräumt.
    Das hätte zudem den Kummer bestätigt, der sich trotz der Riegel in ihr Herz gestohlen hatte.
    Sie brauchte Ablenkung und würde nie auf andere Gedanken kommen, wenn sie brütend zu Hause bliebe. Diesen Abend würde sie durchstehen, Stunde für Stunde, und am Morgen wäre

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