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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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aus. Total verrückt.«
    »Die ganze Sache ist von Anfang an ziemlich verrückt, cher.«
    »Da hätten wir auch den Aufhänger. Wenn ich akzeptiere, dass ich Lucian war, dann weiß ich auch, dass Lena Abigail war. Was ich jedoch nicht weiß, ist, ob ich sie in das Haus bringen soll, um Früheres wieder gutzumachen. Oder ob ich sie davon fern halten soll und auf diese Weise den Zyklus durchbreche.«
    Im Vieux Carre, wo Lena sich fertig machte, um von ihrer Wohnung zur Nachmittagsschicht in die Bar aufzubrechen, öffnete sie ihre Haustür und trat in einen anderen Zyklus ein. Einen alten.
    »Baby!« Lilibeth Simone breitete theatralisch die Arme aus.
    Lena, vor Schreck wie gelähmt, war unfähig, nach hinten auszuweichen, ehe sie sich wie Ketten um sie schlangen. So gefangen stürmten die Eindrücke nur so auf sie ein. Zu viel Parfüm, das den Geruch abgestandenen Tabaks nur ungenügend überdeckte, die knochige Gestalt, die das jahrelange harte Leben zurechtgefeilt hatte. Klebriger Haarspray auf pechschwarz gefärbten Haaren.
    Und alles war durchtränkt von ihren eigenen düsteren Befürchtungen.
    »Ich bin erst unten rein, aber dieser gut aussehende junge Mann hinter dem Tresen hat mir gesagt, du seist noch hier oben. Ach wie bin ich froh, dass ich dich erwischt habe!« Die Stimme sprang wie eine Seifenblase in der Luft auf und ab. »Lass dich ansehen! Jedes Mal wenn ich dich sehe, bist du wieder hübscher geworden, ich schwör's. Zuckerpüppchen, lass mich kurz hinsetzen, damit ich wieder zur mir komme. Ich bin so aufgeregt, dich zu sehen, dass ich es kaum aushalte.«
    Sie redete zu viel, fiel Lena auf, ging zu schnell auf ihren Absatzschuhen mit der offenen Ferse, die sie zu einer hauteng sitzenden knallrosa Caprihose trug. Anhand dieser Warnsignale erkannte Lena, dass sie ihre derzeitige Lieblingsdroge noch nicht lange nahm.
    »Mein Gott, wie schön du es dir gemacht hast!« Lilibeth ließ sich auf einen Stuhl fallen und stellte den geblümten Koffer neben sich ab. Sie klatschte wie ein Kind in die Hände, so dass die Plastikarmreife, die ihre knochigen Handgelenke schmückten, gegeneinander schlugen. »Also ich finde es toll. Es passt zu dir, Baby. Ja, es passt.«
    Sie ist einmal schön gewesen, überlegte Lena, während sie ihre Mutter studierte. Sie hatte Bilder von ihr gesehen. Aber von all ihrer Schönheit war nur noch ein verschlagener Ausdruck übrig geblieben.
    Lilibeths Gesicht zeigte mit seinen vierundvierzig Jahren die ganze Abnutzung von zu viel Schnaps, zu vielen Tabletten und viel zu vielen Männern.
    Lena ließ absichtlich die Tür offen stehen und blieb im Türrahmen stehen. Der Verkehrslärm und der Duft aus der Bäckerei gegenüber garantierten ihr Standfestigkeit. »Was willst du?«
    »Na, dich sehen, natürlich.« Lilibeths trillerndes Lachen schrappte an Lenas Gehirn wie Fingernägel an einer Wandtafel. »Wie kannst du nur fragen. Ich habe eine solche Sehnsucht nach dir bekommen, Baby. Ich habe mir gesagt, meine Lena hat viel zu tun, aber ein bisschen Zeit werden wir schon miteinander verbringen können. Also habe ich mich in den Bus gesetzt, und jetzt bin ich hier. Komm, setz dich zu mir und erzähl mir alles, was du erlebt hast.«
    Eine Ekelwelle erfasste Lena und sie klammerte sich daran. Besser der Ekel als die Verzweiflung, die sich direkt darunter anschlich. »Ich muss arbeiten.«
    »Ach nein, du wirst doch wohl für deine eigene Mama ein wenig Zeit haben. Der Laden gehört dir doch schließlich. Ich bin so stolz auf mein Baby, es ist erwachsen und steht ganz auf eigenen Füßen. Und tut sich selbst auch so viel Gutes«, fuhr sie fort, während sie sich im Zimmer umsah.
    Lena fing den Blick ein und die Verschlagenheit darin. Es schnürte ihr die Brust ab und sie versteinerte. »Ich habe dir beim letzten Mal gesagt, dass es das letzte Mal war. Diesmal bekommst du kein Geld von mir.«
    »Warum musst du nur meine Gefühle derart verletzen?« Lilibeth riss die Augen auf, die sich mit Tränen füllten. »Ich möchte doch nur ein paar Tage mit meinem kleinen Mädchen verbringen.«
    »Ich bin kein kleines Mädchen«, erwiderte Lena matt. »Und deins schon gar nicht.«
    »Sei nicht so gemein, Liebes, nachdem ich den ganzen Weg hierher gekommen bin, um dich wieder zu sehen. Ich weiß, dass ich dir keine gute Mama gewesen bin, Schätzchen, aber ich werde das alles gutmachen.«
    Sie sprang auf und drückte eine Hand aufs Herz. Der Nagel am kleinen Finger ihrer rechten Hand war sehr lang und leicht

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